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Naturschutz

Kiebitz in Gefahr – Dringender Appell an Landwirte im Kreis

Ein Kiebitz mit metallisch glänzendem Gefieder auf Feuchtgrünland. Foto: Landkreis Stade / Stefanie Kleingünther

Ein Kiebitz mit metallisch glänzendem Gefieder auf Feuchtgrünland. Foto: Landkreis Stade / Stefanie Kleingünther

Der Bestand der Kiebitze ist bedroht. Der Landkreis Stade ruft deshalb Landwirte dazu auf, sich an Schutzmaßnahmen zu beteiligen. Wer mitmacht, wird belohnt - mit einem Zuschuss bei etwaigen Ertragseinbußen. In Kehdingen sind dagegen die Uferschnepfen zurück.

Dienstag, 28.03.2023, 11:00 Uhr

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Der Bestand der Kiebitze ist deutschlandweit in den vergangenen Jahrzehnten um 88 Prozent zurückgegangen. Die Art gilt in Deutschland als stark gefährdet. Die Ursachen für die dramatischen Bestandsrückgänge sind vielfältig. Insbesondere überschneiden sich die notwendigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen mit der Brutzeit der Kiebitze. Vor Jahrzehnten war es üblich, den ersten Schnitt im Grünland erst Mitte Juni zu mähen.

Dann war der Kiebitz mit seinem Brutgeschäft fertig und die Jungen bereits flügge. Durch moderne Technik, veränderte Saatmischungen, mehr Düngung und auch durch den Klimawandel ist der erste Schnitt heutzutage schon ab Ende April möglich und fällt somit genau in die Brutzeit der Kiebitze.

Um die Kiebitzbruten auf Grünlandstandorten besser zu schützen, bittet der Landkreis die Landwirte, sich an Schutzmaßnahmen zu beteiligen. „Wichtig ist es, den Bereich, wo die Kiebitze brüten, von Ende März bis Mitte Juni nicht zu bewirtschaften und auch keine Düngung und keine Pflanzenschutzmittel auszubringen“, erklärt der Leiter des Amtes für Naturschutz, Dr. Uwe Andreas. Er möchte die Erfolge der Landwirte im Kiebitzschutz mit einem Zuschuss bei eventuellen Ertragseinbußen honorieren.

Ausgenommen von diesem Angebot sind nur Flächen der öffentlichen Hand und in Schutzgebieten sowie Kompensationsflächen.

Landwirte, die Grünlandstandorte besitzen, auf denen der Kiebitz brütet und die sich für den Artenschutz engagieren möchten, können sich kurzfristig beim Amt für Naturschutz melden unter der E-Mail-Adresse naturschutz@landkreis-stade.de.

Frühlingsboten: Uferschnepfen ins Vogelschutzgebiet Unterelbe zurückgekehrt

Schneeglöckchen, Winterling und Krokusse - das sind typische Frühlingsboten, die das Ende des Winters und den kommenden Frühling ankündigen. In den Feuchtwiesen an Unterelbe und Jadebusen oder am Dümmer heißen die Frühlingsboten Feldlerche, Kiebitz und Uferschnepfe. Hilger Lemke vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) berichtet, dass bereits mehr als 100 Uferschnepfen im Vogelschutzgebiet Unterelbe eingetroffen sind.

Der Biologe Lemke arbeitet als Gebietsbetreuer im Vogelschutzgebiet Unterelbe und hat das Kommen und Gehen der verschiedenen Vogelarten im Blick: „Wir beobachten aktuell, wie die Uferschnepfen wieder in die Elbwiesen zurückkehren. Bei der jüngsten Zählung waren es schon mehr als 100. Das ist schon eine ganze Menge, aber wir erwarten noch weitere Rückkehrer", erklärt Lemke.

An der Unterelbe sind die zurückgekehrten Uferschnepfen häufig in Gruppen und auf gemeinschaftlicher Nahrungssuche zu beobachten. Foto: NLWKN

An der Unterelbe sind die zurückgekehrten Uferschnepfen häufig in Gruppen und auf gemeinschaftlicher Nahrungssuche zu beobachten. Foto: NLWKN

„Ich freue mich, dass es an der Unterelbe und am Dümmer gelungen ist, den Brutbestand der Uferschnepfe zu stabilisieren beziehungsweise zu vergrößern. Da Niedersachsen für diese Vogelart eine besondere nationale und internationale Verantwortung besitzt, muss es unser Ziel sein, diesen Naturschutzerfolg auf weitere niedersächsische Brutgebiete der Uferschnepfe zu übertragen", sagt Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne).

Naturschutzprojekt: Forschung zu den Uferschnepfen 

Viele der heimischen Vögel sind Zugvögel. Jetzt wo sich der Winter verabschiedet und der Frühling Einzug hält, lösen sich die zu beobachtenden Vogelarten in norddeutschen Feuchtwiesengebieten ab: Die arktischen Gänse ziehen in Richtung ihrer nordischen Brutgebiete ab, die Brutvögel der Wiesen und Weidelandschaften kehren aus dem Süden zurück. Vogelkenner Lemke schaut bei den Rückkehrern genau hin. Anhand von Farbringen an den Beinen kann er manche Vögel individuell erkennen. „Wir konnten feststellen, dass sechs Uferschnepfen wieder zurück sind, die wir vergangenes Jahr hier im Gebiet beringt hatten."

Die wissenschaftliche Beringung von Uferschnepfen erfolgt im Rahmen des LIFE IP GrassBirdHabitats, einem großen Naturschutzprojekt mit europäischer Förderung und Landesmitteln Niedersachsens. Anhand der individuellen Farbringkombination lassen sich Verhalten und Gewohnheiten der Einzeltiere nachverfolgen. „Durch die Beringung wissen wir, dass manche Uferschnepfen immer wieder gerne auf derselben Fläche brüten", so Lemke. Die an die Unterelbe zurückgekehrten Uferschnepfen konzentrieren sich auf den jetzt flach überstauten Wiesen. Dort sind sie sehr emsig und fast ohne Pause dabei, Nahrung aufzunehmen.

Warum Uferschnepfen in der Kehdinger Marsch brüten

In den überstauten Wiesenflächen finden die Vögel vor allem Schlammröhrenwürmer. Regenwürmer und Schnakenlarven erbeuten die langschnäbligen Wiesenvögel dagegen auf den krautreichen Brutwiesen und Weiden. Nach dem langen Flug sind die Reserven aufgebraucht und die Vögel müssen „auftanken", um fit zu sein für die bald beginnende Brut.

Inzwischen sind Wissenschaft und Technik noch einen Schritt weiter. Einige Uferschnepfen können mit Sendern ausgestattet werden, die regelmäßig die Aufenthaltsorte der Vögel übermitteln. „Daher wissen wir, dass unsere Brutvögel, Uferschnepfen von der Unterelbe, in Westafrika im Senegal und in Mali überwintern", erklärt Lemke. Inzwischen würden allerdings nicht mehr alle Vögel bis nach Afrika fliegen: Einige verbringen den Winter im Tejo-Delta bei Lissabon.

„Langsam wird deutlich, dass zumindest die Langstreckenzieher zwischen verschiedenen Varianten wählen und ihr Zugverhalten an ihre Kondition und die lokalen Bedingungen anpassen", berichtet Lemke. Auf dem Weg in die Brutgebiete erfolgten Zwischenstopps in Portugal, Spanien und entlang der französischen Atlantikküste. Von dort erreichten die Uferschnepfen zum Teil ohne zusätzlichen Zwischenstopp die Unterelbe. Manche Vögel machen dagegen mehrtägige Zwischenstopps in den Niederlanden.

Im Vogelschutzgebiet Unterelbe wurden in den vergangenen Jahren bereits große Flächenanteile als Brutgebiete für die Uferschnepfen gestaltet und gepflegt. Die Zahl der Brutpaare konnte stabilisiert werden und steigt inzwischen anders als in vielen anderen Wiesenvogelgebieten Niedersachsen wieder an. (st)

Kiebitz in Gefahr – Dringender Appell an Landwirte im Kreis

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