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Cassandra Nanfack

TNach bewegter Zeit: Ex-BSV-Spielerin tritt wieder in Buxtehude an

Mutter und Bundesliga-Handballerin: Cassandra Nanfack mit ihrem bald einjährigen Sohn Kaiden.

Mutter und Bundesliga-Handballerin: Cassandra Nanfack mit ihrem bald einjährigen Sohn Kaiden. Foto: Lars Breitzke

Die ehemalige Buxtehuder Handballerin Cassandra Nanfack (24) hat ein bewegtes Leben. Erst starben ihre Eltern, vor einem Jahr bekam sie einen Sohn und jetzt spielt sie ihre erste Bundesliga-Saison. Am Samstag geht es nach Buxtehude.

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Von Tim Scholz
Donnerstag, 19.10.2023, 06:00 Uhr

Solingen. Dezember 2021, kurz vor Weihnachten. Cassandra Nanfack übernachtet bei ihrer Mutter im Krankenhaus. An dem einen Tag sei sie noch gut drauf gewesen, sagt Nanfack, „am nächsten Tag war es einfach vorbei.“ Mutter Anne starb an Krebs, sie wurde 50 Jahre alt.

Cassandra Nanfack und ihre beiden jüngeren Schwestern waren nun auf sich alleine gestellt. Denn ein Jahr zuvor war bereits Familienvater Rudolf verstorben, der Stiefvater von Cassandra. „Es war eine harte Zeit“, sagt Nanfack. Die Schwestern trauerten.

Wie kommt man mit so einem Schicksalsschlag zurecht, auf den ein junger Mensch nicht vorbereitet ist? „Ein Leben war vorbei, aber ich war voll fokussiert auf das neue Leben, das in mir war.“

Kurz nach dem Tod ihrer Mutter hatte Nanfack erfahren, dass sie schwanger war. Und das gab ihr Halt.

Leben mit Sohn, Studium und Sport

Seit knapp einem Jahr ist Cassandra Nanfack Mutter eines Sohnes. Kaiden sei ein Abbild ihrer selbst, sagt sie. „Er ist sehr offen, strahlt immer und ist sehr hilfsbereit“, sie lacht, „ja, er hilft mir auch beim Anziehen der Schuhe.“

Nanfack zieht Kaiden alleine auf, sie studiert Lehramt für sonderpädagogische Förderung und spielt mit Aufsteiger Solingen-Gräfrath ihre erste Bundesliga-Saison. „Ohne Handball geht es nicht - das habe ich schon während der Schwangerschaft gemerkt. Aber ich merke auch, dass es gerade etwas viel wird“, sagt Nanfack. Tagesmutter, Babysitter und Familie helfen ihr im Alltag.

Im Verein freute man sich über die Nachricht, fragte sich aber auch, was der Ausfall bedeutet. „Wir waren in einer entscheidenden Phase der Saison“, sagt Trainerin Kerstin Reckenthäler. Solingen spielte um den Bundesliga-Aufstieg.

„Der kleine Mann tut ihr extrem gut“

Kaiden wurde ein gern gesehner Gast in der Halle. Und Nanfack habe anfangs lernen müssen, beim Training auch mal nicht „Mama“ zu sein, sondern Handballerin, sagt Reckenthäler, aber das habe sich gut eingependelt. „Ich denke, der kleine Mann tut ihr extrem gut.“

Am Samstag (16 Uhr) wird Kaiden beim Bundesliga-Duell zwischen Buxtehude und Solingen in der Halle Nord sein. Für seine Mutter ist es ein besonderes Spiel. Nanfack kehrt erstmals an ihre frühere Wirkungsstätte zurück.

Cassandra Nanfack kam mit sechs Jahren von Kamerun nach Deutschland, Sachsen-Anhalt. In ihrer Kindheit wurden sie und ihre Schwestern wegen ihrer Hautfarbe beleidigt und mit Bierflaschen beworfen. Die Familie zog nach Hamburg.

Athletische und durchsetzungsstarke Handballerin

2016 bis 2019 spielte sie in der BSV-Jugend. Nanfack pendelte fast täglich mit der Bahn aus dem Hamburger Osten nach Buxtehude, fiel in der Mannschaft von Trainerin Heike Axmann mit guter Athletik und enormem Durchsetzungsvermögen auf. 2018 wurde sie deutsche Vizemeisterin mit der A-Jugend und beste Spielerin des Finalturniers. Man traute ihr den Sprung in die erste oder zweite Liga zu.

Nanfack ist eine recht kleine Rückraumspielerin. Das ist auch der Grund, warum sie nicht in der deutschen Jugendnationalmannschaft zum Einsatz kam. Die Trainer meinten, sie habe mit nur 1,62 Meter Körpergröße keine Chance, sagt Nanfack.

Doch sie setzt ihren Körper anders ein. Nanfack sucht das Eins-gegen-eins, den Weg in die Lücke, um dann zum Wurf zu kommen. In der Abwehr zieht sie Fouls, versucht, das Spiel zu zerstören. „Es regt mich auf, wenn ich nicht alles gegeben habe“, sagt Nanfack. 2019 wechselte sie nach Buchholz, seit 2020 spielt sie für Solingen.

Vorfreude auf Rückkehr nach Buxtehude

Am Ende der vergangenen Saison nahm Solingen Kurs auf die Bundesliga und Nanfack, gerade Mutter geworden, stand wieder auf dem Feld. „Wir haben auf jeder Position gebrannt. Das war ein intensives Erlebnis“, sagt sie. Solingen stieg zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die erste Liga auf.

Nanfack freut sich jetzt auf das Spiel in Buxtehude. Familie, Freunde und der Sohn kommen in die Halle und sehen Solingen nicht unbedingt als Außenseiter. Der Aufsteiger hat nach vier Spieltagen zwei Punkte, steht in der Tabelle vor dem BSV. „Wir brennen darauf, Buxte zu schlagen“, sagt Nanfack. Der BSV bezeichnet das Duell als richtungsweisend.

Nach dem Spiel wird Cassandra Nanfack nicht in den Mannschaftsbus steigen. Kaiden wird am Sonntag ein Jahr alt - und das will sie bei ihren Geschwistern in Hamburg feiern.

Tickets für das Spiel gibt es unter tickets.bsv-live.de. Alle BSV-Handball-Kinder haben bei diesem Spiel freien Eintritt.

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