Zähl Pixel
Naturphänomene

TKein Staat mit Königin: Feldwespen leben in einer Großfamilie

Die Feldwespe ist nicht aggressiv.

Die Feldwespe ist nicht aggressiv. Foto: Paulin

Die Haus-Feldwespe ähnelt der stechenden Deutschen Wespe. Doch die Feldwespe ist äußerst friedfertig und lebt in einem sozialen Verbund.

Von Wolfgang Kurtze Samstag, 21.06.2025, 17:31 Uhr

Landkreis. Es gibt viele Wespen: zum Beispiel die häufige Deutsche Wespe, die Hornisse, Grabwespen oder parasitisch lebende Schlupfwespen. Die Haus-Feldwespe ähnelt unserer stechenden Deutschen Wespe. Auch ihr Hinterleib ist schwarz-gelb gebändert, Fühler und Beine sind hellgelb. Besonders gut ist eine Feldwespe daran zu erkennen, dass sie während des Fliegens ihre auffällig langen Beine deutlich herunterhängen lässt. Wenn sie sitzt, sind die bräunlichen Flügel etwas abgespreizt.

Ihr Papiernest wird aus zerkautem und mit Speichel vermischtem Holz zusammengekittet. So etwas macht die Deutsche Wespe auch, aber die Haus-Feldwespe baut kein umhülltes Nest. Es ist an einem Stiel aufgehängt und unten offen, so dass die einzelnen Waben gut zu erkennen sind. Das Nest ist klein und umfasst vielleicht 100 Waben. Immer bleiben einige Feldwespen am Nest und bewachen es. Man kann in das Nest in aller Ruhe hineinschauen und die sehr friedlichen Tiere beobachten. Das ist ein Grund, weshalb viel über ihr Verhalten bekannt ist.

Kleiner Staat mit großem Zusammenhalt

Bei der uns vertrauten Deutschen Wespe befindet sich im Nest eine große Königin. Sie wird von den Arbeiterinnen gepflegt und legt Eier. Soweit bekannt, erfüllen alle Wespen-Arbeiterinnen fast die gleichen Aufgaben: Königin und Brut pflegen sowie Nahrung besorgen. Bei Feldwespen sind die Verhältnisse ganz anders. Das ranghohe Weibchen legt Eier, die gepflegt werden. Das rangniedere Weibchen kann auch Eier legen, die aber vom ranghohen Weibchen gefressen werden. Stirbt das ranghohe eierlegende Weibchen, dann rückt das rangniedere Weibchen zur Eierlegerin auf. Ein weiteres Weibchen kann dann Stellvertreterin werden.

Die anderen Weibchen machen wie bisher Dienst am Nest oder besorgen Futter für den Nachwuchs; zum Beispiel Nektar, Raupen, Spinnen oder Fliegen. Süßer Kuchen interessiert sie überhaupt nicht. In dem kleinen Staat kennt wie in einer Großfamilie jeder jeden. Geruch und Unterschiede in der Färbung sind ihre Erkennungszeichen. Sie wissen also, wer welchen Rang einnimmt oder wer gerade unterwegs ist. Wissenschaftler fanden noch mehr heraus: Befindet sich ein Nachbarnest in großer Not, dann helfen die Weibchen dort aus. Und was machen die Männchen? Sie leben als Einzelgänger und besetzen ein kleines Revier. Und selbstverständlich umwerben sie die Weibchen, um sich mit ihnen zu paaren.

Feldwespen gelten als überaus friedfertig

Haus-Feldwespen mögen es gern heiß. Mit Vorliebe nisten sie unter Ziegeln oder an der Südseite von Gebäuden. Doch bei großer Hitze müssen sie etwas tun, um die Temperatur herabzusetzen. Denn an der Südseite von Häusern kann es durchaus 45 Grad oder heißer werden. Dann fächeln Feldwespen mit den Flügeln an den Waben, um die Hitze abzutransportieren. An heißen Sommertagen suchen sie nach Wasser und pumpen es in ihren Körper. Das Wasser bringen sie nicht immer zu den Larven, sondern oft nur an den Nestrand, um Verdunstungskälte zu erzeugen. So schaffen sie es, die Temperatur am Nest gleich zu halten. 30 bis 35 Grad Celsius ist ihre Lieblingstemperatur.

Lesen Sie auch

Die Tragik: Viele Menschen wissen nicht, ob es sich bei einer im Haus verflogenen Wespe um eine harmlose Haus-Feldwespe oder eine immer stechbereite Deutsche Wespe handelt. Dann wird zugeschlagen, anstatt sie mit einem Glas nach draußen zu befördern.

Serie und Buch

Was kreucht und fleucht in der Region? Wolfgang Kurtze, Vorsitzender der Lions-Naturschutz-Stiftung, schreibt über Phänomene und Kuriositäten in der Natur. Das TAGEBLATT veröffentlicht die Artikel des promovierten Biologen in loser Reihenfolge. Die erfolgreiche TAGEBLATT-Serie „Phänomene der Natur“ rückt kurzweilig Wissenswertes aus der Natur in den Mittelpunkt. Der zweite, reich illustrierte Band von Wolfgang Kurtze ist für 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich. Herausgeber ist die Lions Stiftung Stade zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Weitere Artikel