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Integration

THummus statt Prüfung: Sie lernen in Stade beim Kochen Deutsch für den Job

In der Lehrküche der Volkshochschule Stade findet fachpraktischer Sprachunterricht mit Dozentin Alexandra Richter (Zweite von links) statt. Das Konzept hat Kerstin Prochnow-Karl (Vierte von links) erstellt.

In der Lehrküche der Volkshochschule Stade findet fachpraktischer Sprachunterricht mit Dozentin Alexandra Richter (Zweite von links) statt. Das Konzept hat Kerstin Prochnow-Karl (Vierte von links) erstellt. Foto: Stehr

Wer kein Deutsch spricht, bleibt außen vor und findet oft keine Arbeit. Genau hier setzt ein neuer Sprachkurs an. Das steckt dahinter.

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Von Lena Stehr
Montag, 18.11.2024, 07:50 Uhr

Stade. Sie heißen Zia, Mourfa und Hajad, kommen aus Syrien und Afghanistan und leben schon sechs bis neun Jahre in Deutschland. Viel mehr über sich erzählen können der Mann und die beiden Frauen aber nicht, denn sie sprechen und verstehen kaum Deutsch. Das soll sich jetzt dank eines neuen Kursangebots bei der Volkshochschule (VHS) Stade ändern.

Im Idealfall haben die zwölf zwischen 38 und 59 Jahre alten Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende auch einen Helfer-Job im Bereich Hauswirtschaft/Reinigung. Gemeinsam haben alle, dass sie gerne arbeiten wollen, ihre Abschlussprüfung im Integrationskurs aber nicht geschafft haben.

Das Konzept für den Berufssprachkurs mit fachpraktischem Sprachunterricht in der Lehrküche stammt von Kerstin Prochnow-Karl. „Im Gegensatz zum Integrationskurs gibt es hier keine klassischen Prüfungen unter Zeitdruck“, sagt die pädagogische Mitarbeiterin der VHS. Genau daran seien viele der Teilnehmer nämlich im Vorfeld gescheitert.

Andere seien aufgrund ihrer Lernbiografie und Lerngewohnheiten mit dem Kursformat überfordert gewesen. „Wer in seinem Heimatland keine oder kaum Schulbildung genossen hat, tut sich extrem schwer mit unserem System“, sagt Prochnow-Karl.

Etwa 40 Prozent schaffen die Prüfung am Ende nicht

An der VHS Stade gab es in diesem Jahr elf Integrationskurse mit 179 Teilnehmern sowie drei Berufssprachkurse mit 49 Teilnehmern. Etwa 40 Prozent schaffen die Prüfung am Ende nicht, sagt VHS-Leiterin Katja Buse.

Im Gegensatz zum Integrationskurs mit dem Sprachlernziel B1 (fortgeschrittene Sprachverwendung) geht es in dem Pilotprojekt darum, sprachliche Kompetenzen zu erreichen, die für den Arbeitsalltag benötigt werden - auf etwas lockerere Art und Weise. In insgesamt 200 Stunden werden Wortschatz und Redewendungen gelehrt, die es den Teilnehmern ermöglichen, zum Beispiel in einer Reinigungsfirma, im Küchenbereich oder auch in Pflegeinstitutionen zu arbeiten.

Die Teilnehmenden haben Spaß beim praktischen Lernen.

Die Teilnehmenden haben Spaß beim praktischen Lernen. Foto: vhs

Beim Kochen wird Deutsch gelernt.

Beim Kochen wird Deutsch gelernt. Foto: vhs

Einmal in der Woche findet der Deutschunterricht in der Lehrküche statt.

Einmal in der Woche findet der Deutschunterricht in der Lehrküche statt. Foto: vhs

Das Lernen findet dabei an einem von drei Tagen in der Woche auch in der VHS-Lehrküche statt. Hier kommunizieren die Teilnehmer beim Kochen, Tisch decken oder Putzen miteinander und werden dabei von Deutschdozentin Alexandra Richter unterstützt. Am ersten Kurstag startet die Gruppe mit der Zubereitung von Hummus. Zutaten wie Zitronen, Gurken, Kichererbsen, Olivenöl und Gewürze müssen vom Team verarbeitet werden.

„Die Männer und Frauen sollen ihre Scheu verlieren und motiviert werden, eine Helfertätigkeit aufzunehmen“, sagt Kerstin Prochnow-Karl. Dass am ersten Tag alle Zwölf pünktlich auf der Matte standen, sei ein gutes Zeichen. Wer einen Platz im Kurs bekommen habe, könne durchaus stolz sein und sollte die Chance nutzen, gibt Prochnow-Karl den Anwesenden mit auf den Weg.

Teilnehmende werden sorgfältig ausgewählt

Der Bedarf sei groß, sagt Stades Jobcenter-Leiterin Dr. Anja Wode. Es gebe viele, für die ein solcher Kurs sinnvoll wäre. Die Teilnehmer werden in enger Absprache mit dem Jobcenter und dem BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ausgewählt. Berücksichtigt werden dabei unter anderem bereits ausgeübte Tätigkeiten oder Tätigkeitswünsche sowie Alter, Geschlecht und Talente.

Dozentin Alexandra Richter (vorne mit Schürze) mit Vertreterinnen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der VHS Stade sowie Verantwortlichen vom Jobcenter Stade.

Dozentin Alexandra Richter (vorne mit Schürze) mit Vertreterinnen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der VHS Stade sowie Verantwortlichen vom Jobcenter Stade. Foto: Stehr

Zum Abschluss der vom BAMF finanzierten Maßnahme am 18. Februar 2025 erhalten alle eine Teilnahmebescheinigung, die eine Einschätzung zu den erworbenen Sprachkompetenzen gibt. „Wir hoffen, dass dann alle einen Job finden, in dem sie sich wohlfühlen. Und dass wir weitere Kurse anbieten können“, sagt Kerstin Prochnow-Karl.

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