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Vogelschutzprojekt

TRebhuhn: Wie sich Jäger und Landwirte für die bedrohte Art einsetzen

Männer stehen vor einer modernen Tierfalle.

Projektleiter Henrik Schomaker erklärt bei einem Treffen, wie die Krefelder Fuchsfalle funktioniert. Foto: Bisping

Rebhühner sind vom Aussterben bedroht. Zu ihrem Schutz haben Jäger ein Projekt aufgestellt und Landwirte mit ins Boot geholt. So läuft es in Mulsum.

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Von Alexandra Bisping
Donnerstag, 29.08.2024, 06:25 Uhr

Mulsum. Seit Jahren steht das Rebhuhn auf der Roten Liste. Dort wird es als „stark gefährdet“ eingestuft, berichtet das Bundesamt für Naturschutz. Die Jägerschaft des Landkreises Stade unternimmt etwas dagegen. Mit einem Schutzprojekt will sie die Population des bejagten Vogels ankurbeln - gemeinsam mit den Landwirten. Es zeigt sich: Der Bestand nimmt zu, die Maßnahmen fruchten.

In Kutenholz steigt die Rebhuhn-Population

Wie berichtet, hatte sich ein positives Ergebnis des Schutzprojektes bereits im Sommer 2023 in Kutenholz abgezeichnet. Dort war die Rebhuhn-Population um 44 Prozent gestiegen.

Viele Rebhühner auf einem Feldweg.

Eine Kette von 19 Rebhühnern in Mulsum. Foto: Schomaker

Rebhühner brüten gerne in Feldrainen und Brachen und mehrjährigen Blühflächen. Strukturen, die in der Landschaft oft fehlen. Um den Hühnervögeln wieder mehr Lebensraum zu bieten, waren in Kutenholz Hecken kurz geschnitten worden. Die Landwirte stellten Flächen zur Verfügung und ließen Getreide stehen - zum Schutz und als Nahrungsquelle für die Vögel. Dazu wurden Blühwiesen ausgebracht.

Eine Blühwiese bietet den Hühnervögeln Schutz.

Diese Fläche stellte ein Landwirt für eine Blühwiese zur Verfügung. Foto: Bisping

Das Vogelschutzprojekt verläuft in drei Schritten

Für Mulsum hatte Projekt- und Hegeringleiter Henrik Schomaker das Vorhaben in drei Maßnahmen aufgegleist. Als erster Schritt zu einer gesunden Rebhuhn-Population sollte auch dort der Lebensraum verbessert werden.

Henrik Schomaker stellte den Tour-Teilnehmern die Maßnahmen des Vogelschutzprojektes vor.

Henrik Schomaker stellte den Tour-Teilnehmern die Maßnahmen des Vogelschutzprojektes vor. Foto: Bisping

Bei einer Tour in die Natur mit Unterstützern und Sponsoren, Gemeinde und Samtgemeinde, Jägern und Landwirten, zeigt Henrik Schomaker, was alles unternommen wurde. Erster Halt ist eine alte Mergelkuhle. „Wir hatten die vorhandenen Strukturen, die aber nicht mehr im guten Zustand waren“, erläutert er.

Diese und eine zweite Kuhle waren in ein Biotop mit Flachwasser-Zonen mit Schilfbereichen verwandelt worden. Außerdem hatten die Jäger auf über 4,5 Hektar Fläche eine Blühmischung ausgebracht. Auch auf sandigem Grund, damit der Hühnervogel sich dort wälzen und seine Parasiten loswerden kann.

In einem zweiten Schritt hatten die Jäger mithilfe von Futtereimern das Nahrungsangebot verbessert. An 60 Eimern im Revier können sich die Rebhühner sattpicken, und das hat auch einen zeitlichen Vorteil.

60 Futtereimer werden regelmäßig bestückt.

60 Futtereimer werden regelmäßig bestückt. Foto: Schomaker

Ernährt sich das Rebhuhn ausschließlich von Wintergetreide-Trieben, benötigt es nach Rebhuhnkenner G. Richard Potts mehr als fünf Stunden, um seinen Energiebedarf zu decken. Mit Getreidekörnern aus den Futtereimern gelingt das in 15 Minuten. „Damit reduziert sich die Gefahr, von Beutegreifern geschlagen zu werden“, sagt Schomaker.

Fallen zum Rebhuhnschutz für natürliche Feinde

Im dritten Schritt werden die sogenannten Prädatoren reduziert, natürliche Feinde wie Fuchs und Marder, die den Rebhuhnbestand ebenfalls dezimieren. Die Jäger haben Krefelder Fuchsfallen aufgestellt. Sobald ein Tier hineintappt, erhält Henrik Schomaker eine Meldung auf dem Handy. In diesem Jahr waren es bereits 25 Füchse.

Das Rebhuhn ist laut Nabu in Deutschland vielerorts lokal ausgestorben, es kommt nur noch in etwa 16 Prozent der Jagdreviere vor. In Europa lebten 2015 etwa 1,3 bis 2,6 Millionen Brutpaare. In Deutschland ist die Rebhuhnpopulation auf einen Rest von vermutlich nicht mehr als 50.000 Brutpaaren geschrumpft und sein Bestand seit 1980 um 94 Prozent zurückgegangen.

Doch auch in Mulsum greift das Projekt, in das zwischen 900 und 1000 Arbeitsstunden hineingeflossen sind. „Bei der Population konnte im Frühjahr ein Plus von 22 Prozent verzeichnet werden“, so Henrik Schomaker.

Mit einer Fördersumme von 42.500 Euro haben die Dow, der Windpark Mulsum, das Naturschutzamt und die Jägerschaft des Landkreises, der E115 Windpark Mulsum und die Alles Gute Stiftung der Kreissparkasse Stade das Projekt unterstützt.

Weitere Gemeinden stehen auf dem Plan

In Ohrensen und Bargstedt sei das Programm zuerst angelaufen, Aspe und Brest sollen noch folgen. Das Vogelschutzprojekt sei vermutlich „eines der größten in Deutschland“, sagt Schomaker.

Der Hegeringleiter kommt noch einmal auf die Ziele zurück. „Es war uns wichtig, dass wir den Bestand an Rebhühnern, den wir haben, halten“, sagt er. „Jetzt wollen wir ihn nach oben schrauben.“ Aufgrund der natürlichen Feinde und Gefahren wie Autos werden die Tiere oft nur zwei bis drei Jahre alt.

Vereinzelte, isolierte Rebhuhnpopulationen miteinander zu vernetzen, sei auch Teil des Ziels. „Alles muss fruchten und in Einklang laufen, damit es mit einer gesunden Population klappt.“ Henrik Schomaker will weiter an der Lebensraumverbesserung arbeiten und sucht dazu noch Flächen. Anbieter können sich gerne bei ihm über jaegerschaft-stade.de (Rubrik Hegeringe, Kutenholz) melden.

Auch den Kiebitz, Vogel des Jahres 2024 und ebenfalls stark gefährdet, haben die Jäger im Fokus. Er soll genauso von dem Schutzprojekt profitieren.

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