TNach Mordauftrag vom Vater: Stader Staatsanwaltschaft äußert sich

Der Familienvater wird voraussichtlich vor dem Landgericht Stade angeklagt. (Symbolbild) Foto: Sina Schuldt/dpa
Ein Familienvater wollte seinen Sohn zum „Ehrenmord“ an seiner eigenen Schwester anstiften. Was die Staatsanwaltschaft Stade dazu sagt und welche Hilfsangebote es gibt.
Landkreis Cuxhaven/Stade. Ein Vater, der offenbar nicht nur einem veralteten Ehrbegriff anhängt, sondern auch gewalttätig ist: So hat sich der 46-jährige Familienvater in der Gemeinde Wurster Nordseeküste (Landkreis Cuxhaven) präsentiert.
Versuchte Anstiftung zum Mord an Schwester
Der Geflüchtete aus Syrien war 2019 nach Deutschland eingereist, kam jedoch offenbar mit der hiesigen Kultur nicht klar. In der vergangenen Woche soll er seinem 17-jährigen Sohn aufgetragen haben, seine zwei Jahre ältere Schwester zu ermorden und es wie einen Unfall aussehen zu lassen.
Bereits eine Woche zuvor musste der Mann der Wohnung verwiesen werden, da er seine Frau und Tochter massiv bedroht und schwer beleidigt haben soll. Dank des besonnenen und mutigen Vorgehens des Sohnes kam es nicht zum Verbrechen.
Mittlerweile befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Auf absehbare Zeit wird von ihm für die Familie keine Gefahr mehr ausgehen. Wie die in dem Fall ermittelnde Staatsanwaltschaft Stade mitteilte, wird der Mann auf längere Zeit von der Familie getrennt sein.
Fall wird vermutlich vor Landesgericht Stade verhandelt
Oberstaatsanwalt Johannes Kiers sagte auf Anfrage der Nordsee-Zeitung, dass der Beschuldigte voraussichtlich vor dem Landgericht Stade angeklagt werde. Dass der Fall vor dem Landgericht behandelt wird, sage bereits etwas über die Schwere der Vorwürfe. Grundsätzlich sei mit einer längeren Freiheitsstrafe zu rechnen. Im Vergleich zu Amtsgerichten sind Landgerichte für schwerere Straftaten zuständig. Die erwartete Freiheitsstrafe beginnt ab vier Jahren.
Zur Dauer der Ermittlungen wollte sich der Oberstaatsanwalt nicht festlegen. Bei Strafsachen gelte für die Ermittlungen der Beschleunigungsgrundsatz. Dabei solle aber auch die Gründlichkeit nicht zu kurz kommen. „Schnelligkeit und Gründlichkeit sollen Hand in Hand gehen. Wir versuchen, die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen“, sagt Kiers.
83 Frauen Opfer von Gewalt, 29 davon wurden 2024 getötet
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums wurden im Land im vergangenen Jahr 83 Fälle von Mord und Totschlag an Frauen erfasst, die im Kontext häuslicher Gewalt standen. In 54 der 83 Fälle handelte es sich um versuchte Taten, in den übrigen 29 Fällen verloren die Frauen ihr Leben. Bei wie vielen Fällen es sich dabei um sogenannte Ehrenmorde handelt, wird in der Statistik nicht erfasst.
Das könnte sich in Zukunft ändern. Die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann hat sich laut ihrem Ministerium für eine Gesetzesergänzung starkgemacht. Auf ihre Initiative hin wurde bei der vergangenen Justizministerkonferenz beschlossen, Femizide als Mord zu ahnden. Den Bund haben die Justizminister erstmals aufgefordert, eine Ergänzung des Mordparagrafen um ein Merkmal zur Erfassung trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierter Tötungen zu prüfen.
Schutz von Mädchen und Frauen zentrales Anliegen
Das Land Niedersachsen verfolgt nach eigenen Angaben einen umfassenden Ansatz gegen Gewalt. Aufklärung findet in Schulen und Jugendzentren statt, vor allem in Regionen mit vielen Migranten. Ziel sei es, junge Menschen für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu stärken.
Landesweit sorgen nach Angaben des Justizministeriums auf kommunaler Ebene rund 200 Präventionsgremien und über 40 Runde Tische gegen häusliche Gewalt für Fortbildungen, Beratung und Vernetzung zur Verhinderung von Gewalt an Mädchen und Frauen. Und der niedersächsische Aktionsplan richtet sich gegen häusliche Gewalt und setzt die Istanbul-Konvention um.
Wo gibt es Hilfe?
- Krisentelefon gegen Zwangsheirat: Zu erreichen unter der Telefonnummer 0800 0667888 oder über die Mail-Adresse zwangsheirat@kargah.de, im Internet: zwangsheirat.de
- Kriseninterventionsplatz Anonyme Wohngruppe und Schutzeinrichtung (Ada): für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund. www.ada-schutzhaus.de
- Herzsprung – Freundschaft, Liebe, Sexualität ohne Gewalt: Das Präventionsprogramm widmet sich der frühzeitigen Vorbeugung patriarchaler Muster in jungen Beziehungen. Es möchte in Teenagerbeziehungen Gewaltprävention fördern. www.herzsprung-programm.de
- StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt: Das Programm dient der Stärkung zivilgesellschaftlicher Verantwortung auf Stadtteilebene und sorgt für Nachbarschaftsnetzwerke gegen Partnergewalt. stop-partnergewalt.org
- HEROES: Das Programm „HEROES“ richtet sich an Jungen und junge Männer mit Migrationsgeschichte und dient der Auseinandersetzung mit Ehrkulturen und patriarchalen Rollenzuweisungen. heroes-netzwerk.de