TLandrat Kai Seefried: Halbzeitbilanz und Bekenntnis zum Job
Kai Seefried (46) ist in Kehdingen aufgewachsen und gelernter Tischlermeister, staatlich geprüfter Holztechniker und Betriebswirt des Handwerks. Foto: Landkreis Stade / Schmidt
Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Flüchtlingskrise. Die Rahmenbedingungen für die erste Hälfte der Amtszeit von Kai Seefried waren historisch schlecht. Das ist seine Halbzeitbilanz.
Landkreis. Zweieinhalb Jahre Landrat. Kai Seefried (46) ist seit dem 1. November 2021 Chef von über 1000 Beschäftigten in der Kreisverwaltung und höchster Repräsentant des Landkreises Stade. Bei der Wahl am 12. September 2021 wurde der Christdemokrat mit 56 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Michael Roesberg (parteilos) gewählt. Sein SPD-Gegenkandidat Björn Protze bekam 44 Prozent.
Corona-Pandemie und historische Flüchtlingskrise
Die vergangenen Jahre waren in der Bundesrepublik voller Herausforderungen. Zum Zeitpunkt der Wahl war die Corona-Pandemie noch nicht vorbei, und der russische Angriff auf die Ukraine änderte alles, löste eine Flüchtlingswelle in historischen Dimensionen aus und trieb die Energiekosten in die Höhe. Aktuell leben über 4000 Flüchtlinge im Landkreis - bei der Flüchtlingskrise 2015/2016 waren es rund 1600.
Kai Seefried hat trotzdem viele Dinge angepackt und verändert. Zum Beispiel die Kreisverwaltung. „Ich komme mit dem Blick von außen“, sagt der langjährige CDU-Landtagsabgeordnete und niedersächsische Generalsekretär. „Das versuche ich mir zu bewahren und keine Scheuklappen aufzusetzen“, sagt Kai Seefried.
Geht Stader Kreisverwaltung ohne Ämter?
Die Verwaltung bürgerfreundlich und serviceorientiert nach außen aufzustellen und intern zu modernisieren, das begann mit Tag eins der Amtszeit von Kai Seefried. Dass in Zukunft die Verwaltungseinheiten nicht mehr die Bezeichnung Amt tragen, soll ein für alle sichtbares Zeichen dieser Entwicklung sein.
Ich will selbst wissen was los ist und selbst frühzeitig ein Signal bekommen, wenn etwas schiefgeht.
Landrat Kai Seefried
Verwaltung ist immer hierarchisch organisiert und Dienstwege sind lang. „Ich will selbst wissen, was los ist und selbst frühzeitig ein Signal bekommen, wenn etwas schiefgeht“, sagt Kai Seefried. Er wolle nicht erst von Problemen erfahren, wenn sie so groß sind, dass sie erheblichen Schaden anrichten.
Führerschein-Chaos als abschreckendes Beispiel
Das Chaos in der Führerscheinstelle ist dafür ein Beispiel. Die ehemalige Verwaltungsleitung wurde von dem Ausmaß der Missstände überrascht. Lange Wartezeiten und ein massiver Imageschaden waren die Folge. Die Lösung: Bierdeckel für Sorgen und Anregungen. Seefried hat gerade wieder 1000 Bierdeckel nachdrucken lassen. Wer will, kann auf denen mit Namen oder anonym sein Anliegen an den Landrat weitergeben.
Wer seinen Namen drauf schreibt, bekommt eine Antwort. Seefried hat zudem die Entscheidungskompetenz jedes einzelnen Mitarbeiters gestärkt und die Hierarchien flacher und effektiver aufgestellt.
Menschen machen Fehler - auch in der Verwaltung
Der Veränderungsprozess mit einer Umfrage für alle Beschäftigten wird extern begleitet und läuft nach wie vor. Es geht zum Beispiel um den Umgang mit Fehlern. „Fehler passieren, wir sind alle Menschen, wichtig ist der Umgang damit“, sagt Seefried. Die Haltung, Fehler dürften nicht passieren und sie dann in einen Schrank zu sperren, wie bei der Führerscheinstelle, sei falsch.
Seit Amtsantritt 210 neue Stellen in der Verwaltung
Die Service-Offensive ist mit der Vergrößerung der Verwaltung verbunden. Der Kreis hat über 1000 Mitarbeitende. Seit Seefrieds Amtsantritt sind es 210 Stellen mehr geworden. „Das ist alles andere als CDU-Politik“, sagt der frühere CDU-Kreisvorsitzende. Aber das sei unvermeidbar, um den Service für die Bürger und die Wirtschaft zu erhöhen. Die Verwaltung dürfe nicht Bremse für die Wirtschaft sein.

Kai Seefried ist seit zweieinhalb Jahren Chef von über 1000 Beschäftigten in der Stader Kreisverwaltung. Foto: Schmidt
Bürgerservice und Kommunikation waren zentrale Punkte im Wahlprogramm von Kai Seefried. Gerade bei der Kommunikation hat es auf Landkreis-Ebene eine Zeitenwende gegeben. Der Kreis ist in den sozialen Netzwerken unterwegs. Es gibt externe und interne Newsletter, und die Öffentlichkeitsarbeit der Kreisverwaltung ist so vielfältig, dass es manchen zu viel ist - nicht nur beim politischen Mitbewerber.
Hohe Medienpräsenz des Landrats in der Kritik
„Ich kenne die Kritik“, sagt Kai Seefried. Aber in fast allen Bereichen des täglichen Lebens stecke auch ein Stück Landkreis. „Offen und transparent zu kommunizieren, ist wichtig“, sagt Kai Seefried. Es gehe im Vordergrund nicht um seine Person. „Ich will den Landkreis Stade als Marke etablieren, auf die alle stolz sein können“, sagt der 46-Jährige.
Gesundheitsversorgung
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Sehr offen kommuniziert der ehemalige CDU-Generalsekretär und Tischlermeister aus Drochtersen mit den SPD-geführten Regierungen in Hannover und Berlin. Wie viel CDU-Parteipolitik steckt in Stades Landrat? „Es wäre fatal, wenn ich Probleme der Region nicht offen ansprechen würde“, sagt Seefried. Dabei sei es ihm auch egal, wer auf Bundes- und Landesebene regiert.
Breite Mehrheiten für die Landratspolitik
Kai Seefried kann bei dieser Kritik darauf verweisen, dass bei fast allen relevanten Themen breite Mehrheiten im Kreistag hinter ihm stehen und auch alle hauptamtlichen Bürgermeister seine Forderungen in der Regel in gemeinsamen Erklärungen unterstützen. Auch das fällt wieder unter die Rubrik Kommunikation. Für den Kreishaushalt gab es im Kreistag nur drei Gegenstimmen.
Enge Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern
Die Fraktionsvorsitzenden werden in die aktuellen Entwicklungen in gemeinsamen Runden frühzeitig eingebunden. Zudem gibt es alle 14 Tage Video-Konferenzen mit den Hauptverwaltungsbeamten in den Rathäusern und dem Kreishaus. Diese enge Zusammenarbeit ist neu und ein Grund, warum die aktuelle Flüchtlingskrise ohne massive Einschränkungen wie Turnhallen-Schließungen bewältigt werden konnte.
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Katastrophenschutz
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„Ich mache den Spagat zwischen Behördenleitung und möglichst viel draußen sein“, sagt Seefried. Bürgersprechstunden und eine hohe Präsenz in der Öffentlichkeit spiegeln das wider. Er hat auch einen umfassenderen Anspruch als andere Landräte. Im Zuge der Berichterstattung um das Treffen von rechten Kräften in Potsdam und den folgenden Protesten positionierte er sich sehr eindeutig gegen extremistische Tendenzen.
An der Gelben Tonne scheitert der Landrat
Der enge Schulterschluss mit der Politik funktionierte nur bei einem wichtigen Thema nicht. Die Stader Kreisverwaltung wollte eigentlich die Gelbe Tonne für 2025 einführen. Das scheiterte, weil es aus Sicht der Politik viele offene Fragen gab. Eine Niederlage sei das nicht gewesen, aber ein Fehler, sie nicht einzuführen, sagt Kai Seefried. Aus seiner Sicht sei sie bürgerfreundlich und ökologisch sinnvoll. Er selbst wohne in einer Sackgasse und bringe seinen Müll zu einer Sammelstelle. Neulich sei ihm beim Tragen der dünnen Gelben Säcke wieder einer aufgerissen. „Mein Ziel ist es, die Gelbe Tonne 2028 durchzusetzen“, sagt er.
Kai Seefried will 2026 für acht weitere Jahre antreten
Schon zwei Jahre früher - 2026 - steht erneut die Direktwahl für das Amt des Landrats an. „Ich werde wieder antreten und ich freue mich darauf, dass es dann um acht Jahre geht“, kündigt Kai Seefried gegenüber dem TAGEBLATT an. Die Landesregierung will die Amtszeit der hauptamtlichen Verwaltungsbeamten auf Drängen der kommunalen Spitzenverbände wieder von fünf auf acht Jahre hochsetzen. Kai Seefried - lange auch für Führungsaufgaben in Hannover im Gespräch - legt sich damit fest. Seine Zukunft sieht er im Stader Kreishaus.