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Gewalttat

Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof: Haftrichter ordnet Unterbringung an

Polizisten und ein Krankenwagen stehen auf einer Straße neben dem Hamburger Hauptbahnhof.

Bei einem Messerangriff am im Hamburger Hauptbahnhof am Freitagabend sind mehrere Menschen schwer verletzt worden. Wie die Polizei am Samstag berichtet, ist ihr Zustand inzwischen stabil. Foto: Steven Hutchings/dpa

Bei dem Angriff am Hauptbahnhof in Hamburg wurden zahlreiche Menschen verletzt. Einige von ihnen konnten die Klinik bereits wieder verlassen. Die Verdächtige kam vor einen Haftrichter.

Von dpa Samstag, 24.05.2025, 18:57 Uhr

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Hamburg. Nach dem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof mit 18 Verletzten hat ein Haftrichter die Unterbringung der Verdächtigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Die 39-Jährige war am Freitagabend festgenommen worden, nachdem sie am Bahnsteig wahllos um sich gestochen haben soll. Der Unterbringungsbefehl laute auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen, teilte die Polizei mit.

„Der Unterbringungsbefehl bezieht sich auf die Personen, die unmittelbar mit dem Messer verletzt wurden und dadurch Schnitt- oder Stichverletzungen unterschiedlicher Schwere erlitten haben“, erklärte die Polizei in ihrer Mitteilung. Insgesamt seien 18 Menschen in Krankenhäuser gebracht worden - die übrigen erlitten demnach aber andere Verletzungen, „beispielsweise durch einen Sturz oder Schock“.

Drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren und ein 24 Jahre alter Mann waren lebensgefährlich verletzt worden. Sie befinden sich inzwischen alle in einem stabilisierten Zustand, wie die Polizei bereits am Mittag mitteilte. Zudem wurden sieben Menschen schwer und weitere sieben Menschen leicht verletzt. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sprach davon, dass einige der Verletzten die Krankenhäuser wieder verlassen konnten.

Vier Bremer unter den Opfern

Wie am Samstag bekannt wurde, stammen vier der Opfer aus Bremen. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Innensenator Ulrich Mäurer (beide SPD) stehen laut Bremer Senatskanzlei mit den Behörden in Hamburg im Austausch.

Bovenschulte sagte, die Tat habe ihn „zutiefst schockiert“. Der Regierungschef des kleinsten Bundeslandes fügte hinzu: „Zum Glück erreicht uns heute die Nachricht, dass alle 18 Verletzten inzwischen außer Lebensgefahr sind. Ich wünsche allen Beteiligten, dass sie möglichst schnell wieder vollständig genesen.“

Der Bremer Innensenator Mäurer sagte: „Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen und ihren Angehörigen und Freunden, aber auch bei denen, die das alles dort mit ansehen mussten.“ Die Rettungs- und Sicherheitskräfte hätten sehr gute Arbeit geleistet und mit Passanten zusammen schnell vor Ort Erste Hilfe geleistet. „Ihnen gilt unser besonderer Dank“, betonte Mäurer.

Mutmaßliche Messerstecherin hat offenbar keinen festen Wohnsitz

Die Tatverdächtige soll früheren Angaben der Polizei zufolge nicht politisch motiviert gewesen sein. „Vielmehr bestehen inzwischen sehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Tatverdächtigen“, hatte die Polizei mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Unterbringung beantragt.

Die Verdächtige hat laut Polizei „nach den bisherigen Erkenntnissen“ keinen festen Wohnsitz. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums auf Anfrage mitteilte, soll die Frau offenbar gebürtig aus Niedersachsen kommen.

Mutige Helfer greifen ein

Zum Zeitpunkt der Tat gegen 18 Uhr war der Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14 voller Menschen. Dass die Attacke nicht noch mehr Menschen traf, ist dem mutigen Eingreifen von zwei Passanten zu verdanken. „Durch das sehr schnelle Eingreifen zweier Passanten, die sich auf dem Bahnsteig befanden, (...) konnte der Angriff unterbrochen werden“, teilte die Polizei mit.

Einsatzkräfte hätten die 39-Jährige im Anschluss schnell festnehmen können. Sie habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Nach derzeitigen Erkenntnissen soll die Verdächtige alleine gehandelt haben. Das Tatmesser sei sichergestellt worden.

Der Hamburger Hauptbahnhof gehört mit mehr als 500.000 Reisende pro Tag zu den am stärksten frequentierten Verkehrsknotenpunkten in Deutschland. Im freitäglichen Feierabendverkehr herrscht dort regelmäßig dichtes Gedränge. An diesem Freitag begannen in Hamburg einwöchige Schulferien.

Hinweisportal freigeschaltet

Die Polizei teilte mit, sie sei nach wie vor auf der Suche nach Bildern, Videos und Hinweisen. Diese können über ein Hinweisportal übermittelt werden. Außerdem sollen sich Zeugen, die bislang noch keinen Kontakt zur Polizei hatten, beim Hinweistelefon unter +49 40 4286-56789 zu melden. Denn noch immer versucht die Mordkommission den genauen Tatablauf zu rekonstruieren.

Die Deutsche Bahn hat zudem eine Hotline für Betroffene und Angehörige geschaltet, sie ist kostenfrei unter +49 800 3 111 111 zu erreichen.

Forderungen nach mehr Sicherheit auf Bahnhöfen und KI

Der folgenreiche Messerangriff hat nicht nur viel Anteilnahme, sondern auch erste Forderungen nach mehr Sicherheit in den Bahnhof nach sich gezogen. So sprach sich der Vorsitzende der Bundespolizei in der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, für flächendeckende Kontrollmöglichkeiten an Bahnhöfen für die Bundespolizei aus. Im und um den Hamburger Hauptbahnhof sind Messer seit dem 1. Oktober 2023 verboten. Das wird auch regelmäßig kontrolliert.

Die in Hamburg seit längerem eingesetzten Quattro-Streifen müssten deutschlandweit eingesetzt werden, sagte er der „Hamburger Morgenpost“. Dazu fehlten der Bundespolizei rund 3500 Kollegen. Es müsse dringend aufgestockt werden, „denn Sicherheit braucht Personal“.

Zudem könne der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beim Auswerten von Kamerabildern helfen, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Die Beamten benötigten „KI-unterstützte Kameratechnik, die auch Verhaltenserkennung beinhaltet, sodass solche Verhaltensauffälligkeiten im Vorfeld schon erkannt werden könnten.“

Laut Bundespolizei zählte der Verkehrsknotenpunkt im Jahr 2022 zu den gefährlichsten Bahnhöfen in Deutschland. Inzwischen hat sich die Lage nach offiziellen Angaben verbessert. Die Zahl der Gewalttaten sank im vergangenen Jahr um knapp ein Viertel (24,2 Prozent) auf 546, wie die Bundesregierung im Februar auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion mitteilte. Allerdings verdoppelte sich die Zahl der Gewalttaten, bei denen ein Messer eingesetzt wurde, fast von 12 auf 23 Fälle.

Politiker äußern sich zur Tat

Der Hamburger Hauptbahnhof gehört mit mehr als 500.000 Reisenden pro Tag zu den am stärksten frequentierten Verkehrsknotenpunkten in Deutschland. Im freitäglichen Feierabendverkehr herrscht dort regelmäßig dichtes Gedränge. An diesem Freitag begannen in Hamburg einwöchige Schulferien.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher zeigte sich schockiert über den Messerangriff. Die Tat sei erschütternd, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X. Er fügte an: „Die Täterin ist in Gewahrsam. Ich wünsche den Opfern der Tat viel Kraft und hoffe, dass auch die Schwerverletzten gerettet werden.“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb auf X: „Die Nachrichten aus Hamburg sind bestürzend. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Mein Dank geht an alle Einsatzkräfte vor Ort für ihre schnelle Hilfe.“

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte den Messerangriff. „Es ist schockierend, wenn Reisende hinterhältig und feige attackiert werden“, sagte Dobrindt laut seines Ministeriums in der Nacht.

Opferbeauftragter bietet Hilfe an

Der Hamburgische Opferbeauftragte bot Betroffenen seine Hilfe an. Das Angebot richte sich nicht nur an Menschen, die eine körperliche Verletzung erfahren haben, sondern auch an Personen mit seelischem Hilfebedarf.

Der Beauftragte hat die Aufgabe, den Opfern von Terroranschlägen und Katastrophen und deren Angehörigen unterstützend zur Seite zu stehen.

Alltag wenige Stunden nach der Attacke

Der Bahnverkehr läuft seit den frühen Morgenstunden wieder wie gewohnt. Die Gleise sind entsprechend voll. In Hamburg haben die einwöchigen Schulferien begonnen und viele Menschen starten ihre Reise vom Bahnhof aus.

Am Tatort, also dem Bahnsteig zwischen Gleis 13 und 14, war von der Attacke schon am Samstagmorgen kaum noch etwas zu sehen. Lediglich kleinere Blutspuren am Boden zeugten von der grausamen Tat.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde um 18.58 Uhr aktualisiert.

Die Polizei hat eine Frau unter Tatverdacht festgenommen.

Die Polizei hat eine Frau unter Tatverdacht festgenommen. Foto: Georg Wendt/dpa

Der Hamburger Hauptbahnhof war nach dem Messerangriff weiträumig abgesperrt.

Der Hamburger Hauptbahnhof war nach dem Messerangriff weiträumig abgesperrt. Foto: Christian Charisius/dpa

Die Spurensicherung war für mehrere Stunden vor Ort.

Die Spurensicherung war für mehrere Stunden vor Ort. Foto: Georg Wendt/dpa

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