TKult trifft auf Können: D/A lässt den Zeckenhügel erstummen
D/A jubelt nach dem 1:0-Sieg gegen Altona. Foto: Jonas Rambow
Der Geruch von Hasch, Bratwurst und gemähtem Gras liegt in der Luft. Fußballfans erleben im Hamburger Kultstadion einen D/A-Sieg gegen Altona. Selbst ein Hund spielt mit.
Hamburg. Am Ende jubelten die D/A-Spieler ausgelassen in einer Traube mitten auf dem zuvor umgepflügten Rasen der altehrwürdigen Adolf-Jäger-Kampfbahn (AJK) von Altona 93. Die Kehdinger hatten nach einem kampfbetonten Spiel den AFC verdient, dennoch am Ende glücklich durch das Siegtor von Tjorve Mohr in der 85. Minute niedergerungen.
2500 Menschen haben gegen D/A die Adolf-Jäger-Kampfbahn besucht. Foto: Sonnleitner
Als die Drochterser feierten, trabten einige der knapp 2500 Fans auch schon wieder von dannen. Eine beeindruckende Kulisse. Drochtersen behauptete Tabellenplatz zwei in der Regionalliga Nord. Altona trudelt nach fünf sieglosen Spielen immer mehr in die unteren Ränge.
Soul statt Schlagermucke
Dafür war die Stimmung im Kultstadion im Hamburger Westen von Beginn an ausgelassen. Schon eine Stunde vor dem Anpfiff floss das Bier vor der Vereinskneipe gleich neben dem Stadioneingang. Die ersten Fans trudelten ein. Einige verwegene Gesellen steckten mit Transparenten und Fahnen ihr Revier auf dem Zeckenhügel hinter dem Tor ab, Haschgeruch mischte sich mit dem von Bratwurst und frischgemähtem Gras.
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T Tjorve Mohr erlöst D/A: Spätes Siegtor gegen Altona 93
Auch „Wolle“, ein Punk vom Bauwagenplatz ganz in der Nähe ist hier regelmäßig mit seinem Hund Merlin. Dieser jagt schon beim Warmschießen der Spieler jedem Ball nach, der die Bande passiert. Statt Schlagermucke kommt hier fetziger Soul aus den Boxen.

Wolle und sein Hund Merlin bedienen die Anzeigetafel. 9:3? Da war wohl der Wunsch Vater des Gedanken.
Zur Star-Wars-Hymne laufen die Spieler ein. Die Ränge sind gut gefüllt. D/A übernimmt sofort die Initiative und erspielt sich Möglichkeiten im Minutentakt. D/A ist wach, griffig und kombinationsfreudig. Maximilian Geißen versucht es nach neun Minuten aus der Distanz. Eine Minute später kommt Jorik Wulff aus spitzem Winkel zum Schuss. Weitere Chancen folgen.
Grölen auf dem Zeckenhügel und in der Meckerecke
Das wiederum provoziert die AFC-Fans, ihr Team wirkt ein wenig zu passiv. „A“ grölt die Gegengerade, ein krakeelendes „B“ vom Zeckenhügel folgt ein „C“ aus der Meckerecke. Altona kommt nun besser ins Spiel, dank ihrer sie daueranfeuernden Anhänger.
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In der Gegengerade prangt ein Banner des „Black Bloc“. Hier tummeln sich Punks neben Bankangestellten, HSV- und St.-Pauli-Fans in Eintracht, junge Familien und Promis der Hamburger Subkultur. Die Anhänger des Vereins mit der drittgrößten Fanbasis Hamburgs haben eine Haltung, es scheint aber nicht überpolitisiert.
Auch viele Normalos sind einfach gekommen, weil Altona mit seinem anachronistischen Stadion und zugleich progressiven Charme besticht. Hund Merlin jagt derweil einem erneut verschossen Ball eines D/A-Spielers hinterher.
Altona-Präsident lobt D/A
Auch Altonas Präsident Dirk Barthel ist gekommen, er war jahrzehntelang mit seinem Unternehmen für Schiffsarmaturen auch Hauptsponsor und ist voll des Lobes für D/A. „Ich habe Hochachtung vor ihrer über all die Jahre konstanten Leistung“, sagt er zur Halbzeit. „Man sieht es am Spiel, dass sie da oben hingehören.“
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Wenige Meter weiter sitzen rund 40 D/A-Fans auf verwitterten Plastikschalen. Auch Ludwig Roelfs ist gekommen. „Es ist supercool hier“, freut er sich. Er sei „Fan von urigen Stadien“ und ist beeindruckt von den vielen AFC-Anhängern und ihrem Zusammenhalt mit der Mannschaft.
In der Aufstiegsrunde gegen SV Hemelingen kamen 4744 Zuschauer her. Ende 2026 muss der Verein die AJK (8000 Plätze) verlassen. Dort sollen mehr als 350 Wohnungen entstehen. Das neue Stadion, ein Großbau, gleich in Nachbarschaft des neu entstehenden Altonaer Bahnhofs am Diebsteich, kann aber frühestens 2029 fertig sein. Der Verein steckt in Verhandlungen über eine temporäre Weiternutzung der AJK.
Nach Wiederanpfiff setzt Altona den ersten Nadelstich. Ein Kopfball von Rasmus Tobinski rauscht knapp am D/A-Tor vorbei. Dann vergibt ein Ex-Altonaer die beste D/A-Chance bis dahin. Nach einer starken Kombination nimmt Dennis Rosin in der 55. Minute im Strafraum Maß. Er findet seinen Meister in AFC-Torwart Dennis Lohmann.
Ioannou: Bereicherung für die Regionalliga
Ein Ex-D/A-Spieler, Christian Rusch, lobt derweil als Fan die Kulisse: „Das Stadion hat Charme, es ist mitten in der Stadt, hat keine Laufbahn, hier wird ehrlicher Fußball gearbeitet.“ Man spiele zudem auch gegen „den zwölften Mann“. D/A-Coach Oliver Ioannou hebt einen „Underdog“ hervor, der eine „echte Bereicherung für die Regionalliga“ sei und deren „Zuschauer bei jedem Einsatz ihrer Mannschaft mitgehen“.
Dann fällt doch noch das 1:0, jetzt werden die AFC-Fans richtig laut und auch gallig. Als sich ein D/A-Spieler kurz behandeln lässt, fliegen verbale Giftpfeile. Es nützt nichts, D/A setzt seine Siegesserie mit fünf Erfolgen nun fort.
Auch Hund Merlin hat sich derweil ausgetobt, doch wer glaubt, die AFC-Fans geben an diesem frühen Abend schnell auf, sieht sich getäuscht. Vor dem Vereinsheim geht die wilde Party weiter.
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