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Urteile

TIllegale Einreisen: Stader Schleuserprozess endet für viele milde

Der Polizei gelang im Altländer Viertel in Stade im September 2023 ein Schlag gegen die Schleuser-Bande.

Der Polizei gelang im Altländer Viertel in Stade im September 2023 ein Schlag gegen die Schleuser-Bande. Foto: Vasel

Es war ein Mammutprozess nach spektakulärer Razzia: Vier Syrer haben Landsleute nach Deutschland geschleust. Als das Urteil fällt, schreit der Hauptangeklagte auf.

Von Franziska Felsch Donnerstag, 20.02.2025, 18:25 Uhr

Stade. Zwischenrufe, Tumulte, Erkrankung: Es war ein sehr ungewöhnlicher Auftakt im Juni 2024, als vor dem Stader Landgericht der Schleuserprozess begann. Wie damals berichtet, war eine 24-Jährige nicht verhandlungsfähig, ihr Verfahren wurde vom Prozess abgekoppelt. Und zu allem Überfluss musste der Prozess komplett von vorne beginnen, weil eine Schöffin erkrankte.

So unruhig wie der Mammutprozess begonnen hatte (es waren 50 Verhandlungstage angesetzt), so ruhig und gesittet ging er zu Ende. Die Vorsitzende der 4. Großen Strafkammer, Richterin Nina Reinecker, verkündete die Urteile, die auf der geständigen Einlassung, aber auch auf den Aussagen der Zeugen sowie auf Beweisen durch den Chatverlauf und versendete Bilder beruhten.

Berücksichtigt wurden außerdem die persönlichen Verhältnisse der vier Angeklagten: Die zwei Männer und zwei Frauen waren mit ihren Familien zwischen 2016 und 2022 vor dem Assad-Regime nach Deutschland geflohen und leben seitdem hier mit Duldung. Voreintragungen gab es nicht.

Der Tatvorwurf lautete Geldwäsche, Missbrauch von Ausweispapieren sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen, wodurch sich die Angeklagten - so das Gericht - erwiesenermaßen eine Dauereinnahmequelle verschafften.

Von Athen aus hatten die Schleuser operiert. Vorzugsweise per Flugzeug beförderten sie ihre Landsleute in die Schweiz, Belgien, die Niederlande oder Luxemburg und von dort weiter per Pkw, Bahn oder Bus. Alternativ über die Balkanroute, mit teilweise manipulierten Ausweisen.

Hauptangeklagte schreit auf

Die 49-jährige Hauptangeklagte, die federführend die Einreisen organisiert hatte und das einkassierte Geld verwaltete, schluchzte hörbar und schrie „Nein“ nach dem Urteilsspruch. In nachweislich sechs Fällen hat die Mutter von sieben Kindern gegen Zahlung von mindestens 2000 Euro pro Person in Form von Bargeld oder Goldschmuck die illegale Einreise der syrischen Staatsangehörigen nach Deutschland abgewickelt. Sie wurde für schuldig befunden und zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Damit blieb die Kammer in der Mitte des möglichen Strafrahmens, wie Richterin Reinecker betonte. Von einem Jahr bis zu zehn Jahren sind in diesen Fällen legitim.

Weitere Prozesse vor dem Landgericht

Ihr mitangeklagter Sohn kam glimpflicher davon: Er soll auf Bitten eines Bekannten mehreren Personen Flug- und Zugtickets von Prag nach Fulda, Leipzig und Hamburg besorgt haben, die er später erstattet bekam. Der 28-Jährige erhielt zehn Monate Haft, die durch die Untersuchungshaft bereits abgegolten sind.

Bewährung für das mitangeklagte Ehepaar

Auch nicht ins Gefängnis muss das beteiligte Ehepaar, 43 und 51 Jahre alt, dessen Gewinn pro eingeschleuster Person auf etwa 500 Euro zu beziffern sei. Für ihr gemeinschaftliches Vergehen, telefonisch Schleuser vor Ort beauftragt zu haben, um Landsleute aus Syrien zu holen, wurden sie je zu einem Jahr und sechs Monaten verurteilt - ausgesetzt zur Bewährung von zwei Jahren.

Das Strafmaß fiel auch deswegen so aus, weil die beiden Ehepartner nicht vorbestraft sind und sich geständig zeigten. Die Kammer sei überzeugt, dass das Verfahren und die erfolgte Haftzeit als Warnung ausreiche. Die Dolmetscherin übersetzte aber noch mal eindringlich den Hinweis, sich nichts zuschulden kommen zu lassen, da sie sonst ihre Haft hinter Gittern antreten müssten.

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