TObstbaum-Arche soll alte Sorten retten
Der Osterbrucher Reimer Esselborn gibt in seiner Arche alten Obstsorten eine Chance. Foto: Mangels
Wer kennt noch den Hadler Sommerprinz, wer die Baljer Zuckerbirne? Ein Ehepaar aus Osterbruch setzt sich für den Erhalt der alten Obstsorten ein, aber eine Förderung gestaltet sich schwierig.
Osterbruch. Geheimrat Dr. Thiel, Maren Nissen, Ernst Bosch, Josefin von Mecheln - wenn Reimer Esselborn durch die Reihen seiner Obstbäume führt, stellt er sie vor, als wären es gute Freunde. Esselborn kennt jede Frucht ganz genau, der Laie hingegen kann die Äpfel, Birnen und Pflaumen nur schwerlich auseinanderhalten. Doch bei manchen hilft der Name auf die Sprünge: Der Purpurrote Cousinot, eine alte Apfelsorte, leuchtet purpurrot, und die Forellenbirne erinnert wegen ihrer Punkte auf der Schale tatsächlich ein wenig an Forellenhaut.
In Esselborns Obstbaum-Arche am Norderende stehen Bäume von fast 300 verschiedenen Apfelsorten, dazu kommen noch 45 Birnensorten, 40 Pflaumensorten und eine Süßkirschenallee mit 20 Sorten. Überwiegend handelt es sich dabei um alte, historische Obstsorten, die im normalen Handel schon lange nicht mehr zu bekommen sind. Denn Reimer Esselborn und seine Frau Ulrike haben eine Mission: die Vielfalt retten, ein Kulturerbe bewahren und Flora und Fauna einen geschützten Lebensraum bieten. „Wir möchten der Natur etwas zurückgeben“, sagt Reimer Esselborn.
Der Schwerpunkt lag auf den alten Apfelsorten
Die Osterbrucher Familie hat auf ihrem landwirtschaftlichen Betrieb viele Jahre Obstbau betrieben. Der Schwerpunkt lag auf den alten Apfelsorten. Reimer Esselborn war in der Qualitätskontrolle für Obst und Gemüse bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung tätig, die vergangenen zehn Jahre bundesweit als Ausbilder für Qualitätskontrolleure. Für ihn war der Obstbaubetrieb immer ein Nebenerwerb. Seine Frau Ulrike stieß 1985 dazu, als sie als Baumschulgesellin eingestellt wurde. Im vergangenen Jahr gab das Ehepaar die Obstbaumschule auf und verabschiedete sich in den Ruhestand.

Was Menschen nicht mehr essen wollen, ist für die Schmetterlinge ein Genuss: Die Falter stehen auf die alten Pflaumensorten. Foto: Mangels
Und was passiert jetzt mit den Obstbäumen? Mit dem Hadler Rotfranch und dem Juwel von Kirchwerder, mit der Herrenhäuser Christbirne und der Otterndorfer Frühzwetsche? Ulrike und Reimer Esselborn möchten nicht, dass diese alten regionalen Obstsorten komplett von der Bildfläche verschwinden und haben das Projekt „Obstbaum-Arche Esselborn“ auf den Weg gebracht. Statt die Bäume zu roden, soll auf einer 3,3 Hektar großen Restfläche eine Naturoase entstehen. „Die Vorbereitungen dafür haben wir schon vor zwölf Jahren getroffen“, sagt Reimer Esselborn.
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Bürgermeister und Gemeinderat unterstützen Obstbaum-Arche
Auf der einstigen Intensivkulturfläche sind nicht nur fast 400 alte Obstsorten angesiedelt, sondern auch Windschutzhecken und eine 2003 angelegte Kopfbaumreihe. „Unser Grundgedanke ist, der Natur einen kleinen Raum zu erhalten, wo Pflanzen, Insekten, Vögel und andere Tiere einen geschützten Rückzugsort finden“, so Esselborn.
Das Areal komplett der Natur zu überlassen und nicht mehr einzugreifen, funktioniert allerdings nicht. Die Obstbäume müssen regelmäßig geschnitten, die Benjeshecken gepflegt und das Gras gemäht werden. „Solange ich das körperlich schaffe, will ich das auch gern noch machen“, sagt der 68-Jährige. Aber eine gewisse Unterstützung, vor allem finanzieller Art, würde er sich für dieses besondere Naturschutzprojekt schon wünschen.
Osterbruchs Bürgermeister Peter von Spreckelsen und der Gemeinderat stehen hinter der Obstbaum-Arche und bemühen sich um einen Zuschuss, etwa über das Förderprogramm „Regional am Kanal“. Aber eine finanzielle Förderung des Projekts ist schwierig, weil in der Regel nur einzelne Maßnahmen begünstigt werden. „Eine Förderung über mehrere Jahre ist nicht möglich“, sagt Peter von Spreckelsen. Aber so schnell gibt der Lokalpolitiker nicht auf. Zusammen mit Planerin Christiane Sell-Greiser, die das Programm „Regional am Kanal“ betreut, sucht er weiter nach Fördermöglichkeiten.
Möglicherweise könnte ein Förderverein die Lösung für den Erhalt der Osterbrucher Obstbaum-Oase sein. „Es wäre ein Jammer und ein Frevel, würden wir uns dieser Insel der Nachhaltigkeit entledigen“, sagt Peter von Spreckelsen.