TAtze Schröder im Stadeum: Hat der Comedian es nach 30 Jahren noch drauf?

58 Jahre alt und noch immer unterhaltsam: Atze Schröder trat im Stadeum vor ausverkauftem Haus auf. Foto: Felsch
Minipli-Perücke, Sonnenbrille und zotige Witze: So kennt man Atze Schröder. Im ausverkauften Stadeum präsentiert er sein neues Programm „Der Erlöser“. Dabei wirkt der eine oder andere Witz ein wenig aus der Zeit gefallen.
Stade. Pünktlich zur Weihnachtszeit ist er da: Der Erlöser in Person von Atze Schröder. Dem geht es eigentlich gar nicht um Religion, bekennt er im ausverkauften Stadeum. Und dem Publikum auch nicht. Aber das waren nicht die einzigen Gemeinsamkeiten, die der Comedian aus dem Ruhrpott mit den norddeutschen Zuschauern hatte.
Seit mittlerweile 30 Jahren sitzt die Frisur, die schon unmodern war, als sie aufkam. Die Minipli-Perücke ist sein Markenzeichen. Genauso wie die getönte Brille, die ihn vor den gleißenden Scheinwerfern schützt, als er auf die Bühne tritt - was ein bisschen dauert.
Bescheidenheit ist nicht Atze Schröders Ding
Rund fünf Minuten Rockmusik („Whatever you want“) kündigen ihn an wie einen neuen Messias. Eine Showeinlage ähnlich wie in Las Vegas. Da darf der Verweis auf Frank Sinatra nicht fehlen. „Wenn man es hier schafft, dann überall“, ruft Schröder seinen Anhängern in Stade zu. Die kreischen zurück - wie in den USA, wenn selbsternannte Prediger ihr Heil verkünden. Bloß ohne das Halleluja.
„Wer soll es denn sonst machen, wenn nicht ich“, fragt der „Sich-selbst-Erwählte“. Bescheidenheit ist nicht sein Ding. Und dafür lieben ihn seine Stader Fans. Atzes Kreuzzug im Stadeum ist von Erfolg gekrönt. Atze kann zwar nicht wie Jesus Wasser in Wein verwandeln, aber er hat ein Mittel gegen trockene Augen: Die füllen sich bald mit Tränen, weil alle so herzhaft lachen müssen.
Prinz Charles und Unfälle in der Küche
Zwei Stunden lang wolle er alle vergessen lassen, dass in der Welt Krieg herrsche, und „all der ganze andere Mist“ wie Klimakrise und andere Katastrophen.
Im Stadeum ist Spaß angesagt. Mit Schenkelklopfern aus der Stammtisch-Ecke. Er, Atze, sei ja auch bei der Krönung von Charles eingeladen gewesen. Nö, ist klar, möchte man die Augen verdrehen. Das war aber erst der Anfang des Witzes. „Aber als ich hörte, dass Camilla die Kutsche nicht selber zieht ...“
Da nimmt man ihm den Besuch im Küchenstudio mit seiner „Perle“ schon eher ab. Der Verkäufer versucht dem Paar mit allen Mitteln der Kunst eine neue Küche anzudrehen. „Geiz ist hier fehl am Platz, wissen Sie, Herr Schröder, dass in der Küche die meisten Unfälle passieren?“ Worauf Atze schlagfertig antwortet: „Gewiss, ich muss sie ja alle essen.“
Was Harley-Fahrer mit Rheumadecken zu tun haben
Was er nie runterkriegt, ist das „Seitenbacher-Müsli“. Dessen Werbung zieht er genüsslich durch den Kakao, ebenso wie den Parship-Spruch „Alle elf Minuten verliebt sich ein Single“. Nicht wirklich neu, aber dem Publikum gefällts.
Wie sein Seitenhieb gegen Harley-Fahrer. Deren Untersatz nennt er „Rheumadecken auf Rollen“. Frauen, die auf solche Typen stehen, gehörten in die Kategorie „von weitem schön“. Nach dem Seitenhieb auf graue Eminenzen, die sich in ihrem Alter noch aufs Motorrad schwingen, geht‘s um die, die noch mit weit über 70 auf der Bühne stehen. Wie die Rolling Stones. „Weil sie es müssen“. Wegen der kleinen Rente, meint Atze zu wissen. Wie so manch anderer aus dem Showgeschäft. Mit seinen 58 Lenzen sei er da natürlich ausgenommen.
#MeToo und Raunen im Publikum
Da ist „Mann“ noch nicht zu alt, um in den „Schwinger-Club“ zu gehen, so „wie einige unten im Saal“. „Ein paar Gesichter hab‘ ich wiedererkannt.“ Das stört niemanden. Auch nicht, dass er Birgit Schrowange im Zug mit einer dicken Chinesin verwechselt hat - oder umgekehrt. Ab und an fragt er beim Publikum nach, ob er dies oder jenes im Programm lassen darf - in Zeiten von #MeToo. Und er erhält Zustimmung, wenn auch mit einem Alibi-Raunen.
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Bei Songzeilen, die seiner Meinung nach ziemlich versaut sind, singen alle mit. „Manchmal möchte ich schon mit Dir“ oder „Du hast mich 1.000 Mal belogen“ bergen Zündstoff, redet er den Zuschauern ins Gewissen. Schließlich verfolge er einen therapeutischen Ansatz. Er, der Erlöser von allem Übel. Alle sollen sich wohlfühlen. Alles ist friedlich. Sein Chor sei ein Beweis dafür, dass selbst, wenn es draußen grüne Frösche regnen sollte, es doch Menschen gibt, die nett miteinander umgehen. Und sei‘s nur für zwei Stunden. Pardon, zwei Stunden und zehn Minuten Zugabe.