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TIn der Falle erschossen? Die letzten Stunden des Katers Teddy

Kater Teddy ist tot. Zum Abschiednehmen legen die Kinder der Familie die Hand auf sein Fell.

Kater Teddy ist tot. Zum Abschiednehmen legen die Kinder der Familie die Hand auf sein Fell. Foto: Privat

Kater Teddy war ein Familienmitglied. Als Freigänger trug er einen GPS-Tracker. Der übermittelte seine Wegstrecke über den Tod durch Erschießen hinaus.

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Von Miriam Fehlbus
Sonntag, 14.12.2025, 00:16 Uhr

Deinste. Namen und persönliche Anschuldigungen sollen hier keinen Platz bekommen. Die Besitzer bleiben anonym. Der von den Kater-Haltern beschuldigte Jäger ebenfalls. Es geht um Teddy, einen eineinhalb Jahre alten Kater. Seit knapp einer Woche ist er tot. Eine Schusswunde in seiner Brust ist von einem Tierarzt dokumentiert. Alle Unterlagen liegen dem TAGEBLATT vor, ebenso wie der Polizei, bei der Anzeige erstattet wurde, und dem Veterinäramt.

Die Trackingdaten sind noch als blauer Strich mit Zeitangabe versehen auszulesen.

Die Trackingdaten sind noch als blauer Strich mit Zeitangabe versehen auszulesen. Foto: Privat

Die Besitzerin will sich nicht einfach so damit abfinden, dass der Kater in Deinste erschossen wurde. Hauptgrund ist ein kleines Gerät, das via GPS die Standortdaten aufs Handy seiner Besitzerin geschickt hat. Wie in einem Kriminalfall lassen sich Teddys letzte Stunden nachvollziehen.

Kater streifte regelmäßig über den benachbarten Golfplatz

Kater Teddy war das Haustier einer Familie mit zwei Kindern. Als das Tier klein war, blieb es auf dem Grundstück. Als Teddy älter wurde, reichte ihm das nicht mehr. Er war kastriert, trotzdem machte er sich nachts auf seine Runde. Die sah fast immer gleich aus, berichtet die Besitzerin. Der Kater streifte über den benachbarten Golfplatz, ging an die Grenze eines kleinen Wäldchens und kam morgens gegen 4 oder 5 Uhr zurück, um sein Fressen in den Räumen des Hauses einzunehmen.

Erinnerung an den jungen Teddy: Er spielte gerne mit Haargummis.

Erinnerung an den jungen Teddy: Er spielte gerne mit Haargummis. Foto: Privat

Dort wartete er auf die Kinder, die ihn nach der Schule kraulten. Er ging aufs Katzenklo, schlief in einem der Körbchen, die immer noch durch das ganze Haus verteilt stehen. „Ich habe es noch nicht übers Herz gebracht, sie wegzustellen“, gesteht die Besitzerin. „Teddy war doch so lieb“, sagt sie. Der liebste Kater überhaupt. „Warum musste er erschossen werden?“

Sich schnell entfernendes Signal: „Meine Katze wird geklaut“

Der Kater trug zwei Halsbänder, erklärt die Katzenhalterin. Eins war gegen Flöhe und Zecken, das andere, mit einem kleinen Glöckchen versehen, trug einen Tracker. Und der zeichnete alles auf.

So sah der Tracker aus. An einem Halsband wie diesem war ein dunkelgraues Modell befestigt.

So sah der Tracker aus. An einem Halsband wie diesem war ein dunkelgraues Modell befestigt. Foto: Fehlbus

„Ich war bei der Arbeit in Stade. Wir hatten uns schon gewundert, dass Teddy nicht rechtzeitig wie sonst morgens zurück nach Hause gekommen ist“, sagt die Tierhalterin. Deshalb ließ sie das Handy nicht aus den Augen.

„Er bewegte sich vor 9 Uhr immer noch nicht von der Stelle weg“, erinnert sie sich. Dann aber auf einmal begann der kleine Punkt zu rasen. „Wie auf dem Navi“, sagt die Besitzerin. Der sich schnell von den Häusern weiter weg bewegende Tracker hinterließ einen Strich auf dem Display. „Ich habe meiner Arbeitskollegin gesagt, ich muss schnell los, da klaut einer meine Katze mit dem Auto.“

Als die Deinsterin bei dem auf dem Handy zu sehenden Ort ankam, traf sie ein Fahrzeug an. Der Kater war weg. Das Signal auch. Teddy war nicht aufzufinden. Aber es gab ein Gespräch mit einem Jäger. Darin ging es auch um den Abschied der Kinder von dem toten Tier.

Ein kleines Loch in der Brust: Schussverletzung

Wenig später lag der Kater vor der Garage, tot. Nass, als wäre er in der Schwinge gelandet. Alles Spekulation. Der Tracker ist verschwunden. Die Besitzerin hält ein baugleiches Modell hoch.

So wurde der Kater vor der Garage der Familie abgelegt.

So wurde der Kater vor der Garage der Familie abgelegt. Foto: Privat

Jeden Tag muss der Tracker geladen werden, wenn er so regelmäßig sendet. Von dem, der sich an Teddys Halsband befand, kommt nur die Nachricht „inaktiv, Ladezustand 24 Prozent“.

Die Besitzerin bringt den Kater zum Tierarzt. Ein kleines Loch in der Brust ist zu sehen. Die schriftlich vorliegende Einschätzung des Tierarztes: Es gebe eine Flüssigkeitsansammlung in der Lunge, die möglicherweise durch eine Schussverletzung entstanden sei.

Alles ist vorsichtig formuliert. Das Kreis-Veterinäramt holt wenig später den Kater ab. Es könnte noch eine genauere Untersuchung folgen.

„Wer erschießt eine Katze in der Lebendfalle?“

Die Besitzerin von Teddy und ihr Mann gehen die Strecke des GPS-Signals noch einmal nach. Sie kommen an einer Lebendfalle heraus. Für sie ist der Fall klar: Teddy war hier gefangen, deshalb hat sich der Punkt des GPS-Signals nicht mehr bewegt. Er muss in der Falle getötet worden sein, sagen sie.

Kater Teddy bei der „Obduktion“: Eine Tierärztin untersuchte das Tier äußerlich. Eine weitere Untersuchung über das Kreis-Veterinäramt könnte folgen.

Kater Teddy bei der „Obduktion“: Eine Tierärztin untersuchte das Tier äußerlich. Eine weitere Untersuchung über das Kreis-Veterinäramt könnte folgen. Foto: Privat

Der Schuss traf zielgenau, klein, an einer Stelle, die nicht auf Flucht hindeutet: vorne zwischen den Vorderbeinen befindet sich die Ein- oder Austrittswunde. Das Gegenstück war beim Tierarzt nicht mehr zu finden. „Wer erschießt eine Katze in der Lebendfalle?“, fragt die Besitzerin.

Wildschutz: Wildernde Katzen dürfen geschossen werden

Die Frage nach der Lebendfalle kommt während des Gesprächs immer wieder. Hintergrund ist das Jagdrecht. Im Niedersächsischen Jagdgesetz sind nicht nur wildernde Hunde vermerkt. Sie dürfen von Jägern getötet werden, wenn sie sich nicht innerhalb der Einwirkung einer für sie verantwortlichen Person befinden und nicht als Jagd-, Rettungs-, Hirten-, Blinden-, Polizei- oder sonstige Diensthunde erkennbar sind.

Hier endete das Tracker-Signal. Das Gerät ist bis heute nicht aufzufinden.

Hier endete das Tracker-Signal. Das Gerät ist bis heute nicht aufzufinden. Foto: Fehlbus

Unter § 29 Jagdschutz findet sich auch ein Absatz zu wildernden Hauskatzen, die sich mehr als 300 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt befinden. Die Berechtigten sind befugt, diese zu töten - Förster und Personen mit Jagdschein.

Um 4.30 Uhr saß Teddy laut GPS-Tracker in der Falle

Der Jagdschutz soll das Wild schützen: Bodenbrüter, Vögel, Jungtiere. Die Lebendfalle, in die Teddy laut Tracker-Auslesung gegen 4.30 Uhr getappt ist, könnte knapp 300 Meter Abstand zur nächsten Wohnbebauung haben. Für die Besitzerin bleibt mindestens die moralische Komponente. „Unsere Telefonnummer stand da drauf“, sagt sie und schüttelt den Kopf.

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Mehr als 14 Millionen Katzen leben nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Deutschland. Längst nicht alle stünden unter der Obhut des Menschen. Vogelliebhaber und Katzenbesitzer kommen regelmäßig beim Nabu zu Wort. Die Zahlen der durch Katzen getöteten Vögel sind hoch. Weil es Schätzungen sind, variieren sie stark.

Wilde Katzen und der Tierschutz: Abschuss strikt abzulehnen

In jedem Fall sei ein weiteres unkontrolliertes Anwachsen der Katzenpopulation zu vermeiden, heißt es bei allen Tierschutzorganisationen. Sie fangen Katzen, um sie zu kastrieren. Der Abschuss von Katzen sei aber strikt abzulehnen. Er habe nur einen begrenzt positiven Effekt auf den Erhalt der biologischen Vielfalt.

Der Abschuss von Hauskatzen ist in Niedersachsen leider noch erlaubt und kommt häufig vor, aber unter diesen Umständen darf kein geliebtes Familienmitglied umgebracht werden.

Peter Höffken, PETA

Entsprechend reagiert auch PETA. Die Tierschutzorganisation hatte Kontakt mit der Besitzerin aus Deinste, will Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stade wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und das Landesjagdgesetz gegen den mutmaßlichen Täter erstatten. „Der Abschuss von Hauskatzen ist in Niedersachsen leider noch erlaubt und kommt häufig vor, aber unter diesen Umständen darf kein geliebtes Familienmitglied umgebracht werden“, erklärt Peter Höffken von PETA gegenüber dem TAGEBLATT.

Jagdgesetznovellierung: PETA nimmt Ministerin in die Pflicht

„Wir erwarten von Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte, dass bei der derzeitigen Jagdgesetznovellierung Katzenabschüsse in Niedersachsen endlich verboten werden, so wie es schon in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen der Fall ist.“

In diese Lebendfalle geriet Teddy wohl in den frühen Morgenstunden.

In diese Lebendfalle geriet Teddy wohl in den frühen Morgenstunden. Foto: Privat

Teddy könnte mit dem Tracker an seinem Halsband zu einem Präzedenzfall werden. Schon einmal wurde nach einer Veröffentlichung bundesweit viel über das Töten von Katzen in Lebendfallen diskutiert. 2020 hatte eine Jägerin in Bayern eine Hauskatze in einer Lebendfalle erschossen, allerdings nicht nur mit einem Schuss. Sie konnte das Tier erst nach mehreren Versuchen mit Kopfschüssen töten. Dazu gab es ein Video, das auch über die Kontakte der Soko Tierschutz für Schlagzeilen sorgte. Der Verein wiederum ist im Landkreis Stade kein Unbekannter. Er hatte 2019 das entscheidende Videomaterial zum Schlachthausskandal in Düdenbüttel geliefert.

Kater Teddy ist tot. Zum Abschiednehmen legen die Kinder der Familie die Hand auf sein Fell.

Kater Teddy ist tot. Zum Abschiednehmen legen die Kinder der Familie die Hand auf sein Fell. Foto: Privat

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