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Debatte

TSo stehen die Direktkandidaten zur A20 und zum Energieumstieg

Eine Positionsbestimmung wollten die Genossen auch in Sachen Verkehr.

Eine Positionsbestimmung wollten die Genossen auch in Sachen Verkehr. Foto: Carsten Rehder/dpa

Wie steht es um Wind- und Solarenergie nach der Wahl? Und wie stehen die Kandidaten zur A20? Die Bürgerenergie Osteland fragte nach - und bekam ehrliche Antworten.

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Von Grit Klempow
Donnerstag, 13.02.2025, 15:52 Uhr

Gräpel. Peter Wortmann und Dr. Lutz Bötcher stellten die Bürgerenergie Osteland ihren Gästen vor. Die Genossenschaft hatte „ihre“ Direktkandidaten der Bundestagswahl zur Diskussionsrunde eingeladen, um deren Standpunkte in Sachen erneuerbare Energien und Verkehr abzuklopfen. Die AfD war nicht eingeladen, weil die Energie-Genossen nach Auseinandersetzungen mit der Partei und deren Position zum Thema Klimaschutz und erneuerbare Energien „keine guten Erfahrungen“ gemacht haben.

Die Energiegenossen betreiben zwei Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Dächern und haben 2017 eine Windkraftanlage zwischen Estorf und Kranenburg gebaut. Die liefert 12 Millionen Kilowattstunden Strom - ausreichend für bis zu 4000 Haushalte.

Steuern und Windfonds vor Ort

„Die Wertschöpfung bleibt vor Ort“, betonte Bötcher als Geschäftsführer. Das gelingt über die Dividende und Steuern. Aus einem Windfonds werden Vereine unterstützt. „Wir haben weitere Projekte“, so Bötcher. Die aber brauchen Planungssicherheit. Was kommt also nach der Bundestagswahl?

Windkraftanlagen zwischen Estorf, Kranenburg und Oldendorf. Auch die Bürgerenergie Osteland betreibt bei Estorf eine Anlage.

Windkraftanlagen zwischen Estorf, Kranenburg und Oldendorf. Auch die Bürgerenergie Osteland betreibt bei Estorf eine Anlage. Foto: Klempow

„Wir begrüßen solch dezentrale Energiegenossenschaften“, so Günter Wichert (FDP). Das fördere die Akzeptanz vor Ort. Lasse Weritz aus Hemmoor vertrat den verhinderten Direktkandidaten der CDU, Christoph Frauenpreiß. Weritz lobte die Beschleunigung beim Ausbau erneuerbarer Energien durch die Ampelregierung. Das Land hänge aber mit dem Raumordnungsprogramm hinterher. Deutlich mehr und schneller müsse auch der Leitungsbau geplant werden.

Nach kontroverser und sachlicher Diskussion: Lasse Weritz (CDU, in Vertretung für Christoph Frauenpreiß), Christopher Jesse (Grüne), Hilke Hochheiden (Die Linke), Daniel Schneider (SPD), Günter Wichert (FDP) und Peter Wortmann von der Bürgerenergie Osteland.

Nach kontroverser und sachlicher Diskussion: Lasse Weritz (CDU, in Vertretung für Christoph Frauenpreiß), Christopher Jesse (Grüne), Hilke Hochheiden (Die Linke), Daniel Schneider (SPD), Günter Wichert (FDP) und Peter Wortmann von der Bürgerenergie Osteland. Foto: Klempow

Speicher- und Netzausbau

Es brauche nicht nur Leitungen sondern auch Speicher, so Christopher Jesse (Grüne). „Damit wir den produzierten Strom bei Bedarf bereitstellen können. Und der Bund sollte Investitionen wie die in eure Windparks auch fördern.“

Die SPD setze auf Netzausbau und Speichertechnologien, die sich immer schneller rechneten. In Zukunftstechnologien „müssten wir noch viel mutiger und entschlossener investieren“, sagte Daniel Schneider. Die lokale Vermarktung des vor Ort produzierten Stroms müsse geregelt werden, so Hilke Hochheiden (Die Linke). „Eine entsprechende EU-Richtlinie hätte längst in nationales Recht umgewandelt werden müssen“, so Bötcher. „Da bekommt ihr Hausaufgaben mit - egal, wer nach Berlin geht.“

Investoren brauchen verlässliche Planung

Wie wird der eingespeiste Strom künftig bezahlt? Das fragte Peter Wortmann aus Sicht der Produzenten. Die Preise könnten sinken, müssten als Planungsgrundlage aber unbedingt verlässlich sein.

Die Notwendigkeit sahen auch Hochheiden und Jesse. CDU-Vertreter Weritz tat sich schwer dam. „Wir werden Netzengelte und Stromsteuer senken“, machte Weritz für die CDU klar. Der Strompreis sei auch im internationalen Vergleich zu hoch. Wichtig sei ein verlässlicher Fahrplan. Ein gemeinsamer Nenner mit der SPD: Das habe seine Partei umsetzen wollen, sei aber von anderen nicht mitgetragen worden, so Schneider.

Die Offenheit der CDU, erneut Atomkraft zu prüfen, kam bei den Pionieren der erneuerbaren Energien nicht gut an. Aber Weritz betonte auch: „Wir werden erheblich in Wasserstoff investieren müssen.“ Wasserstoff sei für industrielle Anwendungen geeignet, in der Effizienz aber nicht ausgereift, entgegnete Hilke Hochheiden.

Autobahn-Pläne lasten auf Landwirten

Eine Positionsbestimmung wollten die Genossen auch in Sachen Verkehr. Ute Jungclaus ist Sprecherin der Betroffenengemeinschaft zum Bau der A20. Sie stellte vor, warum die Autobahn-Pläne seit Jahrzehnten auf Landwirten und anderen Betroffenen lasten:

Über 200 Kilometer soll die A20 von Bad Segeberg bis Westerstede verlaufen. Ein Kilometer Autobahn verbrauche fünf Hektar. Der Flächenverbrauch der Trasse liege bei 1000 Hektar, für alle Nebenanlagen kämen noch einmal 1000 Hektar dazu - und weitere fast 4000 Hektar. „Und wer muss das alles hergeben? Das sind unsere Landwirte“, sagte Ute Jungclaus.

Über Brücken in die Oste-Dörfer

Die Autobahn wird laut Jungclaus zu 80 Prozent über Moor- und Marschflächen im Überschüttverfahren geführt. In Engelschoff gebe es Moortiefen von 20 Metern. „Wie viel Sand braucht es, um das Land zusammen zu drücken und bebaubar zu machen?“ Allein zwischen Drochtersen und Gräpel, knapp 18,7 Kilometer im Planungsabschnitt 7, seien 21 neue Brücken geplant. Die Oste-Dörfer seien dann nur noch über Brücken erreichbar.

Die A20 sei für den transeuropäischen Warenverkehr gedacht, so Hilke Hochheiden. Für diese Distanzen gebe es eine Alternative: „Das nennt sich Schiff.“ Investiert werden müsse stattdessen in die Elektrifizierung und den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecken.

B73-Ausbau statt Autobahn

Das Thema sei für ihn ein Dilemma, sagte Daniel Schneider. Seine Partei trägt die Autobahn mit. Er persönlich aber träume stattdessen von einem dreispurigen Ausbau der B73. Bei allen anstehenden Infrastrukturprojekten bezweifelte er, dass diese Autobahn finanzierbar ist. Die Kosten der A20 seien mit derzeit 7 Milliarden Euro wahrscheinlich nicht ansatzweise richtig kalkuliert. „Da müssen wir auch ehrlich sein.“

Wie Schneider verwies Christopher Jesse auf gestiegene Baupreise. Der Ausbau der Elbfähre Wischhafen-Glückstadt sei viel günstiger (140 Millionen Euro) und schneller umzusetzen. „Eine super Alternative zur A20.“ Wenig überraschend sahen Günter Wichert und Lasse Weritz das anders: „Politisch ist das Ding so gut wie durch“, so Weritz. Das werde kein Landtag und kein Bundestag noch drehen. Und: „Für die Wirtschaft ist sie enorm wichtig.“

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