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TNeue Eliteförderung im Mädchen-Handball: BSV reagiert auf DHB-Ohrfeige

BSV-Geschäftsführer Peter Prior: „Wenn der DHB glaubt, dass er es besser machen kann, dann mal los.“

BSV-Geschäftsführer Peter Prior: „Wenn der DHB glaubt, dass er es besser machen kann, dann mal los.“ Foto: Jan Iso Jürgens/IsoluxX Fotografie (Archiv)

Der DHB will die Eliteförderung im Mädchen-Handball selbst in die Hand nehmen. Bringt der Verband den Sport wieder an die Weltspitze oder wären Alternativen besser? Der Buxtehuder SV reagiert auf ein heftiges Statement von Präsident Michelmann.

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Von Lars Wertgen
Freitag, 02.02.2024, 15:30 Uhr

Buxtehude. BSV-Legende Stefanie Melbeck war dabei, als Deutschland 2007 die letzte WM-Medaille im Frauen-Handball gewann. Seither hinkt man der Weltspitze hinterher. Um die Durststrecke zu beenden, will der DHB die Eliteförderung selbst in die Hand nehmen.

Nach der von Axel Kromer (DHB-Vorstand Sport) initiierten Idee bilden sich Top-Talente unter der Woche in zwei Leistungszentren (Stuttgart und Leipzig) individuell weiter. Am Wochenende reisen die Spielerinnen nach Hause, um am Ligabetrieb ihrer Vereine teilzunehmen, so der Plan.

DHB-Präsident schießt scharf

„Weil die Clubs in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie es nicht schaffen, damit in der Nationalmannschaft dauerhaft in der Weltspitze anzukommen, haben wir gesagt, hilft das ganze Gejammere und Gezeter nichts“, begründet DHB-Präsident Andreas Michelmann den Schritt. Rums.

„Wenn der DHB glaubt, dass er es besser machen kann, dann mal los. Wettbewerb hat noch nie geschadet“, reagiert Peter Prior gelassen. Der BSV-Geschäftsführer hätte sich aber lieber eine verstärkte Zusammenarbeit gewünscht. Prior: „Man hätte gemeinsam mit dem DHB schauen können, wo die bestehenden Talentschmieden Unterstützung benötigen, um noch besser arbeiten zu können.“

Bislang seien etwa die Leistungszentren der Mädchen nicht so mit den Schulen vernetzt wie bei den Jungen. „Warum geht man zudem nicht in die Vereine, um Trainer zu schulen und die Ausbildung - auch und gerade für bestimmte Positionen - gemeinsam zu optimieren?“, so Prior.

Deutschlands Emily Bölk jubelt über ihren überraschend klaren Sieg gegen Polen.

Handball-Star Emily Bölk wurde in Buxtehude ausgebildet. Foto: -/dpa

Viele offene Fragen

Das DHB-Konzept ist nicht neu: Die Schweiz und Niederlande arbeiten erfolgreich nach ähnlichem Muster - zwei Ländern die deutlich kleiner sind. Prior: „Ob es auch in Deutschland funktioniert, bleibt abzuwarten.“ Seine Empfehlung: ein Modellversuch in einer Stadt.

Der Buxtehuder SV und andere Leistungszentren fragen sich auch: Bekommt der DHB wirklich die besten Trainer für sein Konzept? Und ist es für diese die Erfüllung, die Spielerinnen nur unter der Woche zu trainieren und nicht bei den Spielen zu begleiten? Werden die Vereinstrainer die DHB-Talente überhaupt am Wochenende in der Dritten Liga, Zweiten oder gar Ersten Bundesliga einsetzen, wenn sie die ganze Woche nicht beim Mannschaftstraining waren?

Schulische Ausbildung leidet

Vielleicht wollen die Spielerinnen (ab 14 Jahren) auch gar nicht regelmäßig durch das Land reisen und fühlen sich in den bisherigen Leistungszentren wohl. Ein weiterer Faktor: die schulische Bildung, so Sportwissenschaftler Arno Güllich von der Technische Universität Kaiserslautern gegenüber „Sport inside“ (WDR).

„Viele in den Förderprogrammen haben sinkende Schulleistungen.“ Dies sei bei Mädchen besonders kritisch, da sie eine deutlich schlechtere Perspektive haben, sich mit Sport finanziell abzusichern.

Viola Leuchter (r) aus Deutschland in Aktion

Top-Talente gibt es in Deutschland durchaus: Viola Leuchter (SG BBM Bietigheim) wurde bei der WM 2023 beste Nachwuchsspielerin. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix/AP/dpa

Eliteförderung nach Vorbild der Volleyballer?

Einen anderen Weg will Bob Hanning bei den Jungen einschlagen. Der Geschäftsführer der Füchse Berlin und Trainer des Zweitligisten 1. VfL Potsdam möchte ein Team Deutschland bilden, sollte der VfL aufsteigen. Die Bundesligisten könnten dann als Leihe ihre Talente in Potsdam Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln lassen. „Kräfte bündeln“, nennt es der 55-Jährige.

Das Modell wird im Volleyball mit dem VC Olympia bereits umgesetzt. Dort spielt die Junioren-Nationalmannschaft im Ligabetrieb mit.

Xenia Smits traf gegen Japan in letzter Sekunde.

Xenia Smits zählt zu den wenigen Legionären im deutschen Damen-Handball. Foto: Sven Hoppe/dpa

DHB will mittelfristig Medaillen

Der DHB hat das Jahrzehnt des Handballs ausgerufen und sieht für die Frauen eine Olympia-Teilnahme 2024 in Paris, mindestens den Halbfinal-Einzug bei der Heim-WM 2025 und eine olympische Medaille bei den Spielen 2028 vor.

Will der DHB seine großen Ziele erreichen und um Medaillen spielen, dann dürfe er nicht nur auf die Ausbildung der Talente schauen, findet Prior: „Was kommt denn danach? Für Medaillen-Träume benötigen wir Nationalspielerinnen, die auf höchstem internationalen Niveau möglichst regelmäßig gefordert sind. Da sind uns andere Nationen leider weit voraus.“

Aus dem aktuellen DHB-Kader standen nur Emily Bölk, Alicia Stolle und Xenia Smits schon einmal im Final Four der Champions League. In der aktuellen Saison spielen nur acht Deutsche in der Königsklasse. Fast 50 Spielerinnen sind hingegen von Weltmeister Frankreich dabei, die - wie auch Teams aus Ungarn und Norwegen - eine deutlich größere finanzielle Förderungen erhalten.

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