TMehr Unfälle durch Cannabis? Polizei warnt nach Teillegalisierung

Auch nach der Teillegalisierung von Cannabis ist bekifftes Autofahren immer noch verboten. Die Polizei im Cuxland steht den neuen Entwicklungen kritisch gegenüber. Foto: Peter Endig/dpa
Wie wirkt sich die Teillegalisierung der Droge Cannabis auf den Straßenverkehr aus? In einem neuen Bericht nimmt ein Stader Nachbarkreis eine abwartende Haltung ein. Die Polizei spricht hingegen eine deutliche Warnung aus.
Cuxhaven. Teillegalisierung von Cannabis und nun? Beim Landkreis Cuxhaven und der Polizei herrscht Unklarheit darüber, wie mit dem Drogenkonsum insbesondere im Straßenverkehr umgegangen werden soll.
Für Konsumenten ist die Lage sieben Wochen nach Inkrafttreten der umstrittenen Teillegalisierung am 1. April ebenfalls unübersichtlich. In einem Bericht des Ordnungsamtes des Landkreises heißt es nun: „Wie jetzt mit dem Cannabiskonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu verfahren sein wird, steht bisher nicht fest.“
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Polizeiinspektion ist sehr skeptisch unterwegs
Die Polizeiinspektion Cuxhaven steht der Teillegalisierung sehr skeptisch gegenüber. „Wir als Polizei gehen weiterhin davon aus, dass die Umsetzung mit großen Herausforderungen verbunden ist“, sagt Polizeisprecher Stephan Hertz. Eine Eindämmung des Schwarzmarktes durch legalen Verkauf hält die Polizei für „extrem unwahrscheinlich“.
Im Gegenteil: Mit dem legalen Verkauf könne sich der illegale Handel ungestörter ausweiten. Dadurch könnte sich der Konsum erhöhen, mit entsprechenden Folgen, etwa einer Zunahme von Fahrten unter dem Einfluss der Droge.
Polizei rechnet mit gesteigertem Aufwand
„Wahrscheinlich ist, dass es aufseiten der Polizeibehörden zu deutlich höheren Arbeitsaufwänden kommen kann“, warnt der Polizeisprecher. Etwa durch zusätzliche Kontrollen, gegebenenfalls steigende Unfallzahlen sowie eine Zunahme des illegalen Handels.
Die Polizei widerspricht der These, dass die Teillegalisierung den illegalen Markt austrocknet. Stattdessen könnten illegale Dealer nun leichter Geschäfte machen. Etwa, indem sie Ausrüstung und Drogen leichter verkaufen können. Unterm Strich fehlen bisher aber die Erfahrungswerte.

Die Polizei zieht verschärfte Kontrollen in Erwägung (Symbolbild). Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Was sagen denn die bisherigen Zahlen?
Zahlen zu bekifften Autofahrern gibt es nicht. Denn in der Statistik wird nur zwischen Fahrten unter Einfluss von Alkohol- und Betäubungsmittel unterschieden, nicht jedoch nach verschiedenen Drogen.
Demnach wurden 2023 insgesamt 360 „folgenlose“ Fahrten unter Alkohol- oder Betäubungsmitteln festgestellt, bei denen es zu keinen Unfällen kam. Von den 360 Fahrten geschahen 200 unter dem Einfluss von Alkohol und 160 unter dem Einfluss von Drogen.
„In weiteren 92 Fällen kam es zu einem Verkehrsunfall“, sagt der Polizeisprecher. Hier gebe die Statistik aber nicht ohne Weiteres eine Unterscheidung von Alkohol und Betäubungsmitteln her. Schwere Unfälle unter Drogeneinfluss wurden nicht registriert.
Wirkung von Cannabis und Alkohol unterschiedlich
„Die Wirkung eines berauschenden Mittels oder Alkohol kann je nach Person sehr unterschiedlich sein“, so Polizeisprecher Hertz. So könne es zu Auswirkungen auf Reaktionszeit, auf die allgemeine Wahrnehmungsfähigkeit und auf die Motorik kommen.
Grundsätzlich gilt: „Ein Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ist weiterhin strafbar“, betont der Polizeisprecher. „Die Kontrollen vor Ort haben sich nicht geändert.“
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Die Polizei überprüft aber keine Grenzwerte für Drogen, da dies mit den vorliegenden Tests nicht möglich sei. Anders als bei Alkohol können die Drogentests nur feststellen, ob Drogen konsumiert wurden, nicht aber die Menge. „Die Überschreitung möglicher Grenzwerte wird erst durch die Laboruntersuchungen von Blutproben festgestellt“, sagt der Polizeisprecher.
Die Änderung der Grenzwerte ist geplant
Bei den Grenzwerten zeichnet sich eine Änderung ab. So liegt der Grenzwert für eine Fahrt unter Drogeneinfluss und damit für eine Ordnungswidrigkeit laut Landkreisverwaltung bei einem Nanogramm THC-Wirkstoff pro Milliliter Blutserum. Eine Kommission diskutiert nun, diesen Wert auf 3,5 Nanogramm zu erhöhen.
Beim ersten Verstoß droht bisher nach Angaben des Kreises ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Beim zweiten Verstoß 1000 Euro, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot und beim dritten Verstoß 1500 Euro, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot.
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Behörde wartet auf Entscheidung von Gesetzgeber
Zudem kann der Führerschein eingezogen und eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden. Weiter heißt es in dem Bericht: „Seitens der Fahrerlaubnisbehörde wird zur Zeit abgewartet, wie der Gesetzgeber sich letztlich entscheiden wird.“
Und: „Solange werden keine Überprüfungsverfahren wegen Cannabiskonsum im Straßenverkehr weiter verfolgt.“ Entsprechende Fälle werden zu den Akten gelegt, bis die neuen Grenzwerte feststehen ist.
Ausnahme: Wenn ein Mischkonsum mit anderen Drogen oder Alkohol vorliegt oder eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Dann wird weiter ermittelt.
Wie wirkt sich das neue Gesetz aus?
Die Polizei möchte in der Diskussion neutral bleiben. „Eine polizeiliche Bewertung von Grenzwerten ist nicht möglich und sollte Medizinern und anderem Fachpersonal überlassen werden“, so Polizeisprecher Hertz.
Bei allen Befürchtungen konnte die Polizei aber seit der Teillegalisierung noch keine große Verhaltensänderung bei der Bevölkerung feststellen. Dafür sei die Gesetzesänderung zu frisch.