Zähl Pixel
Gesundheit

TReiten in der Schwangerschaft: Muss ich jetzt eine Pause einlegen?

Die beiden Söhne Joost Johan (vorne) und Jacob Paul von Sophie-Luise Löhden wachsen mit Pferden und dem Reitsport auf.

Die beiden Söhne Joost Johan (vorne) und Jacob Paul von Sophie-Luise Löhden wachsen mit Pferden und dem Reitsport auf. Foto: Wenzel

Springreiterin und Mutter Sophie-Luise Löhden erzählt von ihren Erfahrungen und Physiotherapeutin Sabine Müller rät, was für die Muskulatur am besten ist.

Von Isabell Wenzel Samstag, 09.08.2025, 12:55 Uhr

Auf dem Pferdehof der Löhdens in Steddorf sorgen nicht nur viele Reiter und Pferde für Trubel. Die vierte Generation des traditionellen Familienbetriebs nach Johann, Jens und Josch Löhden ist schon auf dem Gelände vertreten: Der vierjährige Joost Johan nutzt den Hof als Spielplatz. Er fährt mit seinem kleinen Elektrotraktor durch die Ställe und über die Sandplätze.

Sein einjähriger Bruder Jacob Paul wird gerade von seiner Oma behütet. Mutter Sophie-Luise Löhden, Ehefrau von Josch Löhden, bereitet ihr Pferd für einen Ritt vor. Die 30-Jährige ist Reiterin aus Leidenschaft.

Trotz Schwangerschaft lange geritten

Zum ersten Mal schwanger wurde sie mit 26. Sohn Joost Johan kam 2021 zur Welt, Jacob Paul folgte 2024. „Ich bin in beiden Schwangerschaften lange geritten“, erinnert sich Sophie-Luise Löhden. „Ich bin aber nur bis zur zwölften Woche gesprungen und Turniere geritten.“

Wegen ihrer Schwangerschaft wollte die Reiterin nicht auf ihren Lieblingssport verzichten. Dafür hat sie sowohl Zuspruch als auch Kritik geerntet. Sophie-Luise Löhden hat sich jedoch nicht beirren lassen, Risiken hat sie ohnehin vermieden. „Ich bin locker geritten und habe mich nur auf Pferde gesetzt, die mir vertraut waren und bei denen ich mir sicher war. Natürlich bin ich keine jungen wilden Pferde geritten“, erklärt sie.

Zwei Wochen nach der Geburt wieder ab aufs Pferd

Als sie mit ihrem zweiten Sohn im achten Monat schwanger war, hatte sie einen leichten Reitunfall, bei dem sie aber auf den Füßen gelandet ist. „Ich habe mir Vorwürfe gemacht und war verunsichert. Nach Rücksprache mit meiner Hebamme bin ich ins Krankenhaus gefahren“, erzählt die Reiterin. Sie war sich sicher, dass sie im Krankenhaus getadelt würde. „Stattdessen hat mir die Ärztin gesagt, dass ich meine Entscheidungen selbst treffen und mir von niemandem reinreden lassen soll“, so Löhden weiter.

Ihre Söhne sind jeweils im März geboren, bis Ende Januar hat Sophie-Luise Löhden auf dem Pferd gesessen. „Ich habe mich dann einfach nicht mehr danach gefühlt, aber ich hatte nie das Gefühl, meine Kinder mit dem Reiten in Gefahr zu bringen.“

Zwei Wochen nach der Geburt stieg die junge Mutter wieder aufs Pferd. „Ich hatte zum Glück keine Verletzungen und keine Probleme durch die Geburt, so konnte ich schnell wieder reiten. Ich denke auch, dass ich wegen des Reitens keine Beckenbodenübungen machen musste“, sagt sie.

Das rät die Physiotherapeutin

Physiotherapeutin Sabine Müller schätzt die Lage etwas anders ein. „Bei professionellen Reiterinnen ist es gut möglich, dass das Reiten hilfreich bei der Rückbildung der Muskulatur nach einer Schwangerschaft ist, denn ihr motorisches Gedächtnis ist gut. Es gibt sowohl Studien, die das bestätigen, als auch widerlegen“, erklärt sie. Sie selbst ist seit ihrer Kindheit leidenschaftliche Hobbyreiterin und kann verstehen, dass Frauen mit dem Reiten nur so kurz wie möglich pausieren wollen.

Physiotherapeutin Sabine Müller ist selbst Hobbyreiterin und beschäftigt sich in ihrem Beruf viel mit Reiten während der Schwangerschaft.

Physiotherapeutin Sabine Müller ist selbst Hobbyreiterin und beschäftigt sich in ihrem Beruf viel mit Reiten während der Schwangerschaft. Foto: Wenzel

Sie würde Hobbyreiterinnen jedoch raten, nach einer Geburt länger zu warten, bevor sie wieder aufs Pferd steigen. „Die Rückbildung der Muskulatur dauert immer circa ein Jahr. Das bedeutet, wer zu früh wieder reitet, kann eine Inkontinenz fördern, denn die überdehnte und überbeanspruchte Bauchmuskulatur arbeitet nicht koordiniert, sodass der Druck auf den Beckenboden presst“, erklärt die Physiotherapeutin.

Aussitzen ist große Beanspruchung des Beckens

Das Problem sieht die 37-Jährige vor allem beim Aussitzen. Aussitzen bedeutet, dass die Reiterin während der Trabbewegung im Sattel sitzen bleibt und die Bewegung des Pferdes mit ihrer Hüfte ausgleicht. „Das ist der höchste Anspruch an den Beckenboden, der von vielen Reiterinnen nicht korrekt ausgeführt wird und deshalb zu Problemen führen kann.

Der Blasenhals ist durch die Schwangerschaft überbeweglich und die Gebärmutter hängt auch noch in den Seilen. Deshalb empfehle ich Hobbyreiterinnen, mindestens drei Monate neben dem Pferd zu bleiben.“ Dann kann langsam im Schritt begonnen werden. „Wenn die Rückbildung gut klappt, können die Reiterinnen nach einem dreiviertel Jahr langsam wieder mit dem Aussitzen anfangen.“

Sie empfiehlt außerdem, vor der Geburt früh genug mit dem Reiten aufzuhören. „Die Becken von Reiterinnen halten die Babys aufgrund ihrer starken Muskulatur gut fest. Deshalb sollten die Muskeln vor der Geburt genug Zeit haben, sich zu lockern. So ist die Geburt oft einfacher und schneller“, weiß die Zevenerin.

Der Tipp der Physiotherapeutin an alle Frauen nach einer Geburt: Pessare. „Die medizinischen Hilfsmittel werden eingeführt, um den Blasenhals zu stabilisieren, damit sie nicht jedes Mal wieder bei Druck überdehnt wird.“ Pessare erleichtern laut Sabine Müller nicht nur den Wiedereinstieg in das Reiten, sondern in jede Sportart.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel