TKleiner Verein, großer Einsatz: So aufwendig ist die Planung eines Reitturniers

Vorsitzende gemeinsam unterwegs auf dem Fahrturnier: Sabine Büther und Klaus Wolter als Beifahrer mit dem Haflinger Adventure’s Ulli. Foto: Verein
Wenn in Engelschoff das Reitturnier startet, steckt monatelange Arbeit eines kleinen und engagierten Teams dahinter. Warum dieser Aufwand?
Engelschoff. Wenn am Sonntagvormittag die ersten Reiterinnen und Reiter mit Pferdeanhängern auf das Gelände des Reit- und Fahrvereins Engelschoff rollen, ahnt kaum jemand, welchen Kraftakt die Organisatoren bereits hinter sich haben.
In den vergangenen Wochen hat Vorsitzender Klaus Wolter mit seinem Team das Vereinsareal auf Hochglanz gebracht: Vier Hektar Rasen sind gemäht, Hindernisse instand gesetzt, der Dressurplatz abgesteckt, Container, Zelte und Bänke aufgebaut, Reithalle und Boxen geputzt, Toiletten hergerichtet, Technik installiert und Sponsorentafeln platziert.
Beeindruckend: Der Verein ist vergleichsweise klein, organisiert aber gleich zweimal im Jahr ein sportliches Event – das Fahrturnier im Juli und das Reitturnier am 17. August.
Ersteres ist besonders aufwendig, weil dafür eine Geländestrecke nötig ist, die der Verein als einer der wenigen besitzt. Benachbarte Landwirte geben zum Turnier zudem Flächen frei.
Monatelange Planung im Detail
„Beide Veranstaltungen verlangen monatelange Planung, viele helfende Hände und eine eingespielte Organisation“, sagt Sabine Büther, zweite Vorsitzende, die seit zehn Jahren in der Turnierorganisation aktiv ist.
Der Vorstand aus drei Männern und fünf Frauen teilt die Arbeit klar auf. Alles beginnt mit der offiziellen Ausschreibung beim Pferdesportverband. Jede Prüfung, jede Startklasse und der Zeitplan müssen dort hinterlegt werden. Schriftwartin Ines von Kroge ist dafür verantwortlich.
Kassenwartin Yvonne Hagenah kümmert sich um Versicherungen und Preise, die Pressewartin wirbt für das Turnier. Büther selbst schreibt Spendenbriefe. „Wir sind gut aufgestellt“, sagt sie. Aus den Spenden entstehen Sach- und Geldpreise.

Mit dem Ringstechen beginnt das Reitwochenende in Engelschoff. Foto: Verein
Heiße Phase vor dem Turnier
Vier Wochen vor dem Termin beginnt der Countdown, zwei Wochen vorher läuft alles „wie im Tunnel“, wie Büther es beschreibt.
Neben den Platzarbeiten wird die Turnierinfrastruktur aufgebaut: Dressurumrandungen, Hindernisse, Gatter, Zelte, Bänke und Technik werden platziert – von Mikrofonen und Musik über Internet bis zu Laptop und Zeitmessung.
Infrastruktur als Schlüssel
Der Verein braucht ausreichende Parkflächen für Gespannfahrzeuge, gepflegte Reit- und Abreitplätze, intakte Sanitäranlagen und sichere Wege für Pferde und Zuschauer. Ein Tierarzt ist in Rufbereitschaft.
Für Übernachtungen im Wohnmobil steht gegenüber der Reithalle eine große Rasenfläche zur Verfügung – insbesondere beim Fahrturnier ein Vorteil.
Kein Turnier ohne Richter und Sanitäter
Sechs Richter bucht Engelschoff, sie erhalten Fahrtkosten und eine Pauschale von etwas mehr als 100 Euro. Auch Sanitäter sind verpflichtend vor Ort.
Insgesamt wirken 30 bis 50 Helferinnen und Helfer mit – vom Bahndienst über den Kuchenverkauf bis hin zum Parkplatzdienst. Die Verpflegung übernimmt das „Dat Brinkhuus“ aus Kranenburg, Kaffee und Kuchen kommen vom Verein. Eintritt und Parken sind kostenlos.
Weniger Starter, mehr Konkurrenz
Der Reitverein in Engelschoff spürt – wie viele – den bundesweiten Rückgang. Laut Turniersportstatistik 2024 verzeichnen kleine Turniere bis 2.500 Euro Preisgeld mit minus 12,6 Prozent gegenüber 2023 den größten Rückgang.
Das zeigt sich auch hier: Höhere Kosten und Konkurrenzveranstaltungen wie das Duhner Wattrennen oder das Dobrock-Turnier nehmen Teilnehmer weg. Prüfungen mussten schon gestrichen werden, wenn zu wenige Nennungen vorlagen.
Stader Reitverein vor ähnlicher Herausforderung
Auch die mittlerweile abgeschaffte Herpes-Impfpflicht wirkt nach. „Die Pferde hatten oft Nebenwirkungen, und die Halter wollten ihnen das für eine kleine Prüfung nicht zumuten“, sagt Alena Hartlef, Turnierleiterin der Reitertage Stade.
Die Rückgänge sind auch in Stade bei kleinen wie großen Prüfungen spürbar. Während Corona organisierten oft wohlhabende Privatleute Turniere, während Vereine kürzertreten. Jetzt kehren wieder mehr Top-Reiter zu Vereinsturnieren zurück. „Die Ausläufer merken wir aber noch“, so Hartlef.
Mit Herzblut dabei
Warum nehmen Büther und Co. den Aufwand dennoch auf sich, wenn die Nachfrage sinkt und am Ende kaum ein Plus in der Kasse bleibt? Büther sagt: „Wir sind mit Herzblut dem Pferdesport und dem Verein verbunden.“ Die Engelschoffer möchten die Tradition des mehr als 100 Jahre alten Vereins bewahren.

Jakob Diercks gewann 2024. Den Wettbewerb gibt es im Ort seit 1933. Foto: Verein
Trotz des Stresses würden die positiven Dinge überwiegen. Man würde es Fahrern, Reitern, Organisatoren und Familien ermöglichen, zusammenzukommen und sich auszutauschen.
„Das Reitturnier ist im Ort ohnehin etwas wie ein kleines Dorffest“, sagt Büther. Bevor am Sonntag ab 8 Uhr die Dressur- und Springprüfungen starten, ermittelt der Verein am Freitag traditionell den neuen Reiterkönig. Mit einer Lanze versuchen die Teilnehmenden, im Galopp kleine Ringe zu stechen.

Jugend-Reiterkönigin wurde im letzten Jahr Jule Hagenah. Foto: Verein
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