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TPosse: Schildchen-wechsel-dich-Spiel am Hagener Weg in Dollern geht weiter

Die Bankette, sprich die unbefestigten Seitenstreifen, sind am Hagener Weg in Dollern zum Teil in einem katastrophalen Zustand.

Die Bankette, sprich die unbefestigten Seitenstreifen, sind am Hagener Weg in Dollern zum Teil in einem katastrophalen Zustand. Foto: Vasel

Der Hagener Weg sorgt wieder für Gesprächsstoff: Mitarbeiter des Horneburger Bauhofs haben am Montag die Tempo 30-Schilder abgebaut. Dabei ist die Straße in Teilen nach wie vor in einem desolaten Zustand. Das steckt hinter der seltsamen Maßnahme.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 13.12.2023, 08:50 Uhr

Dollern. „Die Bankette sind in einem katastrophalen Zustand“, sagt Horneburgs Bauamtsleiter Roger Courtault. Der unbefestigte Seitenstreifen des Hagener Wegs liege zum Teil 10 bis 20 Zentimeter und mehr unterhalb des Straßenniveaus. Hinzu kämen die tiefen Schlaglöcher.

Warnbaken, aber auch Achtung-Straßenschäden-Verkehrsschilder hat der Bauhof der Samtgemeinde Horneburg deshalb aufgestellt. Wer mit Pkw oder Motorrad im Seitenraum oder in einem Schlagloch lande, der drohe ins Schleudern zu geraten. Weil das Unfallrisiko hoch ist, galt dort „mit Duldung des Landkreises Stade“ seit dem Frühjahr 2023 wieder Tempo 30.

Alle wollen Tempo 30 - doch nun hängen die Tempo-50-Schilder wieder

Doch am Montag rückten Mitarbeiter des Bauhofs an. Die Ratsherrn Marc Feldmann (FDP) und Ralf Kimmel (CDU) hatten in der vergangenen Woche im Rathaus die verkehrsbehördliche Anordnung einsehen wollen. Doch diese, so der Christdemokrat, sei „nicht auffindbar“ gewesen. Zwischenzeitlich tauchte das Landkreis-Schreiben im Rathaus wieder auf.

Die Krux: Für den Hagener Weg hatte das Straßenverkehrsamt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h angeordnet. Das Wieder-Aufstellen der Tempo 30-Schilder im Frühjahr 2023 sei seitens der Behörde lediglich „geduldet“ worden, so Courtault. Deshalb habe sein für die Straßen zuständiger Kollege Torsten Milter den Bauhof angewiesen, die Schilder auszutauschen. Die Verwaltung wolle Rechtssicherheit. Trotz alledem ist sich der Bauamtsleiter mit Dollerns Bürgermeister Jan-Hinnerk Burfeind (CDU) und Gemeindedirektorin Tanja Thomfohrde einig, dass auf der Straße eigentlich Tempo 30 gelten sollte.

Einige Schlaglöcher sind bis zu 20 Zentimeter tief.

Einige Schlaglöcher sind bis zu 20 Zentimeter tief. Foto: Vasel

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Kreishaus spielt Ball zurück nach Horneburg

Courtault hofft jetzt auf eine verkehrsbehördliche Anordnung aus dem Kreishaus. Das spielt den Ball allerdings wieder zurück nach Horneburg beziehungsweise Dollern. Grundsätzlich gelte „gemäß Anordnung“ weiter Tempo 50. „Aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde spricht aufgrund des baulichen Zustandes des Hagener Wegs überhaupt nichts gegen die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Straßenbaulastträger auf 30 km/h“, sagt Kreissprecher Daniel Beneke. Er verweist auf Paragraf 45 (2) der Straßenverkehrsordnung.

Mit dem Paragrafen gebe es ein legales Hintertürchen. Gemeinden dürfen zur „Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind“ ausnahmsweise auch ohne die zuständige Behörde auf ihren Straßen eine Beschränkung anordnen. Das hatten die Stader auch mit Dollern abgestimmt, nachdem sich Schlaglöcher und Beschädigungen der Banketten gehäuft hatten. Im Kreishaus sei deshalb die Verwunderung groß, warum der Bauhof wieder Tempo 50-Schilder aufgehängt habe.

Schlaglochpiste: Immer wieder verlieren Pkw ihre Radkappen.

Schlaglochpiste: Immer wieder verlieren Pkw ihre Radkappen. Foto: Vasel

Erst nach der Straßensanierung ist Tempo 30 unzulässig

Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr muss für die Schäden - verursacht während der Umleitung im Zuge der Sanierung der B73 in Dollern/Agathenburg in den Jahren 2022 und 2023 - aufkommen. Doch die Landesbehörde habe keine Ingenieurkapazitäten. Deshalb hätten Land und Gemeinde vereinbart, dass das Horneburger Bauamt die Regie übernimmt. „Bei voller Kostenerstattung“, wie Courtault betont. Ein Ingenieurbüro sei beauftragt, nach Schadenaufnahme und Ausschreibung erfolge die Vergabe. 2024 sollen die Straßenbauer anrücken und die Abgründe im Seitenraum und die Schlaglöcher in der Fahrbahn durch Abfräsen und Asphaltierung beseitigen.

Nach der Instandsetzung sei aufgrund der Gesetze kein Tempo 30 mehr möglich, der Weg liege außerorts. Eine erneute Anordnung sei nicht notwendig. „Es bleibt weiterhin bei der angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h aufgrund der Gefahr von Wildwechsel im Verlauf der Strecke“, unterstreicht Beneke.

Mitarbeiter des Bauhofs der Samtgemeinde Horneburg montieren die Tempo 30-Schilder am Montagmorgen am Hagener Weg in Dollern.

Mitarbeiter des Bauhofs der Samtgemeinde Horneburg montieren die Tempo 30-Schilder am Montagmorgen am Hagener Weg in Dollern. Foto: Vasel

Schilder-Posse läuft bereits seit 2021

Schildchen wechsel dich. Dieses Spielchen läuft seit drei Jahren auf dem Hagener Weg zwischen der B73 und dem Kreisel an der K30 in der Feldmark bei Dollern. Aufgrund der vielen Wildunfälle war die Höchstgeschwindigkeit im Februar 2021 insbesondere auf Drängen der Jägerschaft und der Politik vor Ort von 70 km/h auf 50 km/h reduziert worden - nach einer verkehrsbehördlichen Anordnung durch den Landkreis Stade. Das wirkte sich positiv aus. Die Zahl der registrierten Wildunfälle sank. Im August 2022 senkte die Gemeinde Dollern die Höchstgeschwindigkeit im Zuge der Baumaßnahmen auf der B73 in Dollern/Agathenburg und der Teil-Umleitung über den Hagener Weg auf Tempo 30 ab - nach einem Telefonat mit dem Kreishaus.

Das allerdings war rechtswidrig. Angesichts des „relativ guten Straßenzustandes“ waren in Stade behördenintern „Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Herabsetzung geäußert“ worden. Hinzu kam, dass deshalb die Geschwindigkeitsüberwachung durch den Kreis eingestellt worden war, weil Raser erfolgreich Widerspruch hätten einlegen können. Das hatte Folgen: Stade ordnete im Herbst 2022 an, das angeblich „eigenmächtig“ eingerichtete Tempolimit von 30 km/h wieder aufzuheben und die Tempo-50- Schilder wieder zu montieren seien. Im Frühjahr 2023 folgte die Rolle rückwärts. Die kaputte Straße sorgte für Rechtssicherheit. Kimmel will bei der Ratssitzung am Donnerstag, 14. Dezember, 18 Uhr, für eine Rückkehr zu 30 km/h werben: „Das ist langsam satirereif.“

Weiterhin landet Müll an der Straße, manchmal auch Lebensmittel wie auf diesem Foto.

Weiterhin landet Müll an der Straße, manchmal auch Lebensmittel wie auf diesem Foto. Foto: Vasel

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