TNach 76 Jahren: Werkzeug-Händler gibt Familienbetrieb in Nordenham auf

Das Ende einer langen Firmengeschichte: Dierk Bielefeld, hier mit seiner Ehefrau Wiebke, schließt sein Werkzeuggeschäft an der Oldenburger Straße. Foto: Glückselig
Die auf Werkzeuge und Maschinen spezialisierte Firma Jolf Bielefeld in Atens wird ab dem 1. August nicht mehr existieren. Inhaber Dierk Bielefeld hört auf. Das sind seine Gründe.
Nordenham. Sich morgens einfach mal aufs Rad setzen, nach Eckwarderhörne fahren und aufs Wasser gucken - diesen Luxus konnte sich Dierk Bielefeld 35 Jahre lang nicht leisten. Mehr als zwei Wochen Urlaub im Jahr waren nicht drin, dann verlangte schon wieder das Geschäft nach ihm. All das wird am Donnerstagabend vorbei sein. Dann wird Dierk Bielefeld zum letzten Mal den Schlüssel zu seinem Groß- und Einzelhandelsbetrieb für Werkzeuge und Maschinen an der Oldenburger Straße in Atens umdrehen. Mit der Schließung des Geschäfts endet eine 76-jährige Firmengeschichte.
Gründer der Firma war im Jahr 1949 Dierk Bielefelds Vater Jolf Bielefeld, nach dem das Geschäft bis heute benannt ist. Jolf Bielefeld besuchte das Gymnasium für Jungen in Nordenham, wurde im Zweiten Weltkrieg als Pilot ausgebildet und übernahm Versorgungsflüge. Nach dem Krieg musste er sich eigene Existenz aufbauen, denn den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie in Seeverns übernahm sein jüngerer Bruder. Mit einer auf den 29. Juli 1949 datierten Urkunde genehmigte ihm das damalige Kreisamt Wesermarsch die Selbstständigkeit.
Auf einem Dachboden in Burhave fing alles an
Jolf Bielefeld nutze diese Erlaubnis nicht, um mit einem üppigen Verkaufsraum zu starten. Der erste Sitz des jungen Groß- und Einzelhandelsbetriebs war der Dachboden eines Mehrfamilienhauses in Burhave. Dort lagerte Jolf Bielefeld von der kleinsten Schraube bis zu größeren Maschinen alles, was seine Kunden benötigten.
Die saßen vielfach auf der anderen Weserseite. In Bremerhaven waren die großen Werften, die Jolf Bielefeld belieferte - mit dem Fahrrad. Er radelte zum Fähranleger, trug bei schlechtem Wetter einen Regenmantel, setzte über, lieferte seine Ware bei den Betrieben aus und fuhr auf dem gleichen Weg zurück nach Burhave. Später besaß der Unternehmer einen Lloyd-Transporter. Das machte die Sache einfacher.

Mit dieser Urkunde bekam Firmengründer Jolf Bielefeld am 29. Juli 1949 die Selbstständigkeit bescheinigt. Foto: Glückselig Foto: Glückselig
1967 kauften die Bielefelds das Haus an der Oldenburger Straße. Dorthin wurde auch der Firmensitz verlegt. Jolf Bielefeld hatten sein Warensortiment inzwischen vergrößert, brauchte also mehr Platz. Zudem fand er auch in Nordenham inzwischen viele Kunden. Bremerhaven ist für den Betrieb aber bis heute weiterhin ein wichtiger Markt.
Dierk Bielefeld, der in Brake und Bremen eine kaufmännische Ausbildung absolvierte, übernahm die Firma 1990. Fünf Jahre später baute er das jetzige Ladengeschäft und das Lager an, um das Private besser vom Geschäftlichen trennen zu können. Es waren gute Zeiten. Viele Nordenhamer können von sich sagen, ihre ersten Werkzeuge bei der Firma Jolf Bielefeld erstanden zu haben. Handwerksbetriebe und die Industrie bildeten neben dem Einzelhandel aber die noch wichtigere Kundschaft.
Online-Konkurrenz macht Dierk Bielefeld zu schaffen
Inzwischen hat sich die Branche verändert. Dazu hat nicht zuletzt Corona beigetragen. Zwar durfte Dierk Bielefeld auch im Lockdown seine Kunden bedienen. Aber die Pandemie spielte dem Online-Handel in die Karten. Viele Kunden blieben dabei. Wenn die Bohrmaschine im Internet ein paar Euro günstiger zu haben ist, zieht oftmals auch das Argument nicht, dass es im Fachhandel vor Ort zur Ware noch die Beratung gibt.
Dierk Bielefeld müsste investieren, unter anderem in die EDV. Das hat er nicht vor. Seine beiden Söhne haben sich beruflich anderweitig orientiert. Einen Nachfolger gibt es demnach nicht. Deshalb zieht Dierk Bielefeld, der im Oktober 60 wird, einen Schlussstrich. Donnerstag, 31. Juli, ist der letzte Verkaufstag. Für den 135 Quadratmeter großen Laden hofft er, einen Mieter zu finden.
Zwischen Wehmut und Freude auf mehr Zeit
35 Jahre Selbstständigkeit wischt man nicht mit einem Federstrich weg. Und so schwingt auch ein wenig Wehmut, wenn jetzt bei Jolf Bielefeld die Lichter ausgehen. Auf der anderen Seite freut sich Dierk Bielefeld darauf, künftig Zeit für andere Dinge zu haben, die ihm das Geschäft bislang nicht ließ - zum Beispiel morgens spontan nach Eckwarderhörne zu fahren und aufs Wasser zu gucken.