TSEK-Einsatz bei Netto: 37-Jähriger in Stade verurteilt

Der Mann soll in einen Discounter im Landkreis Cuxhaven eingedrungen sein und sich dort verschanzt haben. Foto: Lütt
„Lichterloh“, so der Kammervorsitzende, habe das Opfer gebrannt: Ein 37-Jähriger soll einen Mann im Jahr 2024 mit Benzin benetzt und angesteckt haben. Der Prozess vor dem Stader Landgericht endete mit diesem Urteil.
Landkreis Cuxhaven. Auf richterliche Weisung wird der 37-Jährige auf unbestimmte Zeit in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Mit diesem Urteil endete am Montag ein sich über sieben Hauptverhandlungstage erstreckender Prozess am Stader Landgericht.
Im Zuge der unter dem Vorwurf des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung geführten Beweisaufnahme war zur Sprache gekommen, wie der aus der Ukraine stammende Mann seinem Opfer aufgelauert und den vermeintlichen Nebenbuhler auf offener Straße mit Brandbeschleuniger und einem Feuerzeug attackiert hatte.
Der 68-Jährige erlitt schwere Verletzungen im Bereich des Gesichtes, des Oberkörpers und der Hände - und konnte doch Schlimmeres verhindern, indem es ihm gelang, sich die brennende Kleidung vom Leib zu reißen.
Mordmerkmale fallen in diesem Fall nicht ins Gewicht
Eine Form von Geistesgegenwart, mit der nach Überzeugung der Richter nicht zu rechnen gewesen ist. Die Kammer um den Vorsitzenden Erik Paarmann ging deshalb davon aus, dass der zum Tatzeitpunkt mit einer Gesichtsmaske und einer Feuerschutzbrille ausstaffierte Angeklagte den Tod des Anschlagopfers zumindest billigend in Kauf genommen hat. Paarmann verwies im selben Atemzug auf die Mordmerkmale Heimtücke und Grausamkeit; beide können der Kammer zufolge im vorliegenden Fall als erfüllt gelten.
Gleichwohl ist die Frage, ob es sich um versuchten Mord oder um einen versuchten Totschlag gehandelt hat, aus juristischer Sicht nachrangig: Weil der Angeklagte aufgrund einer bei ihm diagnostizierten schweren psychischen Erkrankung als schuldunfähig eingestuft werden muss, hatten die Richter im Prozessverlauf nicht über eine Haftstrafe, sondern „nur“ über die Unterbringung des 37-Jährigen zu entscheiden. Jene beschrieb Paarmann in seiner Urteilsbegründung allerdings als alternativlos.
Mehrere SEK-Einsätze bis zu seiner Festnahme
„Sie sind derzeit gefährlich“, wandte er sich an den zu Sitzungsbeginn in Handfesseln in den Saal geführten Beschuldigten. Und erinnerte daran, dass dessen von Angst- und von Wahnvorstellungen geleitetes Handeln im vergangenen Jahr mehrere Einsätze des Spezialeinsatzkommandos (SEK) heraufbeschworen hatte. Der Vorsitzende erwähnte in diesem Zusammenhang auch einen Vorfall, der sich im Nachgang der Altenwalder Tat abgespielt hatte. Damals habe es fünf Polizeibeamter bedurft, um den Angeklagten, der sich in einem Lebensmittelmarkt an der Brockeswalder Chaussee verschanzt hatte, niederzuringen.
Prozess in Stade
T Sechs Jahre Haft für geständigen Missbrauchstäter
Dass die Schübe des seit seiner Festnahme in Maßregelvollzug sitzenden Beschuldigten schon im Jahr davor an Heftigkeit gewonnen hatten, las die Kammer auch aus dem Verhalten des Mannes gegenüber einer im Prozess als Zeugin angehörten Ärztin heraus. Mit der Frau soll der 37-Jährige eine kurze Liaison gehabt haben, bevor er ihr nachzustellen und sie zu stalken begann. Schließlich soll der laut Gericht „nahe an der Obdachlosigkeit“ lebende Ukrainer seiner Angebeteten vorgeworfen haben, für den russischen Geheimdienst zu spionieren. Einem medizinischen Gutachter gegenüber klagte er offenbar über Stimmen in seinem Kopf.
Rückkehr zu einem Leben in Freiheit nicht ausgeschlossen
Dass der Mann irgendwann in ein Leben in Freiheit zurückkehrt, schloss der Kammervorsitzende am Montag nicht aus. Mit einer Entlassung könnte im Heilungsfall sogar vergleichsweise schnell zu rechnen sein. Wiewohl solch ein Schritt - so Paarmann - auch vom Betreffenden „erarbeitet“ werden müsse. Liege es doch an jenem selbst, im Rahmen seiner Therapie aktiv am Genesungsfortschritt mitwirken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.