TSexueller Kindesmissbrauch: Haftzeit für 75-Jährigen um ein Jahr verkürzt
Vor dem Landgericht Stade wurde am Donnerstag der Prozess gegen einen mutmaßlichen Millionenbetrüger aus der Samtgemeinde Selsingen fortgesetzt. Foto: Algermissen
Ein 75-jähriger Mann aus der Gemeinde Gnarrenburg ist am heutigen Donnerstag im Stader Landgericht zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden.
Stade. „Es ging nicht um Schuld oder Unschuld des Angeklagten“, betonte Richterin Reinecker, die Vorsitzende der 4. Strafkammer des Landgerichtes zu Beginn der Urteilsverkündung. Die Beweisaufnahme im ersten Strafverfahren vor der 3. Strafkammer habe die Schuld zweifelsfrei bewiesen.
Der 75-Jährige habe im Zeitraum zwischen April 2020 und November 2021 mindestens fünfmal ein damals acht- beziehungsweise neunjähriges Mädchen sexuell missbraucht. Zwei der Taten wurden als schwerer sexueller Missbrauch gewertet. Das Kind lebte damals direkt neben dem Täter im Nachbarhaus.
75-Jähriger legte Revision ein
Es herrschte ein Vertrauensverhältnis zwischen den Nachbarn. Das Kind nannte den heute 75-Jährigen und dessen Frau Opa und Oma. Der Verurteilte hatte nach dem ersten Urteil Revision eingelegt, so kam es jetzt zu einer sogenannten Wiedervorlage am Landgericht. Der Bundesgerichtshof bat darum, dass sich eine andere Strafkammer des Landgerichtes mit den positiven Aspekten des Angeklagten intensiver befassen solle.
Richterin Reinecker schilderte am Donnerstag noch einmal detailliert die Taten. Im November 2021 hatte sich das Mädchen ihren Eltern schließlich anvertraut und berichtete, was geschehen war. Die riefen die Polizei. Seit der ersten Urteilsverkündung im August 2024 ist der Mann in der JVA Bremervörde.
Die Richterin zählte am Donnerstag die positiven Aspekte des Angeklagten auf. Der 75-Jährige sei nicht vorbestraft und aufgrund seines hohen Alters und einer leichten Herzerkrankung „haft- und strafempfindlich“. Zudem liegen die Taten inzwischen vier beziehungsweise fünf Jahre zurück.
Aussage der Mutter über die Psyche ihrer Tochter unzulässig
Ein Gutachten habe zudem im ersten Prozess ergeben, dass es keine gravierenden gesundheitlichen Tatfolgen für das Kind gegeben habe. Die Aussage der Mutter in der vergangenen Woche konnte nicht verwertet werden, weil sie nicht im Rahmen der Beweisaufnahme erfolgte. Die Mutter hatte berichtet, dass es ihrer inzwischen 13-jährigen Tochter psychisch extrem schlecht gehen würde.
Im Urteil wurde aber auch auf die für den Angeklagten negativen Aspekte bei der Urteilsfindung eingegangen. Der Mann habe das sehr gute Vertrauensverhältnis zum Kind ausgenutzt. Das junge Kind sei absolut schutzbedürftig gewesen. Richterin Reinecker betonte schließlich, dass das Gericht im neuen Verfahren keine „Abweichungen des Tatbildes feststellen konnte, die die Taten als minderschweren Fall hätten einordnen lassen können“.
Die positiven Aspekte wurden allerdings in diesem Strafverfahren ein wenig höher gewichtet, sodass es nun zu einer Verurteilung in Höhe von fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe kam. Im vergangenen Jahr lautete das Urteil noch sechseinhalb Jahre. Die Verteidiger hatten in ihrem Plädoyer eine Bewährungsstrafe gefordert. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.