TRocky Horror Show auf der Bühne: So feiert Stade das Kultmusical

Katja und Hendrik Sievers aus Himmelpforten gehören zu den wenigen voll kostümierten Zuschauern bei der Rocky Horror Show im Stadeum. Foto: Weselmann
Die Rocky Horror Show ist Kult. Seit 50 Jahren wird das Musical-Spektakel vom Publikum begeistert gefeiert. Im ausverkauften Stadeum war das nicht anders. Die Aufführung glänzte mit einem echten Highlight, aber eines kam am Abend doch zu kurz.
Stade. Die 1973 in London uraufgeführte Rocky Horror Show ist spätestens seit der Filmadaption von 1975 Kult. Das Musical von Richard O‘Brien wird seit Jahrzehnten im Stadeum gezeigt und zog am Donnerstag wieder Fans aus dem ganzen Landkreis nach Stade.
Sabine Trzeciak aus Stade hat ihre Tochter an der Seite und ist mit Rothaar-Perücke und schwarzem Spitzenkleid ausstaffiert. Die beiden freuen sich auf einen bunten Abend. Zu ihrer Jugendzeit habe sie den Film entdeckt, und auf jeder Party sei die Platte gespielt worden. „Es ist toll, dass das Stadeum so etwas anbietet. Ich bin gespannt auf die Bühnenumsetzung, allerdings nicht sicher, ob alle hier wissen, worauf sie sich da einlassen. Aber das ist in Stade ja öfter so“, sagt die Abonnentin.
Ersatz für Reis, Klopapier und Feuerzeug
Saskia Buck, Nina Krafczyk und Steffi Dombrowe aus Oldendorf fallen durch ihre pinken Federboas sofort ins Auge. Sie freuen sich schon richtig auf den Mitmachspaß. Auch wenn das Publikum hier nicht wie traditionell üblich mit Reis, Klopapierrollen, Feuerzeugen und Wasserpistolen bewaffnet sein darf, ist der obligatorische Einsatz der Zuschauer trotzdem gesichert. Im Foyer gibt es dafür eine gut gefüllte Mitmachtüte zu kaufen - mit Luftschlangen, Knicklicht, Zeitung, Kussmundpfeife, Girlande, Spielkarten und Anleitung.
Im Saal wird das Paket gut genutzt, aber jenseits von wilder Wasser- und Papierschlacht läuft der Abend doch eher gezähmt ab. Hendrik Sievers aus Himmelpforten ist echter Fan der Rocky Horror Show. „Ich hab die zum ersten Mal in den 90ern auf der Waldbühne erlebt und kann mitsprechen“, sagt er. Für seine Frau Katja ist das Neuland. Trotzdem kostet sie den Spaß voll aus und zieht mit ihrem klassischen Outfit à la Magenta die Blicke auf sich. Hendrik Sievers sieht, dass die Leute in Stade sich nur schwer gehen lassen können und ist froh, in einer Ecke mit textfesten Zuschauern zu sitzen.
Feuerwerk der Kostümkunst
Dessous und Strapse trägt kaum einer zur Schau, die meisten Zuschauer sind in zivil. Dieter Klemm ist der einzige Mann im Publikum, der im Frauenkleid samt rot geschminkten Lippen, Netzstrumpfhose und Paillettenglitzer erschienen ist. „Ich hätte mit mehr Menschen im Kostüm gerechnet“, sagt Klemm. Er und seine Frau sind aus Steinkirchen, wo die Filmaufführung der „Rocky Horror Picture Show“ im Dorfgemeinschaftshaus regelmäßig zum großen Happening wird. „Da geht es mehr zur Sache.“

Dominiert von knalligem Pink und Paillettenglitzer sind Kostüme und Bühnenausstattung eine echte Augenweide. Foto: Weselmann
Umso bunter ist das Spektakel auf der Bühne. Mit seiner Inszenierung liefert das Theater für Niedersachsen dafür einen Hingucker an Bühnenbild und ein echtes Feuerwerk der Kostümkunst. Dominiert von knalligem Pink und silbernem Paillettenglitzer, sprüht die nur so von Extravaganz und Ideenreichtum. Marion Moormann aus Buxtehude ist begeistert von der Umsetzung: „Die Kostüme sind der Hammer. Da fühlt man sich auf einen Schlag bieder.“ Annika Bloempott aus Hammah geht es da anders: „ Das ist schon sehr frei interpretiert. Ich stehe eher auf die klassische Variante“, sagt sie. Ihren Spaß hat sie trotzdem, „auch wenn Columbia wie ein Huhn aussieht“.
Paillettenglitzer und Dildo-Wackelei
Ein optisches Prachtstück ist der Babybauch des Frank ‘n‘ Furter in Form einer bis in den Saal funkelnden Discokugel. Er legt nicht nur ein teuflisch-heiteres Liebespiel mit Janet und Brad auf die Bühne, sondern glänzt mit einer bemerkenswerten Stimme. Überhaupt ist das Ensemble gesanglich stark aufgestellt und überzeugt bei allen frech-frivolen Höhepunkten auch musikalisch. Ein Aufreger ist das gewohnt schräg-obszöne Bühnenstück längst nicht mehr. Da mag es noch so viel nackte Haut, Phallus-Symbolik und Dildo-Wackelei geben.

Janine Winterfeld, Kristina Friemann und Lisa Stephan aus Stade finden es super, wie die Schauspieler das Publikum animieren und mitreißen. Foto: Weselmann
Janine Winterfeld, Kristina Friemann und Lisa Stephan aus Stade loben das Ensemble: „Es ist super, wie die Schauspieler animieren und mitreißen.“ Der Erzähler - der hier als Aufziehfigur in Erscheinung tritt - schafft gekonnt den Bezug zu Stade, reagiert mit heiteren Einlagen, wenn aus den Reihen das geforderte „Langweilig!“ ertönt, und hüpft einfach über Textpassagen hinweg. Bei Dr. Scott wird fleißig „Uuhh!“ gerufen, bei Eddie und Janet kommt dagegen nur selten ein „Pscht!“ oder „Weissss!“ aus dem Saal.
Der Time Warp kommt tatsächlich zu kurz. Den Tanz hätten Ensemble und Publikum gemeinsam doch ein bisschen mehr abfeiern können. Der allgemeinen Ausgelassenheit tut das keinen Abbruch. Die Show geht mit stehenden Ovationen, tosendem Applaus und Jubel für die Darsteller ins Finale.