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IfW: Starker Preisverfall bei Immobilien - So ist die Lage in Hamburg

„Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über 10 Jahren und eines neuen Zinsumfeldes ist eine Phase der Preiskorrektur durchaus angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend“, resümiert das IfW.

„Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über 10 Jahren und eines neuen Zinsumfeldes ist eine Phase der Preiskorrektur durchaus angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend“, resümiert das IfW. Foto: Monika Skolimowska/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa

Auf einen historischen Boom folgte ein einmaliger Absturz: Der Immobilienmarkt hat ein beispielloses Krisenjahr hinter sich. Ende 2023 ebbte der Preisverfall aber offenbar ab, zeigen neue Daten. Auch die Lage in Hamburg wurde bewertet.

Von dpa Freitag, 09.02.2024, 13:58 Uhr

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Kiel. Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind 2023 nach Einschätzung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in historischem Ausmaß gefallen. Es handle sich um den stärksten Rückgang seit Beginn der systematischen Immobilienpreiserfassung hierzulande vor rund 60 Jahren, teilte das Institut mit. Das gelte für alle Wohnsegmente - sowohl für Eigentumswohnungen als auch Ein- und Mehrfamilienhäuser.

Gemessen am Vorjahr fielen die Preise für Eigentumswohnungen um 8,9 Prozent, für Einfamilienhäuser um 11,3 Prozent und für Mehrfamilienhäuser um 20,1 Prozent, wie der vom IfW und Partnern errechnete German Real Estate Index zeigt. Er basiert auf Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse, die notariell beglaubigte Verkaufspreise enthalten. Bereinigt um die Inflation sei die Wertminderung noch circa fünf Prozentpunkte höher. Noch nie seit Beginn der Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse fielen die Immobilienpreise „so schnell so stark“, schrieben die Forscher.

Vorheriger Preiseinbruch dauerte viel länger

Beim bislang stärksten Preisrückgang ab Mitte der 90er-Jahre seien die Verkaufspreise zwar in ähnlichem Ausmaß gesunken, brauchten dafür aber rund zehn Jahre. Dem jüngsten Preisverfall ging ein ebenfalls historischer Immobilienboom seit etwa dem Jahr 2009 voraus. Seither sind die Preise je nach Segment laut IfW um das Drei- bis Vierfache gestiegen, ehe 2022 der jähe Absturz begann - ausgelöst von einem rasanten Anstieg der Kreditzinsen, die Finanzierungen kräftig verteuert haben. Viele Menschen können sich daher den Immobilienkauf nicht leisten und für Großanleger rechnen sich Investments nicht mehr.

„Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über 10 Jahren und eines neuen Zinsumfeldes ist eine Phase der Preiskorrektur durchaus angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. „Möglicherweise zeigt sich gerade der Beginn einer Bodenbildung bei den Immobilienpreisen. Dies werden aber erst die kommenden Quartale zeigen.“

Forscher sehen Stabilisierung im vierten Quartal

Im vierten Quartal 2023 habe sich der Immobilienmarkt etwas stabilisiert, so die Forscher. Gemessen am Vorquartal sanken die Preise für Eigentumswohnungen im Schnitt demnach nur noch leicht um 0,6 Prozent. Einfamilienhäuser verbilligten sich um 1,2 Prozent. Die Preise für Mehrfamilienhäuser kletterten um 4,7 Prozent, hier seien die Schwankungen wegen der geringen Zahl an Transaktionen aber relativ hoch, schränkte das IfW ein.

In den sieben größten Städten war die Entwicklung unterschiedlich. In Köln und Stuttgart fielen die Preise im Quartalsvergleich zum Jahresende deutlich um je 3,6 Prozent. In Berlin (-0,4 Prozent), Frankfurt (-0,2 Prozent) und Hamburg (+0,2 Prozent) hingegen stagnierten sie in etwa. Für Düsseldorf und München lagen keine Daten für das vierte Quartal vor.

Verglichen mit dem Vorjahresquartal, dem vierten Quartal 2022, lagen die Preise in allen Segmenten laut der Angaben deutlich im Minus. Offizielle Daten zu den Immobilienpreisen des Statistischen Bundesamts für das Schlussquartal 2023 liegen noch nicht vor.

Mietanstieg in Metropolen beschleunigt sich

Eine enorme Nachfrage nach Wohnraum, stockender Neubau und Mieter in der Kostenfalle: Der Druck auf dem Wohnungsmarkt deutscher Metropolen hat deutlich zugenommen. Im zweiten Halbjahr 2023 kletterten die Angebotsmieten in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig gemessen am Vorjahreszeitraum im Schnitt um 8,2 Prozent, wie eine Analyse des Immobilienspezialisten Jones Lang LaSalle (JLL) zeigt. Das war deutlich mehr als ein Jahr zuvor (6,3 Prozent) und im Schnitt über fünf Jahre (5 Prozent). Die Experten sehen kein Ende des Aufwärtsdrucks.

Für die Studie wurden rund 35 000 Miet- und 41 000 Kaufinserate für Neubauten und Bestandsgebäude ausgewertet. Angebotsmieten bedeuten keine Abschlüsse. Manchmal weicht die vereinbarte Miete ab, aber seltener als beim Immobilienkauf.

Mieten abseits der Metropolen steigen langsamer

Besonders kräftig war der Anstieg der Angebotsmieten in Berlin und Leipzig mit prozentual zweistelligen Raten. In der Hauptstadt sah JLL sogar einen Sprung von gut 21 Prozent. In den anderen Metropolen fielen die Zuwächse mit Raten mit zwischen 5 und 7 Prozent niedriger aus. Seit längerem beobachten Experten einen starken Mietanstieg in Berlin und verweisen auf die starke Zuwanderung. Die Hauptstadt nähere sich mit den zuletzt inserierten Mieten von im Schnitt 19,42 Euro pro Quadratmeter und Monat München (22,50 Euro) als teuerste deutsche Stadt an, schrieb JLL.

Insgesamt fiel die Dynamik in den Metropolen kräftiger aus als in kreisfreien Städten: Dort zogen die Angebotsmieten binnen zwölf Monaten um 4,8 Prozent an. In den Landkreisen kletterten sie um 5,5 Prozent.

Angesichts des Wohnungsmangels sei der Anstieg nicht verwunderlich, sagte Autor Sören Gröbel. Die Folge sei, dass die Kluft zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten wachse, was Mieter vom Umzug abhalte. „Daraus entsteht eine Art Teufelskreis: Mit einem stärkeren Anstieg der Mieten schrumpft die Zahl der inserierten Mietangebote und verschärft die angespannte Situation auf den Wohnungsmärkten zusätzlich.“

Der Druck auf dem Wohnungsmarkt nimmt auch zu, weil der Neubau angesichts gestiegener Zinsen und Materialpreise in der Krise steckt. Von ihrem Ziel von jährlich 400 000 neuen Wohnungen ist die Bundesregierung weit entfernt. Das Ifo-Institut erwartet, dass 2024 225 000 Wohnungen fertiggestellt werden - nach geschätzt 270 000 im vergangenen Jahr. Besonders bei den Mietmärkten wachse der Nachfrageüberhang, sagte Gröbel. „Folglich werden die Angebotsmieten weiter zulegen.“

Rückgang der Immobilienpreise setzt sich fort

Bei den Kaufpreisen für Wohnungen beschleunigte sich derweil der Verfall, wie die JLL-Analyse zeigt. Die Angebotspreise für Neubauten und Bestandswohnungen sanken im zweiten Halbjahr in Metropolen im Schnitt um 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Ein Jahr zuvor lag das Minus bei 1,6 Prozent. Zuletzt gaben die Preise für Bestandsobjekte mit 8,1 Prozent stärker nach als die für Neubauwohnungen (2,3 Prozent). Angebotspreise geben keinen genauen Aufschluss über den tatsächlichen Kaufpreis - denn Verhandlungen zwischen Käufern und Verkäufern sind üblich.

Die zuletzt niedrigen Transaktionszahlen auf dem Immobilienmarkt deuten laut JLL darauf hin, dass die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern nach wie vor weit auseinander liegen. Mit Blick auf die gestiegenen Kreditzinsen bleibe insgesamt das Verhältnis von Miet- zu Kaufkosten zugunsten der Mieter verschoben, „was noch einige Zeit zu einem zusätzlichen Nachfrageschub auf den Mietwohnungsmärkten führen dürfte“.

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