TNach Angriff auf Polizisten: Wie gefährlich sind Reichsbürger in der Region?

Ein 36-jähriger Reichsbürger hat im Kreis Cuxhaven einen Polizisten attackiert. Wie ernst ist die Lage in der Region? Foto: Patrick Seeger/dpa
Ein Mann aus dem Reichsbürger-Milieu hat in der vergangenen Woche einen Polizisten angegriffen und verletzt. Es war nicht der erste Fall dieser Art. Die Polizei äußert sich.
Landkreis Cuxhaven. Dass ein Polizeibeamter im Zusammenhang mit einer Unfallaufnahme angegriffen wird, klingt für sich genommen schon mehr als bedenklich. Dass der Angreifer mutmaßlich dem Spektrum der sogenannten „Reichsbürger“ zuzuordnen ist, verleiht dem Vorfall, der sich Mitte des Monats in Cuxhaven zugetragen hat, noch einmal eine ganz andere Dimension. Dass Vertreter dieser Szene auch in der Region zu finden sind, war gleichwohl bekannt.
Doch wie zahlreich sind diese Reichsbürger eigentlich in unseren Breiten? Wie aktiv (und letztendlich auch: wie gefährlich) sind Leute, die sich gegen die demokratische Ordnung wenden, der Bundesrepublik das Existenzrecht absprechen und stattdessen den Fortbestand eines in Schutt und Asche aufgegangenen „Deutschen Reichs“ propagieren?
Bei der Polizeiinspektion Cuxhaven beobachtet man das Reichsbürger-Phänomen; Staatsschützer, die ein eigenes Fachkommissariat bilden, haben die dem extremistischen Milieu zuzurechnende Szene im Blick und können offenbar auch ihre Ausdehnung in der Region beziffern.
So viele Reichsbürger und Selbstverwalter sind der Polizei bekannt
„Reichsbürger und Selbstverwalter sind im gesamten Landkreis Cuxhaven im mittleren zweistelligen Bereich bekannt“, teilte ein Polizeisprecher auf Anfrage der Cuxhavener Nachrichten hin mit. Es handele sich dabei sowohl um Einzelpersonen als auch um Gruppen beziehungsweise um Mitglieder von Gruppen.
Die Vorstellung, dass eine Handvoll Ewiggestriger losgelöst voneinander einer verquasten Ideologie frönt, scheint nicht mehr den Tatsachen zu entsprechen: „Verschlüsselte Netzwerke haben hier deutlich zur Vernetzung beigetragen“, erklärte der Sprecher im Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten.
In welchem Ausmaß sich Reichsbürger organisieren, ließ eine Zusammenkunft vor knapp zwei Jahren erahnen. Im August 2022 trafen sich in einer Gaststätte im Süden des Landkreises Cuxhaven etwa 80 Sympathisanten der Szene. Nach Polizeiangaben handelte es sich bei den Teilnehmern des Treffens allerdings nicht nur um im Cuxland gemeldete Personen, sondern um Leute aus dem gesamten norddeutschen Raum.
Polizisten in der Region von Reichsbürgern verletzt
Wie Staatsschützer im konkreten Fall auf solche Veranstaltungen aufmerksam werden, gaben die Beamten nicht preis. Aus ermittlungstaktischen Gründen machten sie auch keine Angaben zu einer Frage, welche Linie ein mutmaßlicher Reichsbürger überschreiten muss, um ins Visier der Behörden zu geraten.
Allgemeiner gesprochen teilte die Cuxhavener Inspektion mit, dass man unter anderem „aktives Handeln“ von Szenevertretern im Zusammenhang mit der von ihnen propagierten Ideologie beobachte. Die Cuxhavener Polizei verfolge darüber hinaus durchgehend, was über offen zugängliche Kanäle der Szene verbreitet werde.
Dass der Direktkontakt mit dem Reichsbürger-Milieu gefährlich sein kann für Ermittler (und möglicherweise auch für andere Behördenvertreter), zeigt ein Fall aus dem vergangenen Jahr: Als Beamte der PI Cuxhaven einen Haftbefehl gegen einen 60-Jährigen aus Cadenberge vollstrecken wollten, soll nicht nur der Mann selbst, sondern auch dessen zwei Jahre jüngere Ehefrau erheblichen Widerstand geleistet haben. Ein Polizist wurde dabei erheblich verletzt.
Polizei erkennt deutliche Affinität zu Waffen
Im jüngsten Fall hatte ein mutmaßlicher Reichsbürger (36) gezielt nach einem Beamten getreten, wobei es in diesem Fall um eine im Bereich der polizeilichen Routine liegende Maßnahme ging. Im Wagen des Mannes fanden sich nach Polizeiangaben eine geladene Schreckschusspistole und zwei Jagdmesser.
Rückschlüsse bezüglich der Frage, wie „hochgerüstet“ die Szene möglicherweise ist, mochte die Cuxhavener Polizei von diesem Fund ausgehend nicht ziehen. Es könne aber gesagt werden, so der Polizeisprecher, „dass Personen aus der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter eine überdurchschnittliche Affinität zu Waffen haben. Das zählt für die Szene insgesamt und damit auch für den Bereich Cuxhaven“.