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Verkehr

TS-Bahn: Mehr Zugausfälle, veraltete Technik - kaum Hoffnung für Pendler

S-Bahn oder Auto? Das fragen sich Berufspendler im Landkreis Stade. Kein Verkehrsmittel verspricht einen störungsfreien Betrieb. Schienennetz und Straßen in der Region haben großen Modernisierungsbedarf.

S-Bahn oder Auto? Das fragen sich Berufspendler im Landkreis Stade. Kein Verkehrsmittel verspricht einen störungsfreien Betrieb. Schienennetz und Straßen in der Region haben großen Modernisierungsbedarf. Foto: Sulzyc

Der Frust der Bahnpendler ist groß. Zuverlässiger wird der Betrieb nur mit neuer Technik, aber dafür fehlt das Geld. Und auch der Landkreis hat deswegen ein großes Problem.

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Von Thomas Sulzyc
Freitag, 13.06.2025, 19:09 Uhr

Landkreis. Ist die S-Bahn auf der Strecke zwischen Neugraben und Stade nun pünktlicher geworden? Das wollte Birgit Butter wissen. Die CDU-Landtagsabgeordnete aus Buxtehude veranstaltete und moderierte am Freitag das mittlerweile dritte Expertengespräch mit dem Titel „Runder Tisch S-Bahn“ im Stadthaus in Buxtehude.

Das Who‘s who des Bahnverkehrs im Landkreis Stade war erschienen. Zu den Teilnehmern gehörten unter anderem S-Bahn-Chef Jan Schröder, Lars Kappel, Leiter der Bahntochter Start Unterelbe, und Joachim Ebinger, Leiter des Bereichs Angebot bei der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG).

Teilnehmer am Expertengespräch „Runder Tisch S-Bahn“ im Stadthaus Buxtehude: Birgit Butter und Jan Schröder (vorne von links); Mitte: Klaus Müller (von links), Lars Kappel und Joachim Ebinger; hinten: Arne Kramer (von links), Torsten Heinze und Karsten Leist.

Teilnehmer am Expertengespräch „Runder Tisch S-Bahn“ im Stadthaus Buxtehude: Birgit Butter und Jan Schröder (vorne von links); Mitte: Klaus Müller (von links), Lars Kappel und Joachim Ebinger; hinten: Arne Kramer (von links), Torsten Heinze und Karsten Leist. Foto: Sulzyc

40.000 Menschen pendeln täglich mit der Bahn oder dem Auto aus dem Landkreis Stade zur Arbeit, 15.000 in den Landkreis hinein. Bahnfahrer erleben regelmäßig verspätete Züge und Zugausfälle. So oft, dass sie der Statistik keinen Glauben schenken. Demnach sind die Züge auf der S-Bahn-Linie S5 zwischen Elbgaustraße und Stade im vergangenen Jahr zu 96,1 Prozent pünktlich gefahren.

Birgit Butter setzte dem eine eigene Statistik entgegen. Sie hatte Bahngäste im Landkreis Stade aufgerufen, ihr Zugausfälle und Verspätungen per E-Mail zu melden. Im Durchschnitt zehn Zuschriften am Tag erhalte sie. Das Ergebnis vom Zeitraum 17. Dezember 2023 bis 11. Juni 2024 präsentierte die Abgeordnete der Expertenrunde am Freitag in Buxtehude: 2276 Verspätungen in den Stoßzeiten (6 bis 9 Uhr sowie 16 bis 18 Uhr), die längste dauerte 68 Minuten. Und 141 Zugausfälle meldeten Bahngäste.

Mittlerweile bestätigen Verantwortliche den Frust der Bahnpendler im Landkreis Stade: „Der Eindruck, es sei schlechter geworden, ist richtig“, sagt S-Bahn-Chef Jan Schröder. Deutlich zugenommen habe die Anzahl der ausgefallenen Zugkilometer auf der Linie S5 zwischen Elbgaustraße und Stade - eine Zunahme um 28 Prozent. Eine Statistik für den Streckenabschnitt zwischen Neugraben und Stade gibt es nach Angaben von Jan Schröder nicht.

Weniger S-Bahn-Züge auf der Linie S5 fahren mittlerweile pünktlich. Laut dem Qualitätsmonitor des HVV sank die Pünktlichkeit von 96,7 Prozent im Januar auf 92,1 Prozent im April. Das ist der neueste Wert - der niedrigste seit April 2024. Ausgefallene Züge werden dabei nicht berücksichtigt.

Was macht den Bahnbetrieb auf der Strecke zwischen Stade und Neugraben so anfällig? Störungen bei Signalen, Weichen und Stellwerken. Oder auch kurzfristige Reparaturen. Das bekamen Fahrgäste aus dem Landkreis Stade in den vergangenen Wochen als Gründe zu hören. Jan Schröder berichtete in Buxtehude noch von einem Luftballon, der sich in der Oberleitung verfangen hatte und Kurzschlüsse verursachte.

„Wir verspüren mehr Störungen in der Infrastruktur“, sagte Schröder. Ob die Bahnstrecke im Landkreis Stade und im Hamburger Süden nur noch Mangelverwaltung sei, wollte Birgit Butter wissen. Dem Verdacht der Mangelverwaltung widersprach Kristina Theiß. Sie leitet das Instandhaltungsmanagement der Deutschen Bahn im Bezirk Hamburg. Sie formulierte es so: Die Strecke im Süden sei „älteren Jahrgangs. Wir tauschen defekte Teile aus.“ Die Stellwerke seien einwandfrei gepflegt und gewartet, versicherte Schröder. Nur im Alter zwicke es eben manchmal.

Ein S-Bahn-Zug hält in Buxtehude. Laut dem HVV-Qualitätsmonitor fahren die Züge auf der S-Bahn-Linie S5 zu 92,1 Prozent pünktlich.

Ein S-Bahn-Zug hält in Buxtehude. Laut dem HVV-Qualitätsmonitor fahren die Züge auf der S-Bahn-Linie S5 zu 92,1 Prozent pünktlich. Foto: Sulzyc

Ein zusätzliches drittes Gleis würde den Bahnbetrieb nicht zuverlässiger machen, sagte Schröder. Digitale Steuerungstechnik dagegen schon. Züge könnten im 90-Sekunden-Takt aufeinander folgen. Wie also könnte die Bahnstrecke zwischen Stade und Neugraben widerstandsfähiger gegen Störungen werden? „Wir brauchen einen Plan, die Stellwerke zu erneuern“, sagte Schröder. Am Ende gehe es um Geld. Geld, das vom Bund kommen müsse.

Kaum Hoffnung für Pendler auf Besserung

Eine Chance sei der 500-Milliarden-Euro-Sonderfonds zur Unterstützung von Infrastruktur, Verteidigung und Klimaschutz. Schröder schlägt eine gemeinsame Initiative von Bahnunternehmen und Politik aus der Region vor. Der Fonds weckt Begehrlichkeiten in ganz Deutschland. Für Bahnpendler im Landkreis Stade besteht damit kaum Aussicht auf Besserung in den kommenden fünf bis zehn Jahren.

S-Bahn treibt Pendler vom Zug zurück ins Auto

Wie dringend notwendig das ist, machte Erster Kreisrat Torsten Heinze deutlich: „Die Zufriedenheit der Fahrgäste geht in den Keller“, sagte er. Die Folge: Ein Teil des Verkehrs gehe mittlerweile zurück vom Zug auf die Straße. Als Ausweichlösung tauge das Auto in den nächsten fünf bis neun Jahren aber nicht. Mehrere Straßenbauprojekte würden den Autoverkehr stören.

Die Frustration bei Pendlern bereite dem Landkreis Stade ein Personalproblem: „Wir kriegen keine Bewerbungen aus Hamburg mehr“, sagte Heinze. Dringend benötigte Fachkräfte blieben fern. Und wer aus Hamburg eine Stelle angenommen habe, suche sich nach zwei oder drei Jahren woanders einen Job - weil er nicht zuverlässig zur Arbeit nach Stade und/oder wieder zurück komme.

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