TSchlager-Urgestein Peter Sebastian und seine Verbindung zu Freddy Quinn

1989 gelang Peter Sebastian mit der Wiederveröffentlichung des Schlagers „Du schwarzer Zigeuner“ der Durchbruch. 1990 gründete er die Plattenfirma Toi Toi Toi Records. Foto: AJ Photo Art
Bundesverdienstkreuz, Ehrenkommissar bei der Polizei Hamburg und erfolgreicher Musikproduzent: Peter Sebastian brennt an allen Enden.
Hamburg. TAGEBLATT. Gingen Sie am Anfang Ihrer Karriere nicht ein großes Risiko ein, als gelernter Hotel- und Gastronomiefachmann in die Musikbranche zu wechseln?
Peter Sebastian: Ich hatte mir vorgenommen, erst dann meinen alten Beruf ganz an den Nagel zu hängen, sobald ich von den Einkünften im neuen Job mein Leben bestreiten kann.
Entdeckt wurden Sie von Lilli Blessmann, der 2008 verstorbenen Ehefrau von Freddy Quinn. Wie kam es dazu?
In einem Sylter Hotel saß immer eine Dame an Tisch 24. Einmal durfte ich für den Oberkellner einspringen und habe dabei alle Register gezogen – tranchieren, filetieren, Crêpe Suzette am Tisch bereiten. Dafür habe ich 25 Mark Trinkgeld von Frau Blessmann bekommen und einen Rüffel vom Oberkellner. Aber der Kontakt war nun da, und später erzählte ich ihr, dass man mich früher als „Heintje von Fürth“ bezeichnet hat.
Mussten Sie Ihr Talent erst unter Beweis stellen?
Lilli Blessmann hatte mich zum Vorsingen zu dem Produzenten von Freddy Quinn geschickt. Unter Tausenden von Bewerbern habe ich dann den Zuschlag bekommen. Jahre danach verriet sie mir: „Ich habe einen Riecher bei Freddy gehabt und einen Riecher bei Ihnen.“ Durch ihren Riecher hat also meine Karriere als Sänger begonnen.
Sie haben unter anderem Titel von Freddy Quinn wie „Junge, komm bald wieder“ neu aufgenommen. Wie eng war damals der Kontakt zu Freddy?
Ich glaube, dass er ein bisschen eifersüchtig war, weil Frau Blessmann mich gefördert hat. Einmal kurz vor Weihnachten hörte ich vor meiner damaligen Wohnung in Wellingsbüttel ein „Ho ho ho“. Da hatte sie Freddy, als Weihnachtsmann verkleidet, geschickt, um mir im Auftrag seiner Frau ein Geschenk zu bringen.
Neben eigenen Auftritten und Aufnahmen produzieren Sie auch zahlreiche andere Künstler. Nach welchen Kriterien gehen Sie dabei vor?
Nach dem Motto von Frau Blessmann: „Niemanden wegschicken, wenn er mal eine Kassette, ein Band oder Ähnliches abgibt.“ So bin ich auch bei meiner eigenen Plattenfirma Toi Toi Toi Records verfahren, um zahlreiche Newcomer aufzubauen. Darüber hinaus produzierte ich Künstler wie Lolita, Ulla Norden, Wolfgang Sauer, Dunja Rajter.
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„Du schwarzer Zigeuner“ wurde 1931 von Karel Vacek komponiert, 1953 von Vico Torriani zum Hit avanciert und in den 80ern von Ihnen neu interpretiert. Warum haben Sie den umstrittenen Titel nie aus dem Repertoire genommen?
Ich habe den Song immer beibehalten, aber als Kompromiss den Titel in „Musicano, Musicano“ geändert. Bei Auftritten mache ich vorher immer eine Ansage, dass es ein kulturell wertvolles Lied ist und man dafür Verständnis haben sollte. Wenn man mich zu Mamas Geburtstag bucht, weil sie bei diesem Lied ihren Mann kennengelernt hat, werde ich es natürlich im Originaltitel singen.
Eine Zeit lang haben Sie sich mit türkischer Musik beschäftigt. Wie kam es dazu?
Im Langzeiturlaub in meiner ehemaligen Ferienwohnung in Alanya stellte ich fest, dass orientalische Musik viel mehr ist als ein Flötenspieler, der eine Schlange aus dem Korb lockt. Ich habe dann meinen Komponisten Christoph Leis-Bendorff angerufen und gefragt: „Hast du Bock, irgendetwas mit orientalischer Musik mit mir zu machen?“ „Tschakka“, hat er gesagt. „Endlich mal etwas anderes.“ Daraus entstanden dann zwei Alben.
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Haben Sie keine Angst, dass Schlager irgendwann nicht mehr angesagt sind?
Ich habe früher schon Rap in meine Musik eingebaut, als die Rundfunkredakteure noch sagten: „Nein, das kann man den Hörern nicht zumuten.“ Ehrlich - ich mag nicht das gleiche Strickmuster im Schlager. Deshalb habe ich viel mit Livemusik gemacht, Bigband-Aufnahmen und den Abstecher ins Orientalische. Wenn du als Sänger nicht die Kraft hast, dein eigenes Ich zu verwirklichen, lügst du dir selbst in die Tasche. Deshalb werden meine Schlager hoffentlich auch weiter Bestand haben.
Auf dem Schlagermove sind Sie jahrelang aufgetreten, waren dann mit einem Inklusionswagen am Start. Was treibt Sie an zu diesem sozialen Engagement?
Um zu zeigen, dass man Rollstuhlfahrende nicht ausgrenzen darf. Bei einem Move dürfen sie auf keinen Truck, weil die notwendigen Absicherungen nicht vorhanden sind. 2019 habe ich deshalb den ersten Rollstuhl-Truck Europas mit meinem Kooperationspartner „Die Deutsche Muskelschwund-Hilfe“ organisiert. Du bekommst so viel Schönes im Leben und musst nur die Augen aufmachen, wie man etwas zurückgeben kann.
Was war für den Umbau eines normalen Trucks in einen Spezialwagen für Rollis erforderlich?
Mit meinem Wagenmeister Uwe Borutta waren wir stundenlang zum Info-Gespräch beim TÜV. Normalerweise reichen die Sicherheitsgitter bis auf Brusthöhe. So können Rollstuhlfahrende aber nichts sehen. Also mussten wir sie niedriger konzipieren und in Bodennähe stabilisieren, damit sie nicht mit den Fußstützen rausrutschen. Nicht zu vergessen ein barrierefreies WC und genügend Bewegungsfreiheit, damit sie von vorn bis hinten durchrollen können. Und das Wichtigste: Der Truck muss eine Hebebühne haben.
Für welche Verdienste erhielten Sie 2005 die Auszeichnung als Ehrenkommissar der Polizei?
Als ich 1981 den Polizeiball im CCH moderiert habe, gab es eine Tombola für das „Gemeinnützige Jugendwerk unfallgeschädigter Kinder e.V.“. Davon inspiriert, wurde ich offizieller Botschafter des Jugendwerks in der Sportvereinigung der Polizei Hamburg. Einmal im Jahr veranstalte ich auch die Benefizveranstaltung „Starpyramide“ in der Friedrich-Ebert-Halle in Harburg für unfallgeschädigte Kinder. 2026 steuere ich auf die 40. Ausgabe zu. Ich höre erst auf, wenn der HSV wieder deutscher Meister ist.
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Welche musikalischen Pläne möchten Sie in naher Zukunft umsetzen?
Ich habe gerade einen neuen Titel auf den Markt gebracht. „Ein Lächeln, fällt es auch manchmal schwer“, weil ich finde, dass die Menschen nach Corona und in der dramatischen Weltsituation etwas verlernt haben – das Lächeln.
Zur Person
Peter Sebastian wurde am 8. Januar 1958 in Fürth geboren und schloss mit 22 Jahren dort auch seine Ausbildung zum Hotel- und Gastronomiefachmann ab. Anfang der 1980er Jahre startete er seine Karriere als Sänger. 1989 gelang ihm mit der Wiederveröffentlichung des Schlagers „Du schwarzer Zigeuner“ der Durchbruch. 1990 gründete er die Plattenfirma Toi Toi Toi Records. Neben fast 30 Alben und über 100 Singles war Sebastian häufiger Gast in TV-Sendungen und trat als Schauspieler in der Fernsehserie „Großstadtrevier“ auf. Für sein soziales Engagement erhielt er 2001 das Bundesverdienstkreuz. Wahlhamburger ist Peter Sebastian seit 1980.
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Zeitgeist bedeutet für mich… den Puls der Menschen zu fühlen, ohne dabei meine eigenen Werte zu verlieren.
Mein Lebensmotto heißt… Nichts ist interessant, wenn man nicht interessiert ist.
Kürzertreten werde ich erst, wenn… mein Herz mir sagt: Jetzt ist es gut.
Eine goldene Schallplatte erhielt ich… 2004 für den Titel von Yvonne Catterfeld „Du bleibst immer noch du“.
Zu meinen Hobbys zählt… aus Treibgut der Straße oder anderen Gegenständen mit Zement und Silberglanz Unikate zu fertigen.

1989 gelang ihm mit der Wiederveröffentlichung des Schlagers „Du schwarzer Zigeuner“ der Durchbruch. 1990 gründete er die Plattenfirma „Toi Toi Toi Records“. Foto: AJ PhotoArt