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TSeit fast 80 Jahren: Mit dem Bäckerwagen in der Region unterwegs

Gudrun Dittmer fährt den Bäckerwagen schon seit mehr als 35 Jahren und Gerald Gilbert freut sich, dass sie die Tradition aufrecht hält.

Gudrun Dittmer fährt den Bäckerwagen schon seit mehr als 35 Jahren und Gerald Gilbert freut sich, dass sie die Tradition aufrecht hält. Foto: Matthiesen

Früher rollten Bäcker- oder Fischwagen überall durch die Region. Heute hat das Verkaufsfahrzeug der Bäckerei Gilbert schon Seltenheitswert - und ist vielerorts das Highlight.

Von Ernst Matthiesen Samstag, 15.02.2025, 14:00 Uhr

Zeven. „Schon mein Großvater hat mit einem Dreirad-Goliath von Borgwarth Brot und Brötchen ausgeliefert. Heute verkaufen wir nicht nur Backwaren, sondern auch Kuchen und Torten sowie Kaffee, Butter, Milch und Zeitschriften“, erklärt Bäckerei-Inhaber Gerald Gilbert. Mehr als 20 Dörfer werden rund um Zeven angefahren, mit festen Routen und Zeiten.

„Vor Corona haben wir zwar mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören. Aber dann haben wir gemerkt, wie gut der Wagen während der Pandemie angekommen ist - und das hat sich bis heute gehalten. Deshalb haben wir vor zwei Jahren einen neuen Wagen angeschafft, schließlich fahren wir mehr als 10.000 Kilometer im Jahr“, erläutert Bäckermeister Gerald Gilbert stolz.

Jeden Morgen Kontrolle, ob alles an Bord ist

Er selbst fährt aus Zeitgründen nicht über die Dörfer, sondern überlässt Gudrun Dittmer die Touren. Wir dürfen sie begleiten. Es ist kurz vor acht Uhr morgens: Der Bäckerladen Gilbert in Zeven ist voll. Während belegte Brötchen, Kaffee und Zeitungen über die Ladentheke gehen, kontrolliert Gudrun Dittmer im Hinterhof den Verkaufswagen. „Ich schaue jeden Morgen nach, ob ich alles an Bord habe, vor allem, ob genügend Brot und Brötchen vorhanden sind. Aber das Wichtigste sind die Bestellungen von Kuchen und Torte“, weiß die 51-Jährige, die bereits seit Jahrzehnten regelmäßig hinter dem Lenkrad des Wagens sitzt.

Nicht nur ältere Menschen nutzen das Angebot der Bäckerei Gilbert. Auch jüngere Kunden schätzen den Service frische Backwaren quasi an der Haustür zu bekommen.

Nicht nur ältere Menschen nutzen das Angebot der Bäckerei Gilbert. Auch jüngere Kunden schätzen den Service frische Backwaren quasi an der Haustür zu bekommen. Foto: Matthiesen

Sie hat gleich nach der Schule bei Gilberts eine Lehre zur Bäckereifachverkäuferin absolviert, übernahm später den Wagen als Vertretung und ist dann dabei geblieben. „Das war 1988 und ich bin da eben so hineingerutscht“, erinnert sich die 51-Jährige. Darüber ist ihr Chef Gerald Gilbert noch heute froh. „Mittlerweile ist sie nicht mehr wegzudenken. Denn mit einem Verkaufswagen unterwegs zu sein, das kann nicht jeder: Man muss ein sozialer Mensch sein, man muss Plattdeutsch sprechen und auch selbst aus der Region kommen, sonst wird das nichts auf dem Dorf“, lacht der Bäckermeister.

Manche Stammkunden kennen den Wagen schon aus Kindertagen

Doch bei Gudrun Dittmer stimmt alles. „Gerade für die Älteren bin ich nicht nur das Highlight des Tages, sondern manchmal auch der Kummerkasten“, weiß sie. Schließlich ist sie nach mehr als 35 Jahren keine Unbekannte. „Die meisten, die an den Wagen kommen, sind Stammkunden - sie waren schon als Kinder da, und nun bringen einige bereits ihre eigenen Kinder mit“, meint die zweifache Mutter lächelnd.

Waltraud Norbart hat schon als Kind beim Bäckerwagen eine Tüte Süßes gekauft, jetzt holt sie eher Brot und Brötchen.

Waltraud Norbart hat schon als Kind beim Bäckerwagen eine Tüte Süßes gekauft, jetzt holt sie eher Brot und Brötchen. Foto: Matthiesen

Auch Waltraud Norbart aus Ostereistedt kennt den Bäckerwagen schon von klein auf. „Mit dem bin ich quasi groß geworden. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es ihn mal nicht mehr geben sollte“, betont die rüstige Rentnerin. Überhaupt sind es meistens die Älteren, die auf das Hupen des Bäckerwagens warten.

Hupen bei der Ankunft ist trotz fester Zeiten Usus

„Wir haben zwar unsere festen Zeiten, aber wir hupen dennoch, damit die Kunden wissen, dass wir da sind. Früher hatten wir eine Glocke, aber die Hupe wird besser gehört“, erklärt Gudrun Dittmer lachend. „Und wenn ich doch mal etwas später dran bin, wird schon gefragt, was denn passiert ist. Also, neugierig sind die Kunden nicht - sie wollen nur gern alles wissen“, meint die Bäckereifachverkäuferin.

Sie hat ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Kunden. Und kann auch mal deren Telefon benutzen, wenn es nötig ist - wie bei der Panne, als die Kupplung nicht mehr funktionierte. Ihr Verkaufswagen wurde sogar mal mit einem Trecker aus Schnee und Matsch gezogen. Anekdoten hat die Mutter zweier Söhne einige auf Lager, denn in all den Jahren hat sie natürlich viel erlebt - Schönes wie Schlechtes.

Kontakt zu Kunden ist anders als im Ladengeschäft

Doch nun kommt eine ältere Dame an den Wagen und reicht Gudrun Dittmer ihren Jutebeutel. Darin finden Brot und Brötchen Platz, dazu gibt es noch ein Tablett mit Butterkuchen, denn die Tochter kommt später zum Kaffee, wie zu erfahren ist. „Wenn jemand Besuch erwartet, wird Kuchen oder Torte bestellt und erzählt, was los ist und welche Gäste kommen.“

Der Bäckerwagen ist nicht nur für die Versorgung wichtig. Für viele ist er auch ein sozialer Treffpunkt, das Highlight des Tages, wie Fahrerin Gudrun Dittmer weiß.

Der Bäckerwagen ist nicht nur für die Versorgung wichtig. Für viele ist er auch ein sozialer Treffpunkt, das Highlight des Tages, wie Fahrerin Gudrun Dittmer weiß. Foto: Matthiesen

Und ja: „Der Kontakt zu den Kunden ist eben anders als im Laden, man kennt sich schon seit Jahren und hat auch mehr Zeit zum Schnacken“, erzählt die 51-Jährige noch schnell. Dann muss sie weiter - die Kunden im Nachbarort warten schon. Wer wissen will, ob der Bäckerwagen auch in seinem Dorf hält, kann sich unter www.familienbaeckerei-gilbert.de den Routenplan des Bäckerwagens ansehen.

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