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Prozess

TMehr als 200.000 Euro Gewinn durch illegale Pokerrunden: Stader muss in Haft

Das Landgericht in Stade.

Das Landgericht in Stade. Foto: Hager/dpa

Wird unerlaubtes Glücksspiel in Zukunft nicht mehr als Straftat betrachtet? Die geplante Modernisierung des Strafgesetzbuches sieht eine Änderung in diese Richtung vor. Für ein Ehepaar aus Stade kommt die Strafrechtsreform allerdings zu spät.

Von Silvia Dammer Dienstag, 12.12.2023, 11:50 Uhr

Stade. Die 2. Große Strafkammer am Landgericht Stade, geleitet von Richter Behrend Appelkamp, verurteilte einen 34 Jahre alten Mann wegen gewerbsmäßigen illegalen Glücksspiels in 203 Fällen, vorsätzlicher Geldwäsche und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Seine Partnerin muss wegen Beihilfe 360 Euro Strafe zahlen.

Die bereits beschlagnahmten Gelder bleiben eingezogen. Das Paar muss gesamtschuldnerisch 100.000 Euro an die Staatskasse zahlen, die als Geldwäsche qualifiziert wurden und aus den Einnahmen der Pokerrunden stammen. Die Immobilie des Paares bleibt jedoch in ihrem Besitz.

Spielautomaten und Poker-Runden brachten mehr als 300.000 Euro

Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass der 34-Jährige über zweieinhalb Jahre hinweg illegale Pokerrunden gegen Bezahlung in einer ehemaligen Werkhalle auf seinem Grundstück organisiert und in dieser Zeit sechs Spielautomaten ohne Lizenz betrieben hatte. Die Spielautomaten brachten knapp 89.000 Euro ein und die Poker-Runden circa 220.000 Euro. Seine Partnerin war darüber informiert und unterstützte ihn bei der Verwendung der Gelder. Mit einem Großteil davon sanierte das Paar sein Wohnhaus und die Werkhalle, in die Wohnungen für Monteure und ein Friseursalon gebaut werden sollten.

Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren für den Mann und eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, für seine Partnerin und, überraschend für die Verteidigung, die Einziehung der Immobilie. Im Verständigungsverfahren hatte es dazu keine Festlegungen gegeben. Sie begründete ihren Antrag damit, dass die Einnahmen aus den Straftaten größtenteils in die Sanierung und die Bedienung des Darlehens für die Immobilie geflossen seien.

Als belastende Aspekte führte die Staatsanwältin die zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten (unter anderem wegen Diebstahls und Körperverletzung), seine kriminelle Energie, den hohen Betrag der Geldwäsche und seine Bereitschaft, Probleme auch mit Waffen zu lösen, an. In der Wohnung des Paares wurden unter anderem eine halb automatische Pistole und dazugehörige Patronen gefunden.

Strafrechtliche Reform bei Glücksspiel ist im Gespräch

Illegales Glücksspiel wird aktuell als gesellschaftliches Problem angesehen, das strafrechtliche Reformen nach sich ziehen könnte. Verteidigerin Dinah Busse erwähnte dies in ihrem Vorplädoyer und bezog sich dabei auf ein Reformvorhaben des Bundesjustizministeriums.

Die geplante Änderung würde den Paragraphen zum unerlaubten Glücksspiel im Strafgesetzbuch möglicherweise aufheben oder anpassen, weil kein schützenswertes Rechtsgut gefährdet scheint. Stattdessen könnten solche Verstöße als Ordnungswidrigkeiten und steuerrechtliche Straftaten behandelt werden. Busse schlug vor, in Betracht zu ziehen, ob diese Änderungen bereits im aktuellen Fall Anwendung finden könnten.

Außerdem plädierte die Verteidigung dafür, persönliche Umstände bei der Strafzumessung zu berücksichtigen: die Unbescholtenheit der Frau und die Spielsucht des Mannes und die schwierigen Begleitumstände. Er war nach Bekanntwerden der Tat, kurz nach der Hochzeit inhaftiert worden und aufgrund mutmaßlicher Clan-Zugehörigkeit einer besonderen Strenge der Justizbehörden ausgesetzt.

Gegen die Einziehung der Immobilie wandte die Verteidigung ein, dass sie die Lebensgrundlage des Paares darstelle und mit Schulden belastet sei. Daher lehnte sie eine Einziehung ab, da diese nicht dazu dienen solle, der Bank zu einem Barbetrag zu verhelfen.

Das ist die Urteilsbegründung des Gerichts

Die 2. Große Strafkammer sah sich bei ihrem Urteil an bestehende Gesetze gebunden, erkannte jedoch die schwierigen Lebensumstände des Paares an. Dennoch waren die Vorstrafen des Angeklagten und die erzielten hohen Geldbeträge straferhöhend. Die Einziehung der Immobilie lehnten die Richter ab, da die Gelder aus den Straftaten lediglich für Renovierungen genutzt wurden und die Wertsteigerung der Immobilie nicht zu beziffern sei. Die Wegnahme der Immobilie und die Rückzahlung des Geldwäschebetrags hätte eine doppelte Bestrafung dargestellt. Das Paar hat das Recht, gegen das Urteil Revision einzulegen.

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