TEkel-Alarm in Horneburg: Darum ist die Kirchenorgel erstummt

Orgelbaumeister Martin ter Haseborg reicht seinem Kollegen Bokor László Zoltán einige Pfeifen in die Orgel (von rechts). Das Instrument in Horneburg wird von Spinnweben, Schimmel und Staub gereinigt. Foto: Vasel
Es war für viele Horneburger eine Hiobsbotschaft: Die Orgel bleibt nach der Kirchensanierung stumm. Doch Orgelbauer konnten jetzt verkünden, dass die „Seele der Kirche“ erfolgreich von Staub und Schimmel befreit wurde. So geht es weiter.
Horneburg. Mehr als 1100 Pfeifen der Horneburger Orgel müssen gereinigt werden. In der Kirche steht wieder ein Gerüst. Während der Kirchensanierung war das imposante Instrument von 2020 bis 2023 eingehaust worden. Eigentlich sollten die OSB-Platten früher fallen, doch die Sanierung verzögerte sich. Die Folge: Spinnweben, Staub und - bedingt durch die Feuchtigkeit - Schimmel.
Staub und Schimmel werden beseitigt
Gemeinsam mit dem Orgelsachverständigen der Landeskirche, Martin Böcker aus Stade, fiel im vergangenen Jahr die Entscheidung, dass die Orgel der 1729/1739 errichteten barocken Liebfrauenkirche nach Abschluss der Grundsanierung erst einmal stumm blieb. Es galt, sowohl Organisten als auch Gottesdienstbesucher zu schützen. Schließlich sollte der Orgelwind beim Spielen keine gesundheitsgefährdenden Schimmelpilzsporen in der Kirche verteilen, erklärt Orgelbaumeister Martin ter Haseborg aus Uplengen.

Die Orgel in der Horneburger Kirche ist wieder eingerüstet. Foto: Vasel
Damit die Pfeifen klingen, benötigen sie die Zufuhr von komprimierter Luft. „In einigen Bereichen hat es eine extreme Schimmelbildung gegeben“, sagt der Betriebsleiter des Unternehmens Orgelbau in Ostfriesland. Durch den Klimawandel werde sich das Risiko in vielen Baudenkmälern noch erhöhen, ergänzt der Restaurator und Orgelbauer Alexander Eckert aus Baden-Württemberg.
Meister stimmt die Orgel der Liebfrauenkirche neu
Gemeinsam mit ihrem Kollegen Bokor László Zoltán aus Siebenbürgen in Rumänien haben sie in dieser Woche mit der Reinigung der Orgel begonnen. Diese ist das Werk vieler Meister. Von der Orgel von 1755 - gebaut von dem Weinhändler und Orgelbauer Johann Matthias Schreiber aus Glückstadt - ist lediglich der denkmalgeschützte Prospekt (Vorderseite) mit den mächtigen historischen Pfeifen erhalten.
Die Gebrüder Hillebrand (1974/1987) und Amadeus Junker (1999) bauten in mehreren Bauabschnitten eine neue Orgel ein. Eckert und ter Haseborg sind froh, den Orgelbauer aus Siebenbürgen im Team zu haben. „Auch uns plagt der Fachkräftemangel“, sagt des Restaurator, der deutschland- und europaweit unterwegs ist und unter anderem bedeutende Orgeln des Baltikums in Estland und Lettland restauriert hat.

Bokor László Zoltán reinigt die Pfeifen im Kirchturm. Foto: Vasel
Arbeitsschutz wird großgeschrieben. Bei der Grundreinigung des Instrumentes inklusive des Prospekts, innen und außen, trug das Team deshalb Atemschutzmasken und Schutzoveralls. Ein Spezialsauger und Spezialmittel kamen zum Einsatz. Die Orgelbauer und Restauratoren beseitigten den Staub, dieser setzt die Pfeifen zu, und den Schimmel. Damit nicht genug: Zur besseren Durchlüftung des Orgel-Inneren werden weitere Lüftungsschlitze eingebaut. Einige Pfeifen und Teile werden auch in der Werkstatt überarbeitet. Auch Ausbesserungen seien geplant. Ein Großteil der Pfeifen lagert im Turm.

Orgelbaumeister Martin ter Haseborg verschafft sich im Kirchturm einen Überblick über die ausgebauten Pfeifen. Foto: Vasel
Voraussichtlich 72.000 Euro werden Reinigung, Reparatur und Stimmen der Orgel kosten. Das Stimmen wird, nach dem Aus- und Wiedereinbau der Pfeifen für die Orgel-OP, erst im April/Mai möglich sein. Dafür sei eine „absolut gleichbleibende Temperatur“ notwendig. Deshalb werden Orgeln in der Regel im Herbst oder Frühjahr gestimmt. Die Grundeinstellung halte 20 Jahre vor. Dabei verlässt sich Martin ter Haseborg, der die Orgel vor der Sanierung der Kirche auch gewartet hat, auf sein Gehör und seine Messinstrumente. Die energetische Sanierung der Kirche, so der erste Eindruck, werde sich positiv auf das Raumklima und damit auch auf das Instrument auswirken - immer vorausgesetzt, dass die Kirche nicht zu stark und zu schnell aufgeheizt wird. Weil neue Böden und Bänke eingebaut wurden, wird der Orgelbaumeister den Klang auf die neue Raumakustik anpassen.
Die Horneburger müssen einen Eigenanteil von 25.650 Euro aufbringen. Auch Landeskirche und Kirchenkreis sowie an der Sanierung beteiligte Firmen haben ihre Hilfe zugesagt, freuen sich Pastorin Dorlies Schulze und Dorothee Kröger vom Kirchenvorstand.
Für die Horneburger sei eine Kirche ohne Orgel wie ein Körper ohne Seele. Ter Haseborg ist zuversichtlich: „Möglicherweise wird die Orgel bereits im August wieder gespielt werden können.“
Die Kirchengemeinde hat ein Spendenkonto eingerichtet: Kreissparkasse Stade, IBAN DE43 2415 1116 0000 4116 11, Verwendungszweck: Orgel