TOpen Stadeum: Entdeckungstour durch Stades Kulturtempel

Eis im Foyer und eine kleine Erkundungspause: Dennis Fehlberg, Antonia, Nadine, Finley und Mariella Greibich aus Steinkirchen (von links) wollen wiederkommen. Foto: Fehlbus
Eine Bühne für alle und alle Türen offen. Unter dem Motto startete jetzt das Holk-Kultur-Festival. Dabei gab es ganz neue Einblicke, selbst für erfahrene Theater-Gänger.
Stade. Luftballons und Popcorn-Duft - das Stadeum hat in diesem Jahr einen besonderen Start ins Holk-Kultur-Festival gefeiert. Der traditionelle Glockenschlag zur Eröffnung am Abend durfte nicht fehlen. Aber vorher ging es bemerkenswert bunt, locker und familiär zu. „Keine Tür ist verschlossen“, sagt Stadeum-Mitarbeiter Tobias Giehler beim Start einer Tour, die auch in die entlegensten Winkel des Stader Kulturtempels führt: bis in die obersten Spitzen des Dachs und in die Tiefen des Orchestergrabens.

Das Stadeum hatte alle Türen geöffnet, nicht nur am Eingang, auch hinter den Kulissen. Foto: Fehlbus
Die Stader dürfen ihrem Veranstaltungs- und Kulturzentrum sprichwörtlich aufs Dach steigen.
Roland Kaiser nannte den Saal sein Wohnzimmer
„Dann gehen wir mal los“, sagt Tobias Giehler und marschiert in Richtung Bühne. Wer hier noch nie gestanden hat, bekommt einen Eindruck davon, wie sich die Stars fühlen, die im Rampenlicht auf den Brettern stehen und ins Publikum sehen. 3000 Zuschauer stehend, das ist die maximale Besucherzahl.

Tobias Giehler arbeitet seit 32 Jahren im Stadeum hinter den Kulissen. Er kann viele Geschichten erzählen. Foto: Fehlbus
„Für manche Stars ist das heute ein bisschen klein“, sagt Giehler. Einige kämen erst ab 5000 Zuschauern stehend. Aber die großen Namen am Eingang beweisen, dass das nicht das einzige Kriterium ist. „Roland Kaiser hat hier mal auf der Bühne gestanden, über die Reihen geblickt und gesagt, er fühle sich wie bei sich zu Hause im Wohnzimmer“, erzählt Giehler, weil es für ihn ungewohnt klein, aber auch fast heimelig war.
Stress mit dem Fax: Als das Orchester die Noten vergaß
Tobias Giehler arbeitet seit 32 Jahren im Stadeum. Sein Arbeitsplatz ist hinter der Bühne: ein unscheinbarer Stuhl, ein Paar Knöpfe, mit denen sich der Vorhang bewegen lässt. Von hier aus hat er viele Stars gesehen, kann manche Anekdote erzählen. Wie die mit den vergessenen Noten: „Einmal hatten wir eine Opernaufführung hier und das Orchester hatte die Noten nicht dabei“, sagt er. Vor der Aufführung wurde es richtig hektisch. Es war noch in der Zeit, als es nicht einfach schnell die Möglichkeit gab, eine E-Mail zu schicken.

Ein Telefon im Backstage-Bereich, das aus der Gründungszeit des Stadeums stammt und heute Vintage ist. Foto: Fehlbus
„Die haben dann die Noten alle gefaxt, wir haben sie hier kopiert.“ Immer für eine Instrumentenart einzeln. Die konnten dann schon mal beginnen, zu spielen.
An die Zeit mit dem Faxgerät scheinen auch ein paar Telefone im Backstage-Bereich zu erinnern: hellbraun, aber immerhin mit Tasten hängen sie neben den Notfallnummern.
Der eiserne Vorhang muss in 30 Sekunden unten sein
Apropos Notfall: Für den Fall, dass ganz schnell Zuschauerraum und Bühne voneinander getrennt werden müssen, gibt es den eisernen Vorhang, erklärt Giehler. Im Stadeum wiegt diese bauliche Brandschutzeinrichtung zwölf Tonnen und muss innerhalb von 30 Sekunden unten sein.

Blick auf den Boden der Beleuchterbrücke, hier kommt sonst so schnell keiner hin. Foto: Fehlbus
„Ist sie einmal ausgelöst, ist sie nicht mehr zu stoppen“, sagt Giehler, während es ein paar Stufen runter geht. Hier wartet auch ein Bollwerk der Technik: der versenkte Orchestergraben. Mächtige Hydraulik-Zylinder sind unter der Bühne zu sehen, die diese Anordnung vor der Bühne möglich machen.
Der Blick in die Tiefe: für die Kultur-Techniker Alltag
Dann geht es die Treppen rauf gen Dach. Durch Metallgitter fällt der Blick auf die Bühne, 9,50 Meter weiter unten. Stangen mit schwarzen Tüchern hängen hier. Bühnenbilder können hier aufgehängt werden. Der schnelle Wechsel ist per Knopfdruck möglich, indem die Aufhängung nach oben oder unten fährt. Die Besucher staunen und kämpfen mit Höhenangst. „Einfach nach vorne schauen und sich sagen, das hält schon seit über 30 Jahren“, sagt Giehler. Eine ans Bergsteigen erinnernde Sicherung für Arbeiten in diesem Bereich zeigt, dass es durchaus Menschen gibt, die hier die festen Stege verlassen.

Blick auf die Bühne aus gut neun Metern Höhe: Von hier zeigen die großen Beleuchtungsstrahler auf die Bühne. Foto: Fehlbus
„Wenn hier Stars auftreten, bringen die häufig alles an Technik mit“, sagt Tobias Giehler, so wie bei Ina Müller im Januar. Da hätten eine Woche lang zwei 40-Tonner auf dem Stadeum-Parkplatz gestanden. Alles wurde für den Auftritt verbaut. Die Technik wandert dann komplett in „fremde“ Hand. „Sie haben vielleicht dann noch ein Holzpult von uns im Gebrauch“, sagt Giehler.
Saalboden lässt sich für Veranstaltungen verfahren
Ansonsten aber gibt es alles im Stadeum: Lichttechnik, Tontechnik. Der große Saal vor der Bühne kann flach sein oder mit Stuhlreihen, die oben höher sind als unten. Alles lässt sich hoch und runter fahren. Die Vielseitigkeit des Stadeums ist auch der Grund, warum Tobias Giehler niemals daran gedacht hat, seinen Job zu wechseln. Für ihn ist es der schönste der Welt.

Dieser Schriftzug lässt sich im Gang hinter der Bühne finden. Foto: Fehlbus
Als die Gruppe ins Foyer zurückkehrt, nach einem Ausflug in den Heizungskeller, wird gerade getanzt. Kinder versuchen sich auf dem Walking Piano. Es gibt Eis und Waffeln. Das Open Stadeum hat zum Nachmittag reichlich Besucher angezogen.
Klein aber fein, lobt der Gast aus Hamburg
Dennis Fehlberg und Antonia Greibich sind mit Kindern aus Steinkirchen und Hamburg angereist. Sie waren zum Jahreswechsel schon einmal da, der Hamburger Dennis Fehlberg bei dieser Gelegenheit mit der Musik-Comedy „Bidla Buh“ zum ersten Mal. „Das ist hier klein aber fein und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt“, sagt Fehlberg. Sie wollen jetzt häufiger kommen.

Auch der Nachwuchs half tüchtig mit. Am Süßigkeitenstand füllten Conrad und Charlotte Ramdohr sowie Vincent und Theresa Braun (von links) die bunten Tüten. Foto: Fehlbus
Auch für Gabriele Maaser aus Stade, die mit ihren zwei Söhnen da ist, hat das Stadeum an diesem Tag den Wunsch nach häufigeren Besuchen gefördert. Für Erika und Helmut Krebs aus Hollern-Twielenfleth steht schon länger fest, dass sie wiederkommen. Die langjährigen Jahres- und Wahl-Abo-Nutzer wälzen bereits den Spielplan. Bei allen steht fröhliche, aber anspruchsvolle Unterhaltung auf der Wunschliste ganz oben.
Distanz zur Kultur vor der Haustür abbauen
Neugier, Vorfreude und weniger Distanz zur Kultur, das wollten die Organisatoren um Stadeum-Geschäftsführer Tobias Paulsen und die Förderkreisvorsitzende Dr. Katja Otter mit ihrer Aktion bewirken.

Das Holk-Festival ist eröffnet: Dr. Katja Otter schlägt die Glocke, daneben Stadeum-Geschaftsführer Tobias Paulsen. Foto: Stadeum
Als sie am Abend die Glocke schlagen und das Holk Kultur-Festival eröffnen, haben sie neue Interessenten für den „Schatz“ gefunden, wie Katja Otter das Stadeum nennt, „etwas, um das uns andere beneiden“.

Dr. Katja Otter, Vorsitzende des Förderkreises im Stadeum (links), und Uschi Lukasek, einst 100. Mitglied im Förderkreis, freuen sich über die gute Resonanz auf die Aktion. Foto: Fehlbus
Wenn etwa das Schleswig-Holstein Musik Festival zu Gast sei und über die vorhandenen Möglichkeiten staune. Oder wenn Menschen aus kleineren Städten ohne Veranstaltungshalle traurig erzählten, dass ein Neubau angesichts der enormen Kosten unvorstellbar sei. So solle das aktuelle Motto „Für Alle“ gelebt werden. Eine Wiederholung eines Tages wie diesem ist nicht ausgeschlossen.

Eis im Foyer und eine kleine Erkundungspause: Dennis Fehlberg, Antonia, Nadine, Finley und Mariella Greibich aus Steinkirchen (von links) wollen wiederkommen. Foto: Fehlbus