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Politik

TQueeres Stade nimmt Koalitionsvertrag kritisch unter die Lupe

Am Christopher Street Day - hier 2024 auf dem Ankerplatz - wird es besonders sichtbar: queeres Leben in Stade.

Am Christopher Street Day - hier 2024 auf dem Ankerplatz - wird es besonders sichtbar: queeres Leben in Stade. Foto: Quest

Rechte und Anliegen queerer Menschen liegen dem Verein Queeres Stade am Herzen. Den schwarz-roten Koalitionsvertrag hat er sich mit Blick darauf angesehen - und stellt fest, was fehlt.

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Von Anping Richter
Dienstag, 22.04.2025, 05:50 Uhr

Stade. Seit dem Bruch der Ampelkoalition im November 2024 wird an queeren Stammtischen im Kreis Stade sehr viel über Politik gesprochen, berichtet Amadeus Schwone vom Vorstand des Vereins Quest /Queeres Stade: „Die Angst ist groß.“

Angst, dass errungene Rechte und Räume nun wieder zur Debatte stehen - zum Beispiel, weil die CDU in ihrem Wahlprogramm angekündigt hatte, das von der Ampel eingeführte Selbstbestimmungsrecht wieder abzuschaffen. Hinzu komme, dass queere Menschen zurzeit auch mit Sorge in die USA blicken, sagt Amadeus Schwone. Dort werde täglich sichtbar, wie Queer-Rechte in der ältesten Demokratie der Welt der Trump-Politik zum Opfer fallen.

Quest warnt vor „gefährlichem Rückbau“

Den schwarz-roten Koalitionsvertrag hat sich der Verein Quest /Queeres Stade e.V. genau angesehen: „Wir haben ihn mit der Queer-Lupe auf Herz und Nieren geprüft.“ Nicht alles am Koalitionsvertrag sei schlecht. Doch bei genauerem Hinsehen bleibe von wohlklingenden Phrasen am Ende wenig übrig.

Die Leute von Quest haben auf Feinheiten geachtet - und darauf, was nicht im Vertrag steht: Zum Beispiel der Aktionsplan „Queer leben“, der laut Ampel-Bundeskabinett verabschiedet wurde, „damit alle Menschen gleichberechtigt, frei, sicher und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben können - auch Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*)“.

Schild beim Stader CSD mit dem Refrain eines Songs von Popstar Taylor Swift: Übersetzt heißt es: „Jemanden runterzuziehen, hat noch nie jemanden weniger schwul gemacht.“

Schild beim Stader CSD mit dem Refrain eines Songs von Popstar Taylor Swift: Übersetzt heißt es: „Jemanden runterzuziehen, hat noch nie jemanden weniger schwul gemacht.“ Foto: Thoamas Sulzyc

Mit der Einstellung des Aktionsplans drohe das politische Aus für über 50 noch offene Maßnahmen und das Ende der Koordinierungsstelle für queere Politik. Ein Queerbeauftragter werde nicht benannt. „Ein fatales Signal“, findet Quest und warnt vor einem gefährlichen Rückbau.

Selbstbestimmungsgesetz: Evaluierung mit Fokus

Schwone sagt, er sei froh, dass zumindest die Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes vom Tisch sei. Es erleichtert queeren Menschen zum Beispiel, auf dem Amt ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Zuvor waren dafür aufwendige Gutachten nötig. Allerdings soll das Gesetz evaluiert werden.

„Ich bin Medizinstudent, Evaluierung finde ich grundsätzlich sinnvoll“, sagt Amadeus Schwone. Die entscheidende Frage sei aber, auf welcher Basis. Der Koalitionsvertrag nenne vage den Fokus auf Kinder, Jugendliche und den Schutz „der Frau“. Aus der Sicht von Quest fehlt hier „eine klare Inklusion von trans*Frauen“.

„Für uns sind das ganz normale Frauen“, erklärt Schwone. Wenn sie aber nicht explizit genannt würden, drohe eine gefährliche, transfeindliche Lesart. „Die Formulierung öffnet Tür und Tor für die Erzählung, trans*Personen seien eine Gefahr – ein Narrativ, das durch keine einzige seriöse Studie gestützt wird, aber reale Gewalt gegen trans*Menschen befeuert“, schreibt der Verein.

Kinder sollen ihr Geschlecht selbst bestimmen

In Sachen Selbstbestimmung fordert Quest, dass Deutschland die geschlechtliche Identität von Kindern achtet, schützt und unterstützt, wozu es sich laut UN-Kinderrechtskonvention auch verpflichtet habe. Das sei aber kaum möglich, wenn das Selbstbestimmungsrecht der Kinder zugunsten der Eltern beschnitten werde.

Auch beim nächsten Stammtisch des Quest e. V. dürfte die Queerpolitik der neuen Bundesregierung ein heißes Thema sein. Die Teilnehmenden, zurzeit im Alter von 17 bis 87 Jahren, treffen sich jeden ersten Mittwoch im Monat im Pavillon im Bürgerpark in Stade von 19 bis 22 Uhr. Mehr zum Thema und zu weiteren Aktivitäten des Vereins: www.quest-queeresstade.de.

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