TInvestor insolvent: Johannisheim in Stade steht endgültig vor dem Aus

Das Johannisheim im Sandersweg in Stade-Campe wird zum 29. Februar geschlossen. Foto: Richter
Ende Februar ist im Stader Johannisheim Schluss: Die geplante Übernahme ist geplatzt, denn die Villa-Vitalia-Gruppe steckt selbst in einem Insolvenzverfahren. Nun müssen für 60 Bewohner ganz schnell neue Pflegeheimplätze gefunden werden.
Stade. „Die Mitarbeiterinnen der Heimaufsicht tun zurzeit alles Menschenmögliche, um die Bewohner anderweitig unterzubringen“, sagt Landkreis-Pressesprecher Daniel Beneke. Formal sei dafür der Insolvenzverwalter zuständig, doch auch Landrat Kai Seefried und der Stader Bürgermeister Sönke Hartlef haben sich persönlich eingeschaltet, um die Suche zu unterstützen. Alle Einrichtungen im Kreis und in den niedersächsischen Nachbarlandkreisen seien kontaktiert worden.
Seit Montag ist definitiv klar: Das Johannisheim steht vor dem endgültigen Aus. Wie berichtet, war das einst aus der St.-Johannis-Kirchengemeinde heraus gegründete Pflegeheim, das von einem ehrenamtlichen Trägerverein geführt wurde und in Stade einen guten Ruf genoss, vor etwa einem Jahr in einen Liquiditätsengpass geraten. Es mangelte an Fachkräften, so dass die Zahl von ursprünglich 124 Pflegeplätzen nicht mehr gehalten werden konnte und reduziert werden musste. Dadurch geriet der Betrieb finanziell in Schieflage. Der Trägerverein zog im Juni die Reißleine und beantragte ein vorläufiges Insolvenzverfahren.
Zur geplanten Übertragung an Villa Vitalia kam es nicht mehr
Das Amtsgericht bestellte Dr. Gideon Böhm von der Hamburger Kanzlei Münzel & Böhm zum vorläufigen Insolvenzverwalter. „Ich gehe davon aus, dass wir das Haus langfristig erhalten können“, hatte er befunden und sich auf die Suche nach einem neuen Betreiber gemacht. Im September verkündete er, es sei gelungen „eine sehr gute Zukunftslösung“ für das Johannisheim zu finden. Die Villa-Vitalia-Gruppe werde den Betrieb und alle Mitarbeiter übernehmen. Doch dazu kam es nicht.
Dabei hatte Dr. Wolfgang Röhr, Unternehmensgründer und CEO der Gruppe, die seit mehr als 20 Jahren im Pflegemarkt tätig ist, noch im September 2023 mitgeteilt: „Das Johannisheim fügt sich gut in unsere Gruppe ein.“ Im Rahmen eines ersten Vertrags übernahm Villa Vitalia das operative Management der Einrichtung. Doch schon zwei Monate später, Ende Dezember, stellte Villa Vitalia für den größten Teil ihrer operativen Gesellschaften der Gruppe Insolvenzanträge.
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Mehrere Wohlfahrtsträger winkten ab
„Die Übertragung hatte noch nicht stattgefunden“, berichtet Claus Hinrichs vom Vorstand des Kuratoriums für das Johannisheim e.V. , der inzwischen aus dem Handelsregister gestrichen ist. „Ich habe mich völlig herausgezogen. Dazu hat der Insolvenzverwalter uns auch geraten“, sagt Hinrichs. Anfangs hatte sich das Kuratorium bemüht, eine Nachfolge aus dem Bereich der Wohlfahrtsträger zu finden. Doch Fachkräftemangel und die schwierige Finanzierungssituation sind nicht nur für eine kleine, ehrenamtlich geführte Einrichtung, sondern auch für große Anbieter ein Problem, in Stade wie in ganz Deutschland.
Marc Wischnowsky, Superintendent des Kirchenkreises Stade, erklärt, dass diakonische Träger stets auch Mittel aus Kirchensteuern für ihre Einrichtungen einsetzen - um ihren qualitativen Ansprüchen zu genügen. Doch die Rettung finanziell bedrohter Pflegeheime übersteige die Möglichkeiten. Zumal, wenn - wie beim Johannisheim - auch beim Gebäude Sanierungsdarf bestehe. Es sei nicht verantwortungsvoll, so etwas zu versuchen, ohne dauerhaft Qualität und Perspektive bieten zu können. „Es wäre auch nicht verantwortlich, mit den Kirchensteuern derer, die uns noch angehören, zu versuchen, den allgemeinen finanziellen Notstand in der Pflege zu heilen“, sagt er.
Das Personal bekommt bereits Übernahmeangebote
Johannisheim-Insolvenzverwalter Böhm teilt auf Nachfrage über seinen Pressesprecher mit, dass er mit Hochdruck nach einem alternativen Interessenten gesucht habe, seit klar wurde, dass die vertraglich vereinbarte Übernahme nicht umsetzbar war. Vergeblich. Er nennt das kurze Zeitfenster und die schwierige Marktlage im Pflegebereich als Gründe. Insolvenzrechtlich bedingt müsse das Heim zum 29. Februar geschlossen werden. Böhm hat die Bewohner über die Schließung und die 70 Mitarbeitenden über ihre unausweichliche Kündigung informiert. Verschiedene Pflegeeinrichtungen hätten sich bereits gemeldet, um Personal zu übernehmen. Die Suche nach neuen Pflegeheimplätzen sei oberstes Ziel und erfolge in enger Abstimmung mit der Heimaufsicht, sagt Böhm: „Ich bin zuversichtlich, dass für alle Bewohner eine passende Lösung gefunden werden kann.“
In der verbleibenden Zeit und bei 60 Plätzen dürfte das nicht einfach werden. Laut Landkreis-Pressesprecher Beneke haben von den kontaktierten Einrichtungen immerhin bereits einige freie Plätze gemeldet. Parallel machen sich die Bewohner und ihre Angehörigen auf die Suche. Ihnen bleibt noch rund eine Woche.