TRotenburger Brandserie: Lange Haftstrafe für Feuerwehrmann

Auch der Brand in Mulmshorn wurde den Angeklagten zur Last gelegt und letztlich auch als belegt angesehen. Foto: Feuerwehr
Drei beste Freunde versetzen wochenlang Autohändler und Betriebe in der Region in Angst und Schrecken. Jetzt muss das Trio hinter Gitter. Auch der 23 Jahre alte Feuerwehrmann, der bis zuletzt alles abstritt.
Verden. Dieses Urteil wurde mit Spannung erwartet: Alle drei Angeklagten aus dem Brandserien-Prozess am Landgericht Verden sind zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der Brandstiftung in sechs Fällen hat die 2. Große Strafkammer zwei 25 und 26 Jahre alte Rotenburger schuldig gesprochen.
Das Gericht verhängte jeweils Freiheitsstrafen von vier Jahren und acht Monaten. Einen 23 Jahre alten Feuerwehrmann aus der Gemeinde Scheeßel verurteilte es wegen vier Fällen der Brandstiftung zu vier Jahren und vier Monaten Haft.
Urteil in Rotenburger Brandserie gesprochen: Kammer macht es spannend
Die Kammer schien es am Ende spannend machen zu wollen. Erst wurde die Urteilsverkündung um 30 Minuten verschoben, dann nannte der Vorsitzende Richter im Tenor des Urteils zunächst die Strafhöhen für beiden geständigen Rotenburger. Acht Jahre und neun Monate Haft hatte die Staatsanwältin als angemessen erachtet. Vier Jahre und elf Monate der Verteidiger des 26-Jährigen und viereinhalb Jahre der Verteidiger des 25-Jährigen.

Die Angeklagten Maximilian N. und Niclas W., beide aus Rotenburg, verdecken ihre Gesichter mit Aktenordnern. Foto: Bruns
Spannender war aber die Frage, wie die Kammer im Fall des 23-Jährigen entscheiden würde. Anders als seine inzwischen wohl ehemals besten Freunde hatte er eine Tatbeteiligung bestritten. Er sei zwar vor Ort gewesen, habe aber im Auto gewartet und keine Brände gelegt. Diese Behauptung sieht die Kammer als widerlegt an und geht sogar davon aus, dass der 23-Jährige bereits an der zweiten Tat beteiligt war. Dafür konnte er aber nicht verurteilt werden, weil er wegen dieser Tat nicht angeklagt war.
Alle drei Angeklagten, ansonsten ohne großen Freundeskreis, teilten das Interesse an Autos, besuchten sogenannten „Lost Places“, also vergessene Orte, und fuhren ziellos durch die Gegend. Auf diesen sogenannten Ortskontrollfahrten (OKF) in der Dunkelheit „kamen sie sich unverwundbar vor und begannen Fahrzeuge auf Parkplätzen in Brand zu setzen“, sagte der Vorsitzende Richter Dr. Andreas Ortmann.
Immer neue Feuer gelegt: Insgesamt sechs Taten abgeurteilt
Bei der ersten dieser sechs Taten am 23. Februar 2022 wollten sie sich laut dem Urteil einen auf einem Parkplatz an der Stuckenborsteler Straße in Sottrum parkenden T4 ansehen, „auch auf die Verwertbarkeit seiner Teile“. Dabei habe der 25-Jährige „aus Übermut“ eine in dem Transporter aufgefundene Dose Starthilfespray mit Hilfe eines Feuerzeugs zu einer Art „Bunsenbrenner“ umfunktioniert. „Der Beifahrersitz fing Feuer“, so der Richter. Das gesamte Fahrzeug brannte aus. Danach wurden immer Grillanzünder verwendet.
Als „die Besonderheit des Verfahrens“ bezeichnete es der Vorsitzende, dass die 25 und 26 Jahre alten Angeklagten die Taten „im Wesentlichen vollumfänglich gestanden haben“. Deren Angaben würden sich weitestgehend decken. Der 23-Jährige habe ausgesagt, „vor Ort“ gewesen zu sein, aber nicht beteiligt. „Es ist lebensfremd, dass er nicht mitbekommen haben will, wenn sie nachts stundenlang umhergefahren sind“, sagte der Vorsitzende. „Sie waren beste Freunde, haben sich alle ein identisches Tattoo stechen lassen.“
Die Kammer habe auch kein Motiv bei den beiden Rotenburgern für eine Falschbelastung erkennen können. „Man könnte an Rache denken, weil sie sich verraten gefühlt haben.“ Nachdem der 23-Jährige belastend nach einer Hausdurchsuchung im Februar 2023 bei der Polizei ausgesagt hatte. Dass diese Aussage zu den Haftbefehlen geführt habe, ließ die Kammer nicht als Argument gelten. „Die wären ohnehin erlassen worden.“
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Vorsitzende nennt zahlreiche Indizien
Schon vor dem Brand bei einem leer stehenden Autohaus in Zeven habe der 23-Jährige von den Brandlegungen durch seine Freunde gewusst. Diesbezüglich nannte der Vorsitzende zahlreiche Indizien. Ein Video mit dem Emblem des Maserati von der zweiten Tat, Schuhabdruckspuren, wenn auch nicht individualisierbar, Chatprotokolle und einiges mehr.
Bei dem Brand von 21 Fahrzeugen in Mulmshorn will er im Auto mit der Verlobten des 26-Jährigen gewartet, aber den Brand nicht wahrgenommen haben. Das glaubte die Kammer ihm angesichts des Ausmaßes des Brandes auch nicht.
Ein minderschwerer Fall kam zur Überzeugung der Richter bei keiner Tat in Betracht. Dafür hätten diese deutlich vom Durchschnittsfall abweichen müssen. Die Kammer wertete die Angaben des 23-Jährigen als Teilgeständnis und damit strafmildernd. Mehr Gewicht hatte es beiden anderen beiden Angeklagten: „Man kann gar nicht oft genug betonen, dass sich die Geständnisse erheblich strafmildernd ausgewirkt haben“, betonte der Vorsitzende.
Kammer sieht kein nachvollziehbares Motiv
Gegen die Angeklagten sprach, dass es „kein nachvollziehbares Motiv“ gab. „Die Taten wurden aus Langeweile und Übermut begangen“, stellte er fest. „Das Tragische an diesem Verfahren“ sei, dass es sie „voraussichtlich das ganze Leben prägen“ werde, sagte er bezogen auf die zu erwartenden Regressforderungen. Doch zunächst muss das Urteil erst rechtskräftig werden. (js)