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Werft-Aufenthalt

TSpektakel um die „Schulschiff Deutschland“

Die „Schulschiff Deutschland“ verlässt am Montagmorgen ihren Liegeplatz.

Die „Schulschiff Deutschland“ verlässt am Montagmorgen ihren Liegeplatz. Foto: Scheer

Das Traditionsschiff verlässt seinen Liegeplatz in Bremerhaven für eine gründliche Inspektion im Trockendock. Das sorgt für Aufsehen - und Stau.

Von Maike Wessolowski Montag, 10.03.2025, 21:50 Uhr

Bremerhaven. Die ersten Vögel zwitschern, als ob sie wüssten, dass es ein warmer Tag wird. Doch um 6 Uhr am Montagmorgen ist es am Neuen Hafen in Bremerhaven noch frostig kalt, als das Team der „Schulschiff Deutschland“ mit den Arbeiten beginnt. Das Hotel-, Museums- und Veranstaltungs-Schiff muss ins Dock, deshalb müssen am Morgen alle Verbindungen zum Land abgekoppelt werden.

Eine Premiere feiert gegen 7 Uhr morgens Mehmet Narin. Der Sanitär- und Heizungsanlagenmechaniker der Firma Jonny Voigt hat seinen ersten Arbeits-Einsatz an einem Schiff.

Er steht in einem kleinen Boot zwischen Kaje und dem Segelschiff, um die dicken Bolzen an der Abwasserleitung zu lösen, damit seine Kollegen die schwere Rohrleitung an Land hieven können. Wackelige Angelegenheit, doch es klappt alles.

Ein fehlendes Zertifikat macht den Dockaufenthalt unumgänglich.

Ein fehlendes Zertifikat macht den Dockaufenthalt unumgänglich. Foto: Wessolowski

Beim Festmacher „Heppi“ werde Erinnerungen wach

Danach muss Schiffsbetriebsmeister André Stöter noch nach passenden Schrauben suchen, um die Klappe zu verschließen.

Jürgen „Heppi“ Heppner blickt versonnen auf das große Segelschiff. „Da habe ich mir 1971 Seebeine geholt“, erinnert er sich. Gesegelt ist er mit dem Schiff nicht, er hat seine Grundausbildung als Schiffsjunge gemacht: Büffeln an Bord.

Seit 1999 ist der heute 69-Jährige Festmacher und kümmert sich am Montagfrüh mit einem Kollegen darum, die Stelling mit dem Kran auf ihrem Unimog wegzuheben und die Leinen einzuholen.

Schlepper verbinden sich mit Leinen zum Segelschiff

Gegen 7.40 Uhr öffnet sich die Klappbrücke, die Schlepper kommen. „Das sind schon die kleinsten, die wir in Bremerhaven haben“, weiß der Festmacher. Normalerweise müssen die kleinen Kraftpakete viel schwerere Schiffe rangieren. Heute ist also Gefühl gefragt, wenn die weiße Lady durch den Neuen Hafen, die Klappbrücke in den Kaiserhafen bugsiert wird.

Während ein Schlepper seitlich des Bugs und einer an der Seite des Schiffs Leinenverbindungen schafft, steigt einige hundert Meter weiter Lara Meyer aus dem Auto, um eine Zigarette zu rauchen. Die Bremerin muss in den Überseehafen zum Arbeiten, doch sie steht als Zweite in der Schlange vor der Klappbrücke an der Schleusenstraße.

Festmacher Jürgen Heppner kennt die „Schulschiff Deutschland“ seit seiner Zeit als Schiffsjunge.

Festmacher Jürgen Heppner kennt die „Schulschiff Deutschland“ seit seiner Zeit als Schiffsjunge. Foto: Scheer

„So ein Mist, hätte ich das gewusst, wäre ich zehn Minuten eher los“, ärgert sie sich ein wenig, denn nun kommt sie zu spät zur Arbeit. Plötzlich entdeckt sie einen Kollegen, er steht einige Wagen dahinter, ebenfalls in der Schlange. Der grinst und sagt: „Das ist schon mal ein Vorgeschmack auf die Sail.“

Stau auf der Barkhausenstraße, weil die Klappbrücke so lange offen war

Die beiden werden nicht die Einzigen sein, die sich verspäten. Die halbstündige Sperrung der Klappbrücke sorgt für einen Stau auf der Barkhausenstraße – bis fast zum Zolltor „Roter Sand“ und auf der anderen Seite stehen die Autos und Laster bis zum Deutschen Auswandererhaus.

Michael Hödt, Vorsitzender des Schulschiff-Vereins, hat vom Stau erst später gehört und betont: „Wie lange die Brücke hochgeklappt wird, darauf haben wir keinen Einfluss. Es lag nicht an uns.“

Strahlende Gesichter hingegen an der Kaje. Ursel Fulle aus Langen und Lars Källman aus Bremerhaven drehen täglich eine Rund um den Neuen Hafen. „Es gibt immer etwas zu sehen, aber das heute ist besonders“, sagt Fulle. Die beiden winken ihren Freuden, die als Freiwillige im Förderverein an Bord der „Schulschiff Deutschland“ mitfahren, und machen Fotos.

Ursel Fulle aus Langen und Lars Källmann aus Bremerhaven drehen täglich eine Rund um den Neuen Hafen. Heute erleben sie ein besonderes Spektakel.

Ursel Fulle aus Langen und Lars Källmann aus Bremerhaven drehen täglich eine Rund um den Neuen Hafen. Heute erleben sie ein besonderes Spektakel. Foto: Wessolowski

Viele Ship-Spotter verfolgen das Spektakel an der Kaje oder aus dem Fenster

Im schönen Licht der ersten Sonnenstrahlen wirkt das Wasser weich und der Himmel rosa – die „Schulschiff Deutschland“ und die beiden Schlepper sind am Montag das wohl meist fotografierte Motiv der Stadt: Von ungezählten Balkonen, entlang der Kaje, aus dem Hotelzimmer und sogar an Bord der Schlepper wird fotografiert, was das Zeug hält.

Auch Toni von Häfen, Stegwart der Bremerhavener Schiffergilde, schaut sich an, wie das Schiff durch die geöffnete Klappbrücke in den Kaiserhafen gleitet.

„So ein schönes Schiff. Jetzt haben wir erst mal ein Loch“, bedauert Ursula Riedel, die in der Nähe wohnt, die Lücke, die das Schiff hinterlässt. Die Ubena von Bremen fehle auch immer noch an der Kaje, es sei also ziemlich leer zurzeit. „Dafür ist die Hansa ja da“, wirft eine andere Schaulustige ein.

Schleppmanöver mit Fairplay hat zu 100 Prozent gut geklappt

Die meisten Schiffsliebhaber verabschieden sich gegen 8.20 Uhr. Für die Männer und Frauen an Bord ist die Reise noch nicht zu Ende, denn es geht durch den Kaiserhafen zum Dock von Bredo Dry Dock.

„Das Schleppmanöver mit Fairplay hat zu 100 Prozent gut geklappt“, freut sich Michael Hödt.

An Bord läuft der Notstrom. Eine Sache hat sich das Team um den Vorsitzenden Michael Hödt und Schiffsbetriebsmeister André Stöter kurzfristig noch anders überlegt, weil ja alle Leitungen gekappt werden, können auch die Toiletten an Bord nicht benutzt werden. Für die Zeit des Verholens haben sie eine Dixi-Toilette an Bord geholt – schließlich sind die fleißigen rund 20 Männer und Frauen doch einige Stunden an Bord, bis das Schiff in der Werft liegt.

Die Schulschiff Deutschland muss ins Dock. Ein Spektakel am Morgen.

Die Schulschiff Deutschland muss ins Dock. Ein Spektakel am Morgen. Foto: Wessolowski

Geduld gefragt bei der Ankunft im Schwimmdock

Denn während die Fahrt zum Schwimmdock planmäßig eine Stunde dauert und die Schlepper, nachdem sie das Schiff ausgerichtet haben, abziehen können, ist an Bord Geduld gefragt.

Das Schiff muss mittig ausgerichtet werden, und das ist Zentimeterarbeit. „Momentan geht es immer zehn Zentimeter hoch und runter“, sagt Hödt gegen 10.40 Uhr.

Im Dock soll das Unterwasserschiff überprüft und hoffentlich am Ende das Schwimmfähigkeitszeugnis erneuert werden. Am 21. März geht es planmäßig zurück an den Liegeplatz am Lloyd-Platz.

Historische Bedeutung des Segelschulschiffs

Die „Schulschiff Deutschland“ ist ein historisches Segelschulschiff, das 1927 in Dienst gestellt wurde. Der Dreimaster diente über viele Jahrzehnte der Ausbildung des seemännischen Nachwuchses und ist heute ein schwimmendes Kulturdenkmal.

Seit August 2021 liegt das Schiff im Neuen Hafen von Bremerhaven und zieht zahlreiche Besucher an. Der bevorstehende Dockaufenthalt ist notwendig, um sicherzustellen, dass das Schiff den aktuellen Sicherheitsstandards entspricht und weiterhin als touristische Attraktion dienen kann.

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