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Schützen in Feierlaune

TSchützenfestsaison im Kreis Stade beginnt – Boom in den Vereinen ungebrochen

Tradition in schöner Atmosphäre: Der Schützenverein Altkloster feiert den Großen Zapfenstreich.

Tradition in schöner Atmosphäre: Der Schützenverein Altkloster feiert den Großen Zapfenstreich. Foto: IsoluxX Fotografie (Archiv)

Mit dem Schützenfest in Wiepenkathen beginnt an diesem Wochenende die neue Saison. Knapp 18.000 Menschen im Landkreis Stade sind wieder in Feierlaune. Aber was treibt die Leute in die Schützenvereine? Und warum sind sie so treu?

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Von Daniel Berlin
Samstag, 27.04.2024, 07:50 Uhr

Landkreis. Jan Steffens schaut sich ganz genau die neusten Statistiken an. Dem obersten Schützen des Bezirksschützenverbandes Stade (BSV) leuchten die Augen, wenn er die Zahlen sieht. Zwischen Ahlerstedt und Wolfsbruch, zwischen Sauensiek und Estebrügge zählt der BSV-Präsident 17.946 Mitglieder. Am 31. Dezember 2023 war also fast ein Zehntel aller Menschen im Landkreis Stade in einem der 58 Vereine organisiert. Ein stolzer Wert.

Enormer Zuwachs bei den jungen Schützen

Die Schützen sind ein vereinstreues Volk. Die Zahl der Mitglieder stieg im Vergleich zum Vorjahr um 190. Bei den unter 21-jährigen Schützen vermeldet Jan Steffens sogar einen Zuwachs von 258 Menschen. Die Vereine haben sich immer schon Gedanken gemacht, wie sie an Mitglieder kommen und wie sie sie halten. Kinder reizen vor allem das Lichtschießen mit dem Lasergewehr und das Blasrohrschießen. Letzteres etabliert sich seit 2022 in den Vereinen des BSV.

Es ist die Sehnsucht nach dem Gemeinschaftsgefühl.

Jan Steffens, Vorsitzender des Bezirksschützenverbandes Stade

„Die härteste Fluktuation verzeichnen wir durch Todesfälle“, sagt Jan Steffens. Er selbst hielt in seiner Funktion als Präsident oder als Chef der Schützen in Assel bereits Grabreden oder führte die Trauergesellschaft über die Friedhofspfade an die Grabstelle. „Die Schützenrede ist den Hinterbliebenen etwas wert“, sagt Jan Steffens.

Schützenvereine bieten mehr als Brauchtum

Der heute 51-Jährige agiert seit 2017 als BSV-Präsident. Vorsitzender des Asseler Schützenvereins ist Steffens seit 2006. Er hat eine Erklärung, warum die Schützenvereine der Region seit Jahren einen Boom erfahren. „Es ist die Sehnsucht nach dem Gemeinschaftsgefühl“, sagt er. Egal, ob jung oder alt, egal welches Geschlecht. Die Menschen wollen in schwierigen Zeiten gemeinsam etwas erleben, Spaß haben. Schützenfeste seien dabei das Verbindende. Dort präsentieren sich die Vereine, dort versuchen sie, Menschen zu motivieren.

Der Chef des Bezirksschützenverbandes, Jan Steffens, schießt selbst bei Wettkämpfen für seinen Verein in Assel.

Der Chef des Bezirksschützenverbandes, Jan Steffens, schießt selbst bei Wettkämpfen für seinen Verein in Assel. Foto: Berlin

62 Schützenfeste feiern die Vereine aus dem BSV und die Schützen der Anrainergemeinden Richtung Hamburg und Landkreis Harburg zwischen April und September. Wiepenkathen macht jetzt vom 27. April bis zum 1. Mai den Anfang. Dollern beschließt vom 6. bis zum 8. September traditionell die Saison. Jan Steffens bekommt mindestens 20 Einladungen pro Jahr. Er kann nicht alles schaffen, besucht aber mindestens sieben Feste plus die Vereine, die runde Jubiläen begehen.

Drei Vereine feiern 100-jähriges Jubiläum

Die Buxtehuder Ortschaft Dammhausen feiert am ersten Mai-Wochenende das 50-jährige Bestehen seines Schützenvereins. Der Verein in Hamelwördenermoor wird Ende Mai 100 Jahre alt, ebenso wie Brest Ende Juni und Wolfsbruch Ende Juli. 100 Jahre sind aber noch kein Alter, wenn man einen Blick auf die Dinosaurier im Bezirksschützenverband Stade wirft.

Die Gilde in Buxtehude gibt es seit nunmehr 485 Jahren. Die Schützen aus Freiburg haben sich erstmals im Jahr 1598 offiziell organisiert, also vor 426 Jahren. Dagegen ist der Schützenverein in Issendorf mit gerade mal 28 Jahren das Küken unter den Vereinen. „Städte haben es schwerer, Mitglieder zu bekommen“, sagt Jan Steffens. Je ländlicher die Strukturen sind, desto mehr Mitglieder strömten in die Vereine. Nur den ganz strukturarmen Regionen fehle der Nachwuchs.

Ganz früh am Morgen sind die Schützen aus Schüttdamm-Isensee unterwegs.

Ganz früh am Morgen sind die Schützen aus Schüttdamm-Isensee unterwegs. Foto: Bjoern Zuehlke (Archiv)

Konkurrenzgehabe ist den Schützenvereinen scheinbar fremd. „Früher wollten sich die Vereine bloß nicht in die Karten schauen lassen“, sagt Steffens. Heute sei das anders. Allein in Kehdingen tauschen sich die Vorsitzenden einmal pro Jahr aus. Wie haltet ihr die Mitglieder bei Laune? Warum strömt die Jugend gerade zu euch? Hat ein Verein eine gute Lösung, probiert der andere Verein den Ansatz selbst aus. „Jeder ackert“, sagt Steffens - und schafft es meistens mit einer Mischung aus Geselligkeit und Sport.

Mit 890 Mitgliedern liegt Assel in den Top 10

So hat es beispielsweise der Verein in Assel zum mitgliederstärksten Schützenverein im BSV geschafft. 890 Menschen sind dort organisiert. Deutschlandweit liegt Assel sogar in den Top 10 der Vereine, die dem Deutschen Schützenbund (DSB) angehören. Hinter Assel sind Wischhafen mit 642 und Mulsum mit 621 Mitgliedern ganz vorn dabei.

Dass der Landkreis Stade eine Hochburg ist, zeigen die Zahlen im bundesweiten Vergleich deutlich. Mehr als die Hälfte aller Vereine im DSB haben weniger als 100 Mitglieder. Der BSV liegt mit 300 Mitgliedern im Durchschnitt weit darüber.

Die Bratwürste schmecken überall anders

Demnächst wird Jan Steffens seine grüne Joppe aus dem Schrank holen und seine Orden und Plaketten wieder polieren. Bald beginnt die Tour. Entlang der Landesstraße 111 und in Hüll ist Steffens bei den Schützenfesten als Asseler Vorsitzender Stammgast. Das ist Tradition. Er mag die verschiedenen Feste, die verschiedenen Abläufe, die verschiedenen Musikgeschmäcker, letztlich sogar die Bratwürste, die überall anders schmecken und einen vertrauten Geruch auf den Festplätzen verbreiten.

Und welches Schützenfest findet der oberste Schütze am schönsten? „Das schönste Fest ist immer zu Hause.“

Schützenfeste 2024: Hier wird im Kreis Stade gefeiert

Das Schützenfest in Wiepenkathen ist erst der Anfang. Die Schützenfestsaison dauert schließlich bis in den September an. Wo im Landkreis Stade 2024 überall Schützenfeste gefeiert werden, zeigt ein Blick auf die Übersichtskarte:

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