THorneburg: Er holt Jesus aus der Finsternis zurück

„Verklärung Jesu“: Restaurator Gerold Ahrends festigt ein zentrales Gemälde des Altars von 1729 in der Liebfrauenkirche in Horneburg. Foto: Vasel
Gerold Ahrends kann Wasser nicht in Wein verwandeln, trotzdem vollbringt er wahre Wunder in der Horneburger Kirche. Einblicke in die besondere Arbeit eines Restaurators.
Horneburg. In luftiger Höhe sitzt Restaurator Gerolds Ahrends auf seinem Gerüst. Mit Spritze, Schwamm und Skalpell reinigt und festigt der Lauenburger die Farbe und das Blattgold auf dem Altar der Liebfrauenkirche in Horneburg. Pastorin Dorlies Schulze schaut ihm gemeinsam mit Dorothee Kröger und Johannes Kühn vom Kirchenvorstand zu.
Viele Details sind endlich wieder sichtbar. „Die Bilder wirken etwas heller“, freut sich Kröger. „Wir haben den alten Firnis zu neuem Glanz erweckt“, sagt Ahrends und betont: „Wir sind keine Künstler. Wir Restauratoren erhalten, was ist.“ Der Alterungsprozess bleibe trotz alledem sichtbar.
Neuer Glanz für den Altar
Am Donnerstag wird Ahrends sein Werk vollenden. Gemeinsam mit seiner Auszubildenden Anne-Sophie Heidmann von der Jugendbauhütte Lübeck hat er den zehn Bildern der Empore und den neun Bildern des frühbarocken Altars zu neuem Glanz verholfen.

Gerold Ahrends festigt die Farbe auf einem der beiden Engel des Altars. Die Engel mit Kelch und Kreuz (im Bild) stehen für Liebe und Glauben. Foto: Vasel
Die Feuchtigkeit und die Temperaturschwankungen vor der energetischen Sanierung, der Staub und der Schimmel - das alles habe Spuren hinterlassen. Farbe und Blattgold platzten von den beiden Engeln mit Kelch und Kreuz - Symbole für Liebe und Glaube - sowie dem triumphierenden Christus mit Kreuzesfahnen und den gewundenen korinthischen Säulen mit ihren goldverzierten Kapitellen.

Baubesprechung mit Restaurator, Amt für Bau- und Kunstpflege und Kirchenvorstand. Foto: Vasel
Akribisch festigten Ahrends und Heidmann die abgeplatzten Stellen auch auf den Bildern. Er festigte die Oberfläche. An unzähligen Stellen mussten Staub und Schimmel entfernt, Teilbereiche desinfiziert werden. Der Firnis blieb erhalten. Diese Schutzschicht verleiht Gemäldeoberflächen die Farbtiefe und Kontraste, aber auch den Glanz. Doch das Nachdunkeln alter Bilder - in Horneburg Öl auf Holz - kann der Firnis nicht verhindern.
Geheimnisvolle Löffel-Kerzenflammen entdeckt
Bislang war offen, ob die Bilder des Altars - ein frühbarockes Kunstwerk mit Stilelementen der Renaissance - und der Empore in einem Zusammenhang stehen. Der Restaurator ist davon überzeugt. Gerold Ahrends und Anne-Sophie Heidmann haben den Kunstwerken ein Geheimnis entlockt. Die Flammen der Kerzen auf den Bildern mit biblischen Szenen sind „wie ein Löffel“ tief in das Holz eingegraben. Dadurch wirken diese plastisch. Die Kirchenkunst-Experten vermuten deshalb, dass die „Bilder aus derselben Werkstatt stammen könnten“.

Die Kerzenflammen auf der Abendmahlsdarstellung sind vergoldet und löffelartig tief ins Holz geschnitzt. Foto: Vasel
Auf seinem Gerüst gerät der Restaurator ins Schwärmen, während er die Oberfläche - Restauratoren sprechen von der Fassung - der „Verklärung Jesu“ festigt. Dieses Bild hat ein bislang unbekannter Meister vor 1729 gemalt. „Die Altäre waren und sind wie große Bühnenbilder“, sagt Ahrends. Bevor die Bilder laufen lernten, waren sie das 3D-Kino der Gläubigen.
Altäre waren das 3D-Kino des Barockzeitalters
Auch das zentrale Bild über dem „Abendmahl“ - Letzteres stammt aus der Vorgängerkirche - ist ganz großes Bibel-Kino. Auf dem Gemälde sind unten Petrus, Jakobus und Johannes zu sehen. Jesus hat seine Jünger mit auf einen Berg genommen. Hier widersteht Jesus der Versuchung des Teufels, die Herrlichkeit und Reiche der Welt zu erwerben.

Die Bilder an der Empore werden gereinigt. Foto: Vasel
Es geht um Höheres, um das Bekenntnis des himmlischen Vaters - sprich Gott - zu seinem Sohn auf Erden. Jesus wird in Gottes Licht getaucht, Symbol für Gottes Herrlichkeit. Das Freudenlicht erscheint, es soll tief in Herz und Seele der Christen hineinstrahlen. Mose und Elia erscheinen neben Jesus - als zwei Zeugen der Verwandlung. Beim Evangelisten Matthäus heißt es: „Sein Antlitz strahlte wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ Und Gott spricht: „Dies ist mein geliebter Sohn. Auf ihn sollt ihr hören.“
Liebfrauenkirche wird umfassend saniert
Mit der Konservierung, Restaurierung und Reinigung des Altars mit seinem marmorierten Holzaufbau und der Bilder an den Emporen steht die umfassende Sanierung der 1729/1739 errichteten barocken Liebfrauenkirche in Horneburg kurz vor dem Abschluss. 2020 bis 2023 waren bereits Turm und Dach erneuert worden. Im Inneren gab es eine umfassende Schönheitskur - inklusive einer energetischen Sanierung. 2024 setzte Orgelbaumeister Martin ter Haseborg das Instrument mit dem denkmalgeschützten Prospekt (Vorderseite) von 1755 und den mächtigen historischen Pfeifen instand.

Blick auf die Orgel der Liebfrauenkirche von 1755 und die Bilder an der Empore. Foto: Vasel
Doch es geht weiter: Noch in diesem Jahr soll ein barocker Taufengel schweben. Doch das ist eine andere Geschichte. Die Kirchengemeinde ist bei ihren Projekten auf Spenden angewiesen und hat dafür ein Konto eingerichtet: Kreissparkasse Stade, IBAN DE38 2415 1116 0000 1300 13, Verwendungszweck: Taufengel oder Bilder.