TProtestcamp in Stade: Landwirte wollen drei Wochen lang ausharren

Mit Traktoren, Protestschildern und Schlafcontainer: Landwirte und Unterstützer auf dem Platz Am Sande unter der Fahne von „Land schafft Verbindung“. Foto: Richter
Sie sind gekommen, um zu bleiben: Seit Mittwoch haben Landwirte auf dem Platz Am Sande in Stade ihr Basislager aufgeschlagen. Mit einem Protestcamp wollen sie Tag und Nacht Präsenz zeigen. Eine Forderung: Der Kanzler soll kommen. Ein Anfangsbesuch.
Stade. Lukas Kück hat gerade das Herzstück des Basislagers angeliefert: Eine Stunde war er mit dem Traktor von Seedorf nach Stade unterwegs, um den Container anzuliefern. Er ist innen noch kahl, aber isoliert und mit Teppichboden ausgelegt. Hier wollen die Landwirte in den nächsten Wochen ihre Vorräte lagern. Im Container wollen durchgehend auch mindestens zwei von ihnen übernachten. „Meine Matratze wird gleich geliefert“, sagt der 22-jährige Landwirt Helge Soltau aus Drochtersen, der hier mit einem Kollegen die Nacht verbringen wird.
Seit Mittwochnachmittag bauen Landwirte aus der Region auf dem Platz Am Sande ein Protestcamp auf. „Hüte dich vor Sturm und Wind und Niedersachsen, die in Rage sind!“: So steht es auf einem der Traktoren, die dort geparkt sind. Alte Ölfässer stehen bereit. Doch wegen des Sturms, der gerade einige Dachziegel von einem nahe gelegenen Haus gefegt hat, bleibt die Feuertonne ungenutzt. Schade, denn ein weiterer Traktor hat gerade einen Kubikmeter Feuerholz angeliefert.

„Hüte dich vor Sturm und Wind und Niedersachsen, die in Rage sind!“, steht auf dieser Fahne in Frakturschrift an einem der Traktoren. Foto: Anping Richter
Die öffentlichen Toiletten nebenan schließen um 20 Uhr, aber die Landwirte haben für die Nacht für alle Fälle einen Schlüssel bekommen. Gemütlich werden die kommenden Wochen nicht, das weiß Helge Soltau: „Aber wir werden trotzdem bleiben, um klar zu machen: Wir meinen es ernst.“
Landwirte campieren in Stade: Was sie erreichen wollen
Der Betrieb des 22-jährigen Landwirts lebt von Mast- und Milchvieh. Er wolle eine zukunftsfähige, verlässliche Landwirtschaftspolitik, sagt Helge Soltau. Das sagen auch seine Kollegen. Um Agrardiesel und Kfz-Steuer gehe es inzwischen nicht mehr. „Klar muss es globalen Wettbewerb geben, aber wir brauchen faire Bedingungen und vergleichbare Standards“, sagt Frank von Bargen, der sich bei „Land schafft Verbindung“ engagiert. „Vor allem innerhalb der EU“, ergänzt Helge Soltau. Sie wollen Präsenz zeigen und fordern alle Interessierten auf, sie auf dem Platz zu besuchen und ins Gespräch zu kommen. Volker Peters nennt als Motto: „Frag doch mal den Landwirt!“
Landwirtschaft
Studie: 2040 nur noch 100.000 Bauernhöfe
Bauernprotest in Stade erhält Unterstützung von Spediteur
Mit Lukas Kück ist auch das Transportgewerbe im Protestcamp vertreten. Er ist einer von 70 Mitarbeitern beim Bau- und Transportunternehmen Kriete & Partner in Seedorf. Sein Chef, Sven Poppe, unterstützt den Protest, indem er Container und Transportmittel kostenlos zur Verfügung stellt. Wie Sven Poppe erklärt, hat er sechs Lastwagen seines Fuhrparks auf Erdgas als Brennstoff umgestellt - eine große Investition. Sie fahren mit Biogas und waren von der CO2-Maut befreit.
Jetzt wird dafür die volle Maut fällig. Ohne Vergünstigung - die Werte, die dafür nötig wären, schaffe noch nicht einmal sein brandneuer Lkw, sagt Poppe. Bei Diesel-Lkw seien die Mautkosten jetzt um 83 Prozent gestiegen. Poppe: „Wir wollen ja umweltfreundlich fahren. Aber wir müssen wettbewerbsfähig bleiben, die Transportbranche ist ein Haifischbecken.“
Der Chef soll nach Stade kommen: Olaf Scholz
Die Dokumentation für die Maut sei eine Wissenschaft für sich, sagt Poppe. Überbordende Bürokratie beklagen auch die Landwirte. Die Zeit der großen Blockaden ist vorbei, sagen sie. Damit sollte zunächst Aufmerksamkeit erzeugt werden. Jetzt wollten sie möglichst vielen Stader Bürgern ihren Protest erklären. Sie haben die Hoffnung nicht verloren und ein hoch gestecktes Ziel: „Wir wollen den Chef herholen.“ Den Chef? „Ja. Olaf Scholz. Das ist das Ziel.“ Deshalb wollen sie auch mit Lokalpolitikern sprechen, vor allem mit welchen von der SPD. Donnerstagmorgen wollen sie im Büro der Sozialdemokraten gleich gegenüber einen Brief an Kanzler Scholz abgeben. „Danach fragen wir jeden Morgen nach, ob er schon geantwortet hat“, kündigt Mario Breuer an.
Für die kommenden Wochen haben die Landwirte außerdem weitere Aktionen angekündigt. Was, wird noch nicht verraten. Die Stader Stadtverwaltung weist aber darauf hin, dass es wegen möglicher Spontan-Versammlungen an anderen Stellen im Stadtgebiet in den kommenden Wochen zu Verkehrsbehinderungen kommen könnte.
Bauernproteste
T Massive Kritik an den Ampel-Galgen im Kreis Stade
Am Sonnabend wird das Camp der Landwirte unterbrochen: Für die Mahnwache gegen Menschenhass und Demokratieverachtung zum Holocaust-Gedenktag unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“. Ab 11 Uhr werden bis zu 500 Personen erwartet.