TSherman-Panzer: Sondengänger macht in Kutenholz historischen Fund

Frank Hoferichter, Debbie Bülau und Kreisarchäologe Daniel Nösler betrachten das Fragment der Panzerkette eines britischen Sherman-Panzers auf einer Wiese bei Kutenholz (von links). Foto: Vasel
Das Puzzle setzt sich langsam zusammen: Ein Hobby-Archäologe entdeckt auf dem Geest-Acker die Kette eines britischen Panzers. Ein weiteres Beweisstück einer grausamen Tat.
Kutenholz. Der Krieg war längst verloren. Die deutschen Soldaten im Bullenholz bei Kutenholz standen auf verlorenem Posten. Doch die Nazis wollten den Vormarsch der Alliierten aufhalten. Am 1. Mai 1945 sprengte die Wehrmacht einen britischen Sherman-Panzer durch die Fernzündung einer Seemine, fünf Männer starben.
Bekannt ist, dass die Panzerbesatzung auf dem Weg nach Stade war. Die Brücke in Schwinge war von deutschen Truppen gesprengt worden, deshalb mussten die Briten auf ihrem Vormarsch den Umweg über Kutenholz nehmen. Als der Panzer über die kleine Brücke über die Otter fuhr, schlugen die deutschen Soldaten zu.
„Die Explosion muss gewaltig gewesen sein“, sagt Kreisarchäologe Daniel Nösler. Der Krater war so groß, dass die Air Force den Explosionsort wenig später auf ihren Luftbildern dokumentieren konnte.
Im Panzer starben die Briten Anthony Taylor-Hurst (19), John Thomas Green (25) sowie Ronald Gilbert Moore (21). Von den Guardsmen Stanley Somerset (19) und Frank Lock (27) fehlt bis heute jede Spur. Sie saßen vermutlich im Turm.
Kutenholzer um die Heimatforscherin Debbie Bülau suchen seit Jahren nach den Überresten der beiden Soldaten. Deshalb hatten im März 2023 die Mitarbeiter des Instituts für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität Hamburg mit einem Geomagnetik-Messgerät das Trümmerfeld in der Feldmark untersucht.
Mit der Technik machten die Archäologen Lorenz Luick und Lukas Ecker die magnetischen Anomalien im Untergrund sichtbar, die durch Relikte wie die Sherman-Reste oder anderenorts durch Burgmauern im Erdmagnetfeld erzeugt werden. Bei einer Probegrabung fanden sie an einer auffälligen Stelle aber lediglich Schrott.

Sondengänger Frank Hoferichter auf der Suche nach Resten des Panzers. Foto: Vasel
Sondengänger auf der Suche nach dem Panzer-Turm
Sondengänger Frank Hoferichter ist weiter auf der Suche nach dem Turm des 30 Tonnen schweren Kampfpanzers. Im Sommer 2021 hatte er bereits die Laufrolle des rund 30 Tonnen schweren Gefährts entdeckt. Der zertifizierte Sondengänger weitete seinen Suchradius in enger Abstimmung mit der Kreisarchäologie aus. Jetzt piepte sein Metalldetektor erneut an der richtigen Stelle.

Die Panzerkette wird freigelegt, Landwirt Carsten Wölpern (rechts) unterstützt Heimatforscher und Archäologen mit seinem Weidemann bei der Bergung des Fundes. Foto: Vasel
In einer Tiefe von 80 Zentimetern legte Hoferichter die Kette des Sherman-Panzers frei. Erst mit der Schaufel, dann mit der Hand. „Ich muss vorsichtig sein, überall kann scharfe Munition liegen“, sagt der Heimatforscher. Schließlich flogen vor mehr als 79 Jahren nicht nur der Panzer und die Besatzung in die Luft, sondern auch einige Panzergranaten aus US-Produktion für das Geschütz. Wiederholt mussten bereits die Feuerwehr und der Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Niedersachsen anrücken, zuletzt 2022.

Die Panzerkette ist freigelegt. Foto: Vasel
Bei seiner Suche entdeckte Hoferichter weitere Panzerteile. Immer wieder lief das Wasser nach. Das Fragment der Panzerkette ließ sich aber nicht einen Zentimeter bewegen. Mit einem Radlader von Landwirt Carsten Wölpern konnte der Fund letztlich geborgen werden.
Was über den Sherman-Panzer bekannt ist
Der Panzer stammte aus Waffenlieferungen der USA an Großbritannien. Ab Februar 1942 produziert, gehörte der Sherman M4 mit 50.000 Exemplaren zu den meistgebauten amerikanischen Panzern des Zweiten Weltkriegs. Namensgeber war der US-General und Kriegsminister William Tecumseh Sherman (1820 - 1891). Dieser Typ gehört zu drei wichtigsten Panzern des Zweiten Weltkrieges - neben dem deutschen Panzer IV und dem sowjetischen T-34. Alle drei sind im Original im Deutschen Panzermuseum in Munster zu sehen.

Blick auf den Explosionsort in Kutenholz im Mai 1945. Foto: Household Cavalry Museum Archive
„Die Archäologie kann einen wichtigen Beitrag leisten, die letzten Kriegstage zu illustrieren“, sagt Nösler. Oftmals gebe es allein Schilderungen vom Hörensagen. Mit den Funden „können wir versuchen, die Geschichte dinghaft zu machen“ und zu überprüfen. „Außerdem leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur“, so Bülau. Die Familien der Toten erfuhren erst durch Recherchen der Heimatforscher, wo und wie ihre Angehörigen starben.
Fund in Kutenholz: Interesse auch in England
Ihre Arbeit stößt im Vereinigten Königreich auf großes Interesse - nicht nur in den Medien. Die Heimathaus-Ausstellung wird auf Wunsch der deutschen Konsulin in Edinburgh gezeigt. Und die Mission ist noch nicht zu Ende. Bülau: „Wir wollen, dass auch Somerset und Lock würdig bestattet werden.“
In den Archiven des Household Cavalry Museum in Windsor hütet die Wissenschaftlerin Hannah Kearns übrigens ein wichtiges Dokument: ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Mai 1945. Es zeigt den Ort des Angriffs - vermutlich in den Tagen nach der Zerstörung des Panzers im Mai 1945. Britische Soldaten werfen einen Blick auf den Krater, sie wollen die Hauptstraße mit der Brücke über die Otter wieder passierbar machen.

Bergung der Kette des Sherman-Panzers. Foto: Vasel

Blick auf eine Zündkerze. Foto: Vasel

Bombensplitter wird gereinigt. Foto: Vasel