TKippenfreier Landkreis Stade: Gully-Graffiti gegen Gift im Wasser

Catharina Wenzel, Mareike Wilshusen und Sabine Kiehl (von links) sprayen den ersten Schriftzug der neuen Kampagne des Landkreises Stade in Harsefeld aufs Pflaster vor einem Gully. Foto: Fehlbus
Mit Schablonen und Farbspray werden in den nächsten Wochen überall im Landkreis Sprüche an Gullys auftauchen. Was dahinter steckt, erklärt Sabine Kiehl beim Auftakt der Aktion in Harsefeld.
Harsefeld. Der Gully in Harsefeld, an dem Abfallberaterin Sabine Kiehl mit einer kleinen Gruppe von Menschen steht, liegt gleich neben einer Bushaltestelle. Filterstummel von Zigaretten liegen auf dem Pflaster. Einige Kippen sind im Sieb unterhalb des schweren Gullydeckels auszumachen.
„Viele machen sich gar keine Gedanken, dass in diesen Resten noch Nikotin und Mikroplastik steckt“, sagt Sabine Kiehl, die die Kampagne des Landkreises Stade leitend begleitet. Das Wasser aber gehe bei einem Regenguss ungefiltert in den nächsten Fluss. In Harsefeld ist es an dieser Stelle die Ableitung in den Rellerbach, der letztendlich in die Aue fließt.
Anti-Kippen-Kampagne ist kein Rauchverbot
„Wir wollen nicht den Rauchern das Rauchen verbieten“, stellt Sabine Kiehl klar, während sie drei Farbdosen aus einer Tasche nimmt. Es soll nur um einen besseren Umgang mit den Zigarettenstummeln gehen. „Kippenfreier Landkreis“ heißt die Kampagne, gleichzeitig Zielstellung für die nächsten Wochen.
In Harsefeld startet die erste Etappe zur kreisweiten Anti-Kippen-Kampagne. Aus dem Harsefelder Rathaus sind Klimamanagerin Mareike Wilshusen und Catharina Wenzel vom Stadtmarketing dabei. Sie nehmen die Schablonen in Empfang und wollen gleich loslegen.
„Wir haben uns schon ein paar vielbesuchte Orte ausgesucht“, sagt Mareike Wilshusen. Der Bahnhof gehöre dazu. „Und das Freibad“, ergänzt Catharina Wenzel.
Förderung durch Umweltstiftung und Sparkassen
Die Kampagne wird gefördert von der Bingo Umweltstiftung, der Sparkasse Stade-Altes Land und der Kreissparkasse Stade. So können nach und nach alle Kommunen im Landkreis mit den giftfreien Kreidefarben, Schablonen und Infomaterial ausgestattet werden.
In Buxtehude hatten die Städtischen Betriebe Buxtehude schon einmal Gullys gekennzeichnet. Nun soll es kreisweit geschehen. Schwerpunktmäßig geht es um die Verschmutzung von Regenabläufen. Auch in Harsefeld landet die Warnung „Stopp! Ich bin kein Aschenbecher“ direkt vor einem Gully.

Hier soll bei Starkregen Wasser abfließen können. Die Gullys sind oft durch Kippen verstopft. Foto: Fehlbus
„Gullys sind keine Aschenbecher, sondern einzig und allein für den zügigen Ablauf von Regen da“, so Sabine Kiehl. Das sei besonders wichtig bei Starkregen, damit es nicht zu Überschwemmungen oder Unterspülungen im öffentlichen Raum komme. Diese wichtige Funktion werde eingeschränkt, wenn die Gullys mit Müll und Kippen vollgestopft sind.
30 Minuten Regen - und das Gift ist ausgespült
Umweltschädigend werden die Kippen, wenn sie vom Regenwasser ausgespült werden oder direkt im nächsten Gewässer landen. Zigarettenkippen enthalten eine Vielzahl von Schadstoffen, weiß die Abfallberaterin des Landkreises Stade.
Je nach Witterung könnten bis zu 7000 Schadstoffe freigegeben werden, darunter Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd, Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Und natürlich Nikotin. Das ist ein Nervengift und besonders gut wasserlöslich.

Der Gully in der Marktstraße in Harsefeld entwässert direkt in den Rellerbach und damit in die Aue. So kann das Gift aus Zigaretten in die Natur kommen. Foto: Fehlbus
30 Minuten Regen genügten, um bereits die Hälfte des Nikotins aus einem Zigarettenfilter auszuwaschen, rechnet Sabine Kiehl vor. Nur eine Kippe kann bis zu 1000 Liter Grundwasser verunreinigen. Diese Information steht auch so auf einer der Schablonen.
Kleine Kippe - große Auswirkung: Taschenascher als Lösung
„Zigarettenfilter enthalten Kunststoff, das Celluloseacetat“, so Kiehl. Es kann sich zu Mikroplastik zersetzen. Celluloseacetat wurde bereits von Forschern im arktischen Meereis gefunden. Fische können Schadstoffe und Mikroplastik aufnehmen. Über die Fische können die Schadstoffe auch in die Nahrungsmittelkette gelangen.

Mareike Wilshusen, Sabine Kiehl und Catharina Wenzel haben den ersten Schriftzug der Kampagne mit ungiftiger Kreidefarbe aufs Pflaster gesprayt. Foto: Fehlbus
„Kleine Kippe - große Auswirkung. Deshalb unser Appell an alle Raucherinnen und Raucher: Bitte keine Kippen von Filterzigaretten oder auch Selbstgedrehte in Gullys werfen, sondern den nächsten Ascher oder einen kleinen eigenen Taschenascher nutzen“, sagt Sabine Kiehl.
Sie zieht eine kleine blaue Cremedose mit weißem Schriftzug aus der Tasche. Statt der Creme passt nun eine ausgedrückte Kippe hinein. „Wenn der Zigarettenrest nicht mehr heiß ist, kann das später am nächsten Abfalleimer entsorgt werden“, sagt Sabine Kiehl.
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In den kommenden Wochen werden weitere Schriftzüge auf den Straßen erscheinen. Auch für die Mitarbeiter von Bauhöfen und Städten soll es weniger Arbeit werden. Tausende Kippen müssen von ihnen von Plätzen, Straßen und aus den Gullys entfernt werden.
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