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Medizin

TPrägende Figur der Elbe Kliniken: Chefarzt Dr. Benno Stinner geht

Prof. Dr. Benno Stinner hat am 30. April 2025 seinen letzten Arbeitstag.

Prof. Dr. Benno Stinner hat am 30. April 2025 seinen letzten Arbeitstag. Foto: Fehlbus

Der Flur hängt voll mit Auszeichnungen. Auf jede ist Dr. Benno Stinner stolz. Aber vor allem verliert das Elbe Klinikum einen Chefarzt, der das Krankenhaus prägte wie kaum ein Zweiter.

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Von Miriam Fehlbus
Dienstag, 29.04.2025, 19:20 Uhr

Stade. Zunächst zu den Eckdaten: 1979 hat Benno Stinner das Studium der Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz begonnen. Dort hat er auch promoviert. Es folgte die Habilitation in Marburg 1996. Im Jahr 2000 kam er als Chefarzt nach Stade. 2002 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Jetzt geht er.

Am Mittwoch, 30. April 2025, hat Prof. Dr. Benno Stinner, 67 Jahre alt, seinen letzten Arbeitstag am Elbe Klinikum in Stade. Der Chirurg mit der Spezialisierung Viszeral- und Gefäßchirurgie wird von seinen Mitarbeitern und Weggefährten verabschiedet - aus dem Krankenhaus, aber nicht aus Stade. Die Hansestadt ist für Benno Stinner, gebürtig aus Rheinland-Pfalz, zum neuen Zuhause geworden. „Wir haben viele Freunde und gute Bekanntschaften hier gefunden“, sagt er.

Viele Menschen aus dem Landkreis Stade operiert

Der letzte Operationstag für Benno Stinner war am Montag. „Das frühe Aufstehen werde ich nicht vermissen“, sagt er. Um 5.30 Uhr klingelte stets der Wecker, damit der Chefarzt der Kliniken in Stade und Bremervörde pünktlich um 7 Uhr Patienten und OP-Programm sehen konnte.

Alles rund um die Eingeweide des Menschen fällt in den Bereich eines Viszeralchirurgen. Das Darm- und das Pankreaskarzinomzentrum unter Stinners Leitung sind von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Wohl kaum ein Chefarzt hat das Stader Klinikum so geprägt und über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt gemacht wie Stinner.

Viele Menschen aus dem Landkreis Stade hat er operiert, Stinner wird auf der Straße erkannt. Und er erkennt ehemalige Patienten, wissend, dass sie einmal auf seinem OP-Tisch lagen. Aber es gab für ihn auch immer den Moment, wo die individuelle Person für ein bis sechs Stunden zurücktrat: „Wenn der Startschuss zur Operation gefallen ist, ist es Konzentration auf das Tun“, sagt der Mediziner.

Neubau des Operationssaals nicht rechtzeitig fertig

Fast 25 Jahre lang war Stinner Chefarzt in Stade. Das letzte Jahr ist sein Büro etwas dunkler geworden: Ein Baugerüst vor dem Fenster verhinderte, dass Tageslicht hindurchfällt. „Mein Wunsch war es ja, noch den Neubau des Operationssaals während meiner Arbeitszeit nutzen zu können“, sagt Stinner. Das hat nicht geklappt. Aber es ist eines der wenigen Versäumnisse. „Ich bin ein zufriedener Mensch, in meinem Leben habe ich viel Glück gehabt“, sagt er.

Nicht zuletzt seine Frau Gabi ist Grund dafür. Seit 37 Jahren sind die beiden verheiratet. Sie arbeitet als freiberufliche Hebamme, er als Chirurg. „Die Berufe sind beide nicht besonders sozialverträglich im Familiensinne“, sagt Stinner. Immer auf Abruf, nur im Urlaub mal ein Teil der Feiernden. „Wenn ich weiß, am nächsten Tag habe ich einen großen Eingriff, kann ich nicht bis ein Uhr nachts beim Schützenfest sein.“

Manchen Fall gedanklich mit nach Hause genommen

Für Stinner aber war und ist sein Beruf genau der richtige - wegen der Menschen. „Es ist natürlich wichtig, dass man technisch in der Lage ist, zu operieren“, sagt der Chirurg, der dem Elbe Klinikum 2017 zur Auszeichnung Top Nationales Krankenhaus für die Behandlung von Darmkrebs verhalf und seitdem immer wieder von der Focus-Tochter FactField als Top-Mediziner ausgezeichnet wurde. Aber mit einer technisch guten OP sei der Mensch noch nicht fertig und gut behandelt.

„Das Grundprinzip ist: sich kümmern“, sagt Stinner. Wer in seinem 60-köpfigen Team in Pflege oder als Arzt arbeitete, musste Spaß daran mitbringen, Leute durch schwierige Situationen zu führen. Die Diagnose Krebs gehörte zum Alltag. „Und natürlich nimmt man manchen Fall gedanklich mit nach Hause“, sagt Stinner und ergänzt, dass das alle Berufsgruppen in diesem Bereich betrifft. Das mache manchmal betroffen, dürfe aber nicht lähmen.

Neuer Chefarzt ab 1. Mai ist Kai Lehmann von der Charité

Der größte Teil seines Teams bleibt am Elbe Klinikum Stade, zwei Mediziner verlassen aber kurz hintereinander aus Altersgründen die Klinik. Vier Wochen nach dem Chefarzt geht auch der leitende Oberarzt Dr. Hans-Henning Nölcke, mit dem Stinner „eine ausgezeichnete Partnerschaft auf Augenhöhe“ verband, wie er sagt. Nölcke habe die Zentren über die Jahre wesentlich als Koordinator geprägt. Der neue Chefarzt ab 1. Mai heißt Professor Kai Lehmann. Er kommt von der Berliner Charité nach Stade.

In den kommenden drei Jahren will Benno Stinner verstärkt als Fachexperte der Deutschen Krebsgesellschaft für die Zertifizierung von Darmkrebszentren unterwegs sein. Und noch ein anderes Projekt wird er zu seinem machen: „Ich werde ein altes Häuschen in Mainz sanieren“, sagt er. Handwerkliches Geschick bringt der Professor ja mit. Statt ums Schneiden und Nähen geht es dann ums Schweißen und Schrauben.

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