TNeues Konzept: Bald Gewerbe auf geschützten Flächen in Ottenbeck?

Anwohner aus Ottenbeck wollen nicht, dass sich auf der Rinderweide an der beliebten Spazierstrecke Gewerbebetriebe ansiedeln. Ihr Protest verpuffte wirkungslos. Entschieden ist damit aber noch nichts. Foto: Stehr
Die Stadt Stade will sich einen Überblick verschaffen über mögliche Gewerbegebiete. Eine landschaftlich geschützte Galloway-Weide in Ottenbeck gehört dazu. Das sorgt für Unmut.
Stade. Das Ottenbecker Forum hatte während der Einwohnerfragestunde der Ratssitzung noch einen Vorstoß gewagt und die Politiker und Politikerinnen aufgefordert, die entsprechenden Flächen nicht für eine gewerbliche Nutzung freizugeben. Die Mehrheit sagte dennoch Ja zum Gewerbeflächen-Entwicklungskonzept der Stadt.
Naherholung und Naturschutz in Ottenbeck
Das umstrittene Gebiet liegt in einem Landschaftsschutzgebiet im Stader Süden, nahe dem Modellflugplatz. Derzeit wird es von einer Herde Galloway-Rinder genutzt. Die Flächen gehören zum Naherholungsgebiet für viele Ottenbecker und dienen dem Naturschutz. Darauf hob Karin Aval (Grüne) ab.
Eine gewerbliche Nutzung widerspreche dem vorhandenen Schutzstatus diametral, sagte sie im Rat. Das Motto Leben und Arbeiten in Ottenbeck gehörte einst zur Umwandlung des Kasernengeländes in einen neuen Stadtteil. Die Stadt solle nicht auf die geschützten Flächen zurückgreifen, sagte sie unter Applaus der Zuhörer.
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Es handele sich um ein Konzept für die gesamte Stadtfläche, sagte Felix Kruse von der CDU. Erster Stadtrat Lars Kolk wies darauf hin, dass kein konkretes Projekt auf der Fläche geplant sei. Wenn es so komme, in Nachbarschaft zu Airbus, CFK-Nord und Wasserstoffforschung, werde die Öffentlichkeit einbezogen und das Für und Wider abgewogen.
Tristan Jorde von den Linken erinnerte die Ratsmitglieder an die Probleme der Stadt, wenn sie Ausgleichsflächen bereitstellen müsse für Eingriffe in die Natur. Er wollte wie die Grünen die umstrittenen Flächen aus dem Konzept gestrichen sehen. Die Mehrheit stimmte anders ab, die fünf Hektar in Ottenbeck bleiben im Portfolio für mögliche Gewerbeflächen-Ausweisung.
Der Stadt fehlen Flächen für Gewerbeansiedlung
Hintergrund des jetzt beschlossenen Konzepts: Der Stadt fehlen Gewerbeflächen. Bis 2040 wird in dem Gewerbeflächen-Entwicklungskonzept von Gutachtern ein Bedarf von gut 50 Hektar prognostiziert. Sie sollen dafür dienen, dass sich neue Betriebe ansiedeln oder vorhandene Firmen erweitern können.
Die Stadt muss sich Gedanken machen, wo sie Flächen aufkauft und zu Gewerbeflächen umwandelt. Ein Großteil der möglichen Bereiche ist in privater Hand. Um Preistreiberei zu vermeiden, wird erst Land gekauft und dann werden die Flächen planerisch entwickelt.

Eine fünf Hektar große Fläche im Landschaftsschutzgebiet, auf der Galloway-Rinder weiden, könnte zur Gewerbefläche werden. Foto: Stehr
Zudem stehen die Preise fest, die die Stadt zahlt. Laut Kolk sind es auf der Geest 22 Euro pro Quadratmeter und in der Marsch - wegen der höheren Gründungskosten - 17 Euro. Die Stadt betreibe bereits Vorratshaltung, aber nicht alle (Landwirte) wollen verkaufen.
Im Visier von Stadtplanung und Wirtschaftsförderung sind auch brachliegende Flächen in bereits ausgewiesenen Gewerbegebieten, die sich Firmen für eventuelle Erweiterungen gesichert haben.
Nicht zu vergessen sind die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in die Natur, wenn sich Gewerbe ansiedelt. Um die Gemengelage übersichtlicher zu strukturieren, soll jetzt ein digitales Grundstücksmonitoring aufgesetzt und ständig gepflegt werden.
Ansiedlungen nahe Airbus, CFK und Wasserstoff
Die Empfehlung der Gutachter: Die vorhandenen Cluster (Schwerpunkte) wie CFK- oder Wasserstoff-Forschung sollten ausgebaut werden. Auch dafür müssten Flächen bereitgestellt werden, diese dann möglichst in Ottenbeck, wo auch die Galloway-Weide liegt. Ziel ist ein vorausschauendes und strukturiertes Flächenmanagement.
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Laut dem Gewerbeflächen-Entwicklungskonzept besteht „ein eklatanter Mangel an Gewerbeflächen“, der schon heute „ein aktuelles Problem“ darstelle. Dazu geselle sich „das Risiko zunehmender Flächenknappheit im Laufe der Zeit“. Die Stadt muss sich also auf die Suche nach neuen Gebieten machen, um neues Gewerbe an- oder bestehende Betriebe mit Expansionswunsch umzusiedeln. Das ist leichter gesagt als getan.
Stade weist laut Untersuchung 206 Hektar „qualifizierte Potenzialflächen“ auf. Eine entsprechende Datenbank wurde eingerichtet. Die Krux: Lediglich 35 Hektar sind Eigentum der Stadt. Nur hier hätte sie direkten Zugriff. 155 Hektar befinden sich in Privatbesitz. Bei gut 15 Hektar liegt eine Mischform vor. Umso mehr brauche es eine kommunale Gewerbeflächenentwicklung, sagt das Gutachten. Der Rat folgte dieser Marschroute.
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