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„Wehrhafte Demokratie“

TPetition: Ein gebürtiger Buxtehuder will AfD-Rechtsaußen Björn Höcke stoppen

Indra Ghosh spricht vor dem Reichstagsgebäude in Berlin über die Petition „Höcke stoppen“. Der 56-Jährige ist in Buxtehude aufgewachsen.

Indra Ghosh spricht vor dem Reichstagsgebäude in Berlin über die Petition „Höcke stoppen“. Der 56-Jährige ist in Buxtehude aufgewachsen. Foto: Chris Grodotzki

Über seine Unterschriftensammlung spricht ganz Deutschland: Der Physiker Indra Ghosh schlägt vor, AfD-Rechtsaußen Björn Höcke Grundrechte zu entziehen. Wie ihn seine Jugend in Buxtehude geprägt hat.

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Von Thomas Sulzyc
Samstag, 10.02.2024, 05:50 Uhr

Buxtehude. Die Petition mit dem Titel „Wehrhafte Demokratie: Höcke stoppen“ auf dem Online-Portal Campact hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Initiator ist der in Düsseldorf lebende Physiker Indra Ghosh. Aufgewachsen ist der 56-Jährige in Buxtehude. Hier liegen die Wurzeln seines Engagements gegen politischen Extremismus.

Die Unterschriftensammlung im Internet hat das Ziel, mit den Mitteln des Verfassungsrechts den AfD-Politiker Björn Höcke unwählbar zu machen. Höcke ist der Partei- und Fraktionschef der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Thüringer AfD. In der Petition werden die Bundesregierung und der Bundestag aufgefordert, dem AfD-Rechtsaußen einige Grundrechte zu entziehen. Rund 1,67 Millionen Menschen haben bislang unterzeichnet. Medien in ganz Deutschland berichten über den Vorstoß von Indra Ghosh.

Vor zwei Monaten startete die Unterschriftensammlung auf dem Kampagnennetzwerk Campact zunächst noch verhalten. Große Aufmerksamkeit erlangte die Petition schließlich nach Bekanntwerden des Treffens radikal rechter und rechtsextremer Politiker in Potsdam. Teilgenommen hatte auch Maik Julitz, Vorsitzender des Stader AfD-Kreisverbandes und in Buxtehude lebend. „Mit diesem Zuspruch zu der Petition habe ich nicht gerechnet“, sagt Indra Ghosh im Gespräch mit dem TAGEBLATT.

Indra Ghosh machte Abitur an der Halepaghen-Schule

Geboren ist Indra Ghosh in Hamburg. Seine Kindheit und die ersten Jahre seines Studiums verbrachte er in Buxtehude. Das Abitur machte Indra Ghosh 1986 an der Halepaghen-Schule - Abinote 1,2. Während des Physik-Studiums an der Universität Hamburg lebte er in Buxtehude. 1992 zog er nach London, um am Imperial College seine Doktorarbeit zu schreiben. Seit 1996 lebt und arbeitet der Physiker im Rheinland. In einem Unternehmen betreibt er angewandte Forschung, ist Experte für Funkkommunikation und Satellitenfunk.

Während seiner Jugend in Buxtehude habe er persönlich keine Erfahrungen mit Rechtsextremismus gemacht. „Mein Vater, der Anfang der 1960er Jahre aus Indien kam, sah sich aber öfter mit Vorurteilen konfrontiert“, sagt Indra Ghosh.

Mutter Antje Ghosh ist überzeugte Demokratin

Die Saat seiner politischen Überzeugung, eine Demokratie müsse sich als wehrhaft gegen ihre Feinde erweisen, gehe auf seine Mutter Antje Ghosh zurück. „Meine Mutter ist überzeugte Demokratin und Antifaschistin und hat immer die mangelnde gesellschaftliche Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Ära Adenauer kritisiert. Daher habe ich meine heutige Haltung wohl mit der Muttermilch aufgesogen“, sagt Indra Ghosh. Antje Ghosh lebt noch heute in Buxtehude. Sie war Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins sowie der Buxtehuder Märchengesellschaft.

Der Physiker gehört nach eigenen Angaben keiner politischen Partei an. Früher habe er sich für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International engagiert. „Grundrechte und Menschenrechte sind eine Herzensangelegenheit von mir“, sagt er. Dass vor kurzem 2500 Menschen in Buxtehude für die Demokratie auf die Straße gegangen sind, hat der Wahl-Düsseldorfer wahrgenommen. Eine Demokratie müsse ihren Feinden wehrhaft entgegentreten, sagt Indra Ghosh. „Das ist wichtig, darauf müssen wir uns besinnen.“

Hasskampagnen im Internet sind heute ein verbreitetes Phänomen. Hat Indra Ghosh wegen der Petition Anfeindungen erlebt? „Nein, bisher nicht“, antwortet er. „Das kann auch daran liegen, dass ich in sozialen Medien kaum präsent bin.“

Unterschriften an Bundestagsabgeordnete in Berlin übergeben

Vor dem Sitz des Deutschen Bundestages in Berlin zeigte Indra Ghosh Gesicht. Bei einer Performance mit Unterstützern überreichte er an Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linken die Unterschriften, mit denen ein teilweiser Entzug von Grundrechten des AfD-Politikers Björn Höcke gefordert wird. Rechtliche Grundlage ist Artikel 18 Grundgesetz. Dieser sieht die Möglichkeit vor, Verfassungsfeinden Grundrechte zu entziehen für den Fall, dass sie diese zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauchen. Entzöge das Gericht Höcke das passive Wahlrecht, dürfte er nicht bei Wahlen kandidieren.

In der Geschichte der Bundesrepublik spielte das Verfahren nach Artikel 18 bisher nahezu keine Rolle. Insgesamt vier Anträge stellte jeweils die Bundesregierung 1960, 1974 und 1996. In allen Fällen lehnte das Bundesverfassungsgericht die Anträge im Vorverfahren ab.

Ob der Deutsche Bundestag sich mit der Online-Petition befassen werde, sei offen. Rechtlich ist das Parlament nicht dazu verpflichtet. Ein Ziel hat Indra Ghosh erreicht: „Zumindest ist das Thema in der politischen Diskussion.“

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