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Schiffstour

TMit einem über 100 Jahre alten Zweimaster von Buxtehude nach Stade

Eigner Jan Sauerwein am Steuer seiner Iris.

Eigner Jan Sauerwein am Steuer seiner Iris. Foto: Felsch

Von Buxtehude nach Stade auf dem Wasser - ein ungewöhnlicher Weg. Schiffseigner Jan Sauerwein hat es trotzdem gemacht. An Bord der Iris von Hansestadt zu Hansestadt.

Von Franziska Felsch Montag, 10.03.2025, 18:05 Uhr

Buxtehude. Einst war der Hafen das Herz der Hansestadt Buxtehude. Ende des 19. Jahrhunderts verdrängten Eisenbahn und Straßen den regen Schiffsverkehr. Heute liegen hauptsächlich Freizeitskipper hier. Leider zu wenige, findet nicht nur Jan Sauerwein, der mit seiner Iris vor dem Kulturforum liegt.

Auch Jürgen Obal und Bernd Moje, Mitglied im Förderverein Buxtehuder Hafen und Este, fehlen vor allem die Oldtimer, ähnlich wie das zehn Meter lange Schiff, das Sauerwein 2024 erworben hat. Der über 100 Jahre alte Zweimaster, hochseetauglich und aus solidem Eichenholz, diente früher als Fischereifahrzeug und im Zweiten Weltkrieg als Versorger in Frankreich, bevor ihn ein Bootsbauer aufpolierte und verkaufte.

Wegen der Brücken müssen die Masten gelegt werden

An Bord der Iris ging es am Sonntagmorgen die Este runter und über die Elbe bis nach Stade. Vor dem Start gibt es noch jede Menge zu tun. Die beiden Holzmasten müssen gelegt werden, um unter den Brücken durchfahren zu können. Per Hand und mit Manneskraft. Und mit einer ausgefeilten Konstruktion aus Stahlrohren, die sich Tüftler Bernd Moje ausgedacht hat.

Es klappt, der erste Mast liegt festgezurrt auf dem Deck. Beim zweiten wird es kniffliger. Um ganz sicherzugehen, dass der schwere Baum nicht aufs Steuerhaus kracht, fährt das Schiff rüber auf die andere Hafenseite, wo sich ein Kran befindet - der allerdings aussieht, als würde er nicht so oft benutzt. Aber das passe zum allgemeinen Hafen-Ambiente, das nicht gerade besonders einladend wirke, meinen die drei Schiffer.

Da wäre zum Beispiel die nebenan liegende Slipanlage. „Funktioniert für Kanus und kleine Boote, für alle anderen viel zu schräg. Hat wohl jemand entworfen, der sonst Raketenrampen baut“, witzeln die vermeintlichen Fachleute, denen auch missfällt, dass eine Kaimauer für Schiffe gesperrt ist - wegen der Wohnblöcke.

„Einerseits verständlich, andererseits verschenkter Platz“, meinen die drei, die gerade Präzisionsarbeit leisten, um den zweiten Segelmast runterzuklappen. Da es das erste Mal ist, dauert es länger als geplant. „Wenn sich das eingespielt hat, geht es wesentlich schneller“, hoffen sie.

Immer die Tide im Blick

In der Tat, jetzt ist Eile angesagt, denn wegen des Tiefgangs des Schiffes von 1,50 Meter muss die Iris bei Hochwasser raus. Der Hafen hat nämlich bei Niedrigwasser nur etwa einen Meter Tiefgang mit Sandboden, die Seitenarme fallen trocken und sind verschlickt.

Bei Niedrigwasser hat die Este kurz vor Buxtehude stellenweise nur 50 Zentimeter Wassertiefe. Der Fluss ist ein Tidengewässer mit einem Tidenhub von etwa 2,80 Meter. Daher müssen sich die Eigner dem Bootstyp und Tiefgang entsprechend immer vorab über die Gezeiten informieren, auch ob der Liegeplatz bei Niedrigwasser geeignet ist oder ob man trockenfallen kann.

Durch die Vertiefung der Elbe habe die Verschlickung in der Elbe zugenommen, vermutet Sauerwein mit einem Blick auf die Uhr. Das aufwendige Prozedere hat die Abfahrtszeit verzögert, aber die Iris gleitet beinahe majestätisch mit sieben Knoten dahin - acht sind auf dem Fluss erlaubt - vorbei an schmucken Häusern, Obstbäumen und Kajakfahrern. Die Sonne zeigt sich von ihrer besten Seite und beschert frühlingshafte Außentemperaturen.

Wegen der Autobahnbrücke müssen die Masten gelegt werden.

Wegen der Autobahnbrücke müssen die Masten gelegt werden. Foto: Felsch

Bei Flusskilometer 1,66 führt seit Winter 2016/2017 die Autobahnbrücke der A26 über die Este, die Durchfahrtshöhe beträgt 4,50 Meter bei mittlerem Hochwasser. Ein Grund, warum die Masten gekippt werden mussten.

„Schade, dass es keine andere Lösung gab.“ Sauerwein vermutet, dass es viele Segler abschreckt, wenn sie den Hafen nur mit gelegten Masten erreichen können. Es wäre für diejenigen, die von der Elbe kommen, einfacher, wenn es vor der Autobahnbrücke einen weiteren Kran gäbe, der diese Arbeit unterstützt. Gibt es aber nicht.

In Estebrügge macht die Drehbrücke eine Durchfahrt möglich.

In Estebrügge macht die Drehbrücke eine Durchfahrt möglich. Foto: Felsch

Die Iris passiert kurz darauf Estebrügge. Da sie angemeldet ist, ist die Durchfahrt geöffnet. Die dortige Drehbrücke hat eine Durchfahrtshöhe von 1,90 Meter bei mittlerem Hochwasser und ist somit nur für kleine offene Boote zu unterfahren.

Das Fahrwasser ist hier sehr eng, die Strömungsgeschwindigkeit deshalb recht hoch. Aber kein Problem für die Iris. Sie tuckert gemütlich durch Hove, vorbei an Cranz, wo leider, wie Sauerwein bedauert, die Fähre nach Hamburg eingestellt wurde.

Die letzte Brücke vor der Elbe: Hier gleitet die Iris problemlos durch.

Die letzte Brücke vor der Elbe: Hier gleitet die Iris problemlos durch. Foto: Felsch

Unter der Sperrwerkbrücke hinter der Sietas Werft steuert der Kutter fast direkt auf Blankenese mit den weißen Villen zu, aber nur fast. Kaum Wind, keine Wellen. Die Spaziergänger am Strand sind fast zum Greifen nah, als die Iris der äußeren Fahrbahnrinne folgt, Richtung Wedel.

Weiter mit Motor, das Aufstellen der Segel spart sich der Skipper heute. „Wäre möglich, wenn wir den Anker werfen, aber braucht natürlich Zeit“, erklärt der 38-Jährige. Wenn er noch mit genügend Wasser unterm Kiel im Stader Hafen ankommen will, ist es sicherer, ohne Pause weiterzufahren.

Ruhige Fahrt auf der Elbe

Der Willkomm Höft bleibt stumm, dafür erhält der Skipper einen Gruß über Handy von einem Elblotsen, der gerade bei einem Freund auf der Terrasse Kaffee trinkt und die Iris erkennt. Während an Land jede Menge Leute das Sonnenwetter genießen, sind nur wenige Freizeitschiffer unterwegs.

Sehleute am Schulauer Fährhaus.

Sehleute am Schulauer Fährhaus. Foto: Felsch

Die alte Lady überholt eine Segeljacht, die mit der Flaute kämpft. Das entgegenkommende Containerschiff der Hapag-Lloyd-Flotte hält gebührenden Abstand. Zwei zügig überholende Fluss-Schiffer bringen die Iris etwas aus dem Takt. Sanftes Schaukeln - mehr nicht. Der Eigner hat schon Schlimmeres erlebt. Nicht nur mit seinem jetzigen Schiff. Auf der Rückreise von Dänemark erwischte ihn ein fürchterlicher Sturm. Zum Glück waren zwei Seenotrettungskreuzer in der Nähe, die ihn bis zum nächsten, sicheren Hafen geleiteten.

Ziel der Tagestour: Stade

Heute schlägt das Wetter nicht plötzlich um. Die Mannschaft erreicht unversehrt die Schwinge. Zum Teil ist es recht eng und durch das einsetzende Niedrigwasser ist beten angesagt. Bloß nicht noch auf den letzten Metern festfahren, wie einmal auf der Elbe.

„Glück gehört dazu“, sagt Sauerwein, als er am Anlegeplatz festmacht, zwischen aufgetakelten Segelschiffen. So wünscht sich der Skipper das auch für die Hansestadt Buxtehude. „Das ist doch ein wesentlich schöneres Bild mit den aufgestellten Masten.“

Die Iris hat festgemacht.

Die Iris hat festgemacht. Foto: Felsch

Aber das sei nicht alles, um einen - wenn auch kleinen - Hafen attraktiver zu machen. Restaurants, Bistros oder Ähnliches fehlen seiner Meinung nach. Er habe schon mal überlegt, von einem kleinen Kutter aus Fischbrötchen zu verkaufen. Die Idee hat er aber wieder verworfen, dafür will er im Mai nach Glückstadt, frischen Matjes holen für das Matjesfest im Kulturforum.

Nach einer Nacht in Stade, die Sauerwein in der wohnlich eingerichteten Kajüte verbringt, will er weiter nach Wischhafen. Und irgendwann zurück nach Buxtehude zu seinem Stammliegeplatz. Nicht nur weil er auf dem ehemaligen Fischkutter wohnt, wünscht er sich mehr Leben im Buxtehuder Hafen - so wie es sich für eine Hansestadt gehört.

Schiffstour mit Zweimaster

Foto: Felsch

Die Este: Idylle pur.
Die Este: Idylle pur. Foto: Felsch

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Ziemlich nah am Ufer schippert die Iris ihrem Ziel entgegen.
Ziemlich nah am Ufer schippert die Iris ihrem Ziel entgegen. Foto: Felsch

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Einfahrt in den Stader Hafen.
Einfahrt in den Stader Hafen. Foto: Felsch

Foto: Felsch

Mit heruntergklappten Segelmasten in Stade.
Mit heruntergklappten Segelmasten in Stade. Foto: Felsch

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Immer mit dabei: Der Papagei und der Plattenspieler.
Immer mit dabei: Der Papagei und der Plattenspieler. Foto: Felsch

Foto: Felsch

Festmachen in Stade.
Festmachen in Stade. Foto: Felsch

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