TNottensdorfer Grüne fordert ein Umdenken in der Lokalpolitik

Alexandra Sadelfeld sitzt für die Grünen im Nottensdorfer Rat. In ihrem heimischen Grün fühlt sie sich pudelwohl. Foto: Buchmann
Ungeplant fand Alexandra Sadelfeld ihren Weg in die Lokalpolitik. Doch Frauen sind unterrepräsentiert, auch im Nottensdorfer Rat. Das will sie ändern.
Nottensdorf. Mit Politik hatte Alexandra Sadelfeld nie etwas am Hut. Dann kam die Corona-Pandemie mit Lockdown, Sicherheitsabständen und Maskenpflicht. In dieser Zeit begann die Nottensdorferin, sich Gedanken über die politischen Zusammenhänge zu machen. „Ich wäre vorher gar nicht auf die Idee gekommen, mich politisch zu engagieren“, sagt sie heute.
Alexandra Sadelfeld zog bei der Kommunalwahl 2021 erstmals in den Nottensdorfer Rat ein, als erste Grünen-Politikerin. Angespornt hatte sie ihre Volleyball-Kollegin Ina Ecks, die bis Anfang 2025 im Dollerner Gemeinderat für die Grünen saß.
Mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern lebt Sadelfeld seit über zehn Jahren in der kleinen Gemeinde. Sie seien damals zufällig auf Nottensdorf gestoßen, sagt die 43-Jährige, die in Hamburg Maschinenbau studierte und als Entwicklungsingenieurin beim Stader Airbus-Werk arbeitet. „Wir mochten den dörflichen Charakter, und dass wir den Wald direkt vor der Tür haben“, sagt sie. Besonders für ihre Kinder sei ihr wichtig gewesen, dass sie im Grünen großwerden.
Flucht aus Rumänien führt ungeplant nach Hamburg
Sadelfeld selbst wuchs mit ihrer Zwillingsschwester in Rumänien auf. Nach dem Sturz des rumänischen Diktators Ceaușescu verließ die Familie der damals Achtjährigen das Land und wollte in Schweden Zuflucht finden. „Meine Eltern wollten sicherstellen, dass es uns gut geht“, sagt Alexandra Sadelfeld. Deshalb bekomme sie heute immer noch „einen dicken Hals“, wenn jemand von Betroffenen aus Krisengebieten als „Sozialschmarotzer“ redet. Doch die Familie strandete ungeplant in Hamburg, denn ein Visum für Schweden bekam sie nicht.
Kommunalpolitik
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Die nächsten Jahre verbrachte die Familie in Hamburg, hangelte sich durch die deutsche Bürokratie. Ihre Mutter sei Bauingenieurin gewesen, sagt Sadelfeld. Doch weil die Behörden ihr Studium nicht anerkannten, durfte sie nur als Bauzeichnerin arbeiten.
Alexandra Sadelfeld und ihre Schwester bekamen zu Anfang Förderunterricht, denn Deutsch sprach niemand von ihnen. Diese Zeit habe sie bis heute geprägt, auch in ihrem politischen Verständnis. „Der Klimawandel ist eine Gefahr für uns alle. Aber nachhaltig zu leben bedeutet für mich auch, wirtschaftlich zu denken“, sagt sie.
Frauen in Nottensdorfer Rat unterrepräsentiert
Bevor sich Alexandra Sadelfeld für die Kommunalwahlen vor vier Jahren aufstellen ließ, habe sie lange hin und her überlegt, gesteht sie. „Man ist in der Öffentlichkeit sichtbar, aber so extrovertiert wie heute war ich damals nicht“, sagt Sadelfeld. Auch die Zusammensetzung der Räte habe sie ins Grübeln gebracht.
Frauen sind für die Politik prädestiniert, weil sie im Alltag vieles gleichzeitig managen können.
Alexandra Sadelfeld, Grünen-Politikerin aus Nottensdorf
„Es gibt ja das Klischee von den alten, grauhaarigen Herren, die dort sitzen“, sagt sie. Doch schnell habe sie erkannt, dass da nichts dran ist. „Ich kann mit allen gut reden und zusammenarbeiten“, sagt sie. Doch es fällt auf: Im zehnköpfigen Gemeinderat ist neben Sadelfeld lediglich Heike Brehmer (CDU) als weitere Frau vertreten.
Alexandra Sadelfeld möchte dazu beitragen, dass die Räte zukünftig gleichberechtigter besetzt sind. „Frauen sind für die Politik prädestiniert, weil sie im Alltag vieles gleichzeitig managen können“, sagt sie. Ein Grund dafür, dass Frauen in den Räten unterrepräsentiert sind, sieht sie in der Verteilung der Care-Arbeit.
„Frauen sollen sich um Familie, Beruf, Pflege und die eigene Gesundheit kümmern“, sagt Sadelfeld. Da bleibe wenig Zeit für andere Dinge. Hier müsse sich dringend das Mindset ändern und die Arbeit fairer verteilt werden, fordert sie.
Sadelfeld ist sich sicher: Durch mehr Frauen in der Politik würde sich auch die Gremienarbeit verändern. „Die Räte wären produktiver und wir würden mehr umgesetzt bekommen“, sagt sie. Bei der nächsten Kommunalwahl will Alexandra Sadelfeld wieder antreten und versuchen, mehr Frauen für die Politik zu begeistern. „Für mich ist dieses Amt nicht nur eine Pflicht, sondern ein Recht. Und das möchte ich wahrnehmen.“
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