TLange Schlangen beim Comet-Werksverkauf: Diese Feuerwerksfans legen eine Nachtschicht ein

Anstellen für die „Pyro-Show“: Der Bremerhavener Hersteller „Comet" öffnet sein Logistikzentrum wieder zum Werksverkauf. Foto: Hartmann
Nico (26) war der Erste. Um kurz nach 6 Uhr schleppt er seine große Überraschungskiste davon. Feuerwerk zum halben Preis, dafür hat er die ganze Nacht lang angestanden.
Bremerhaven. Donnerstag, kurz vor 5.30 Uhr. Am Überseering in Bremerhaven ist die Warteschlange schon gut 400 Meter lang. Die, die hier seit Stunden stehen, haben neben müden Gesichtern alle eines gemeinsam: Sie wollen viel Feuerwerk kaufen und möglichst wenig dafür ausgeben. Eine halbe Million Euro Umsatz, rechnet Comet-Geschäftsführer Richard Eickel vor, dürften die drei Werkverkaufstage bringen. 5000 Kunden werden kommen, schätzt er. Aber wenn die Nachfrage so bleibt wie zum Start, dann könnten es deutlich mehr werden.
Werksverkauf 2023 bei Comet
Aufs Fahrrad passen nicht viele Raketen
Nico (26) ist mit seinem Kumpel schon eine Viertelstunde vor Mitternacht im Industriegebiet am Rande des Überseehafens angekommen – mit dem Fahrrad sind sie eine gute Stunde lang durch die Stadt gefahren. „Deshalb gibt‘s auch nur eine Kiste“, sagt er. Mehr passt nicht auf den Gepäckträger. Warum dann so früh? „Ich hatte Angst, dass sie später ausverkauft ist.“

Mehr passt nicht auf den Gepäckträger des Fahrrades: Nico (26) aus Grünhöfe hat die halbe Nacht gewartet, um als Erster sein Feuerwerk-Überraschungspaket zu kaufen. Foto: Hartmann
Mathias Neiß (46) und Patrick Hundt (28) sind am Mittwoch gar nicht erst schlafen gegangen, haben sich von Vechta aufgemacht, damit ihre große Silvesterparty mit 50 Gästen ein Erfolg wird. Und Antje Loer (40) sagt: „Andere fahren nach Malle einmal im Jahr, ich zum Werksverkauf von Comet.“ Die Stimmung ist also schon mal gut, eine Sackkarre hat sie dabei und eine Einkaufsliste von der Familie in Ovelgönne bei Brake: „Feuerwerksbatterien, Knicklichter, Überraschungspakete“ zählt sie auf. „Die Männer haben wir im Bett gelassen.“

Langer Bestellzettel: Antje Loer brachte gleich eine Sackkarre mit. Foto: Hartmann
Eine Freundin begleitet Antje Loer, jede aber ist mit dem eigenen Auto losgefahren, um bloß nicht gegen die Gefahrgutverordnung zu verstoßen. Die schreibt nämlich vor, dass maximal 50 Kilogramm Feuerwerk in den Wagen dürfen. Den Hinweis schreibt Comet vorsichtshalber auf jeden Bestellzettel. „Das sind drei Überraschungspakete“, hat sich Mathias Neiß schon schlau gemacht. Deshalb sind auch er und seine drei Freunde mit mehreren Autos gefahren. Als sie um 1 Uhr im Gewerbegebiet ankommen, stehen bereits „mindestens 30 Leute“ vor dem Eingang. Um 4 Uhr fängt der Sicherheitsdienst mit seiner Arbeit an, da ist die Warteschlange schon bei 300 Metern angekommen, um 7 Uhr muss die Polizei die Zufahrt zum Industriegebiet sperren.

Mathias Neiß (links) und Patrick Hundt gehörten zu den ersten Kunden beim Werksverkauf. Ihr Feuerwerk in Vechta soll sechs Stunden dauern. Foto: Hartmann
Alles dicht. Beide Straßenseiten am Überseering sind zugeparkt mit Autos aus ganz Norddeutschland. „Warum ich mir das hier in aller Frühe antue?“, wiederholt Oliver Tomaszek (19) die Frage. „Für meine Mutter.“ Für sie stelle er sich an, er selbst brenne gar kein Feuerwerk ab an Silvester. „Ich mag das nicht, aber die Familie halt.“
Der größte Feuerwerk-Logistikzentrum in Deutschland
In Deutschlands größtem Feuerwerks-Logistikzentrum einzukaufen, das sei ein besonderes Erlebnis, findet Kevin Käting (30) aus Bokel. Zu dritt wollen sie drei-, vierhundert Euro ausgeben, „im Handel würde es mindestens das Vierfache kosten“, schätzt er. Da lohnt es sich, den Wecker um Mitternacht zu stellen.
Energiekrise, Inflation? Der Feuerwerksverkäufer macht sich da weniger Sorgen. Die Weltpolitik, sinniert Eickel, habe keinen Einfluss auf sein Geschäft. „Eigentlich müsste man so viel kaufen wie nie“, überlegt er gar, schließlich gehe Feuerwerk auch auf den Glauben zurück, dass es böse Geister vertreibe. Von früheren Krisen weiß er, dass gerade dann mehr ausgegeben werde für die Effekte am letzten Tag des Jahres. Gut 100 Euro durchschnittlich gibt jeder Kunde im Werksverkauf aus.
Höherer Preis statt kleinerer Pakete
Comet verspricht, dass in jeder Überraschungskiste für 55 Euro mindestens der doppelte Warenwert steckt. Der Karton kostet nach 13 Jahren, die es den Werksverkauf inzwischen gibt, erstmals fünf Euro mehr. „Wir hätten sie verkleinern können, um den Preis zu halten“, sagt Eickel, „aber das wollten wir nicht“. Die Kartons seien für das Unternehmen so etwas wie ein „Ventil“: „Zurückgelieferte Ware, aufgerissene Kartons, ausgemusterte Sortimente“, beschreibt Eickel den Inhalt. 5000 Pakete wurden bestückt, „wir können aber nachpacken“. 6500 sind möglich. Dem Handel nehme man mit dem Werksverkauf nichts weg, urteilt der Geschäftsführer. Nur ein Prozent des Umsatzes des Unternehmens entfalle auf den Direktverkauf. Aber die Erlöse reichten auch, um die nächste Grünkohltour für die Belegschaft zu bezahlen, sagt Eickel und lacht.
Endlich ist es 6 Uhr. Die Warteschlange der Feuerwerker setzt sich in Bewegung. Bestellzettel ausfüllen, bezahlen, an der Ausgabestelle am anderen Ende der Halle abholen – hinter den Kulissen sind bis zu 80 Comet-Mitarbeiter beschäftigt, die Aufträge zusammenzustellen. Nach Vechta gehen sechs große Überraschungskisten, das reiche für ihre Party und sechs Stunden Feuerwerk, glaubt Patrick Hundt. Die erste Rakete will er zwei Stunden vor Mitternacht abschießen.