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Filmbranche

TStaderin eckt mit Tabufilm an - Exklusive Premiere für TAGEBLATT-Leser

Mit Blumen und Glückwünschen beschenkten Besucher die junge Filmemacherin bei ihrer Premiere im September 2023.

Mit Blumen und Glückwünschen beschenkten Besucher die junge Filmemacherin bei ihrer Premiere im September 2023. Foto: Martin Hutcheson

Ihren Abschlussfilm über häusliche Gewalt drehte Mareike Kopitzke in Stade. Jetzt wollte sie ihr Werk auf Festivals zeigen - doch es hagelt Absagen.

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Von Steffen Buchmann
Freitag, 22.11.2024, 16:30 Uhr

Stade. Als Mareike Kopitzke zuletzt im April 2023 vor dem Petit Filou am Alten Stader Hafen stand, sorgte das für Autostaus und neugierige Blicke. Die Staderin drehte damals in der Stadt eine der letzten Szenen für ihren Kurzfilm „Hinter verschlossenen Türen“, mit dem sie im vergangenen Herbst ihr Filmregie-Diplom an der Ruhrakademie in Schwerte bestand - sogar mit der Bestnote ihres Semesters.

„Es war eine nervenaufreibende Zeit für mich“, erinnert sich die Nachwuchsregisseurin heute. Mit Hilfe eines 30-köpfigen Teams feilte Mareike Kopitzke über Monate hinweg an ihrem 37-minütigen Kurzfilm zum Thema häusliche Gewalt. Eine Herzensangelegenheit für die 26-Jährige. „Ich wollte Menschen durch meinen Film auf dieses tabuisierte Thema aufmerksam machen“, sagt sie. Ein riskantes Projekt, das nicht überall auf Zuspruch stoßen sollte.

Sekt und Freudentränen im Kinohotel Harsefeld

„Hinter verschlossenen Türen“ zeigte Mareike Kopitzke bisher lediglich einem exklusiven Publikum, erstmals im vergangenen Herbst bei einer Team-Premiere im Kinohotel Harsefeld. „Das war ein besonderer Abend, den ich niemals vergessen werde“, schwärmt die Filmemacherin.

Bei der Premiere für ihr Team, Freunde und Familie bekam Mareike Kopitzke Standing Ovations.

Bei der Premiere für ihr Team, Freunde und Familie bekam Mareike Kopitzke Standing Ovations. Foto: Martin Hutcheson

Viele Wegbegleiter aus dem Studium sowie ihre Familie waren der Einladung nach Harsefeld gefolgt. Ein Moment habe sie besonders überrascht: „Als der Abspann lief und der Vorhang zuging, war es minutenlang totenstill“, sagt Mareike Kopitzke. Sie habe die Schwere gespürt, die im Raum hing. Dann standen alle Zuschauer geschlossen auf und applaudierten lautstark.

„Ich musste erst einmal durchatmen“, sagt die Regisseurin. Ein paar Freudentränen seien auch geflossen, gesteht sie und lächelt. Doch danach wollte sie erst einmal Abstand von ihrem Werk nehmen, reiste gemeinsam mit einer Freundin drei Monate durch Australien. Als Mareike Kopitzke kurz vor Weihnachten 2023 wieder zurück nach Stade kam, schaltete die selbsterklärte Perfektionistin sofort wieder in den Arbeitsmodus.

Schlechte Chancen als Newcomerin

Um ein breites Publikum für ihre Arbeit zu begeistern, reichte Mareike Kopitzke ihren Kurzfilm „Hinter verschlossenen Türen“ bei zahlreichen Filmfestivals in ganz Europa ein. Etwa 30 bis 40 Bewerbungen habe sie abgeschickt. Doch mit ihrem Drama stieß die Staderin auf Widerstände.

„Die Laufzeit war ein Problem, da viele Festivals mit Kurzfilm-Kategorien nur Filme bis maximal 30 Minuten annehmen“, sagt Mareike Kopitzke. Ihr Film war jedoch sieben Minuten zu lang. Von den vielen Bewerbungen habe sie lediglich eine einzige Zusage erhalten.

Dreharbeiten 2023: Die Nachwuchsregisseurin im Gespräch mit zwei Darstellerinnen am Alten Stader Hafen.

Dreharbeiten 2023: Die Nachwuchsregisseurin im Gespräch mit zwei Darstellerinnen am Alten Stader Hafen. Foto: Buchmann

Die vielen Absagen seien ernüchternd gewesen, sagt Mareike Kopitzke. Zudem hatte sie das Gefühl, dass studentische Filme schlechter bei den Festivalgremien ankamen als Filme von größeren Produktionsfirmen.

„Ich finde es wichtig, dass über Filmfestivals gerade Newcomer in der Branche eine Chance bekommen“, sagt die Filmemacherin. Hinzu kommt: Jede Einreichung kostet eine Gebühr. Etwa 1000 Euro hat Mareike Kopitzke in Festivalbewerbungen investiert.

Kurzfilm feiert Festivalpremiere in Berlin

Doch eine Bewerbung war wie gesagt erfolgreich - und die Staderin gewann sogar einen Preis. Die Berlin Film Awards haben Mareike Kopitzkes Film in der Kategorie „Bestes Drama“ ausgezeichnet, im April 2025 soll er dort gezeigt werden. „Ich saß gerade mit meiner Familie beim Abendessen in unserem schwedischen Ferienhaus, als ich die Nachricht bekam“, sagt Mareike Kopitzke.

Oktober 2024: Mareike Kopitzke ist zurück am Stader Hafen, dieses Mal ohne Filmteam.

Oktober 2024: Mareike Kopitzke ist zurück am Stader Hafen, dieses Mal ohne Filmteam. Foto: Buchmann

Sie sei erst von einer weiteren Absage ausgegangen. Als sie ihr Glück realisierte, sei die Freude groß gewesen. „Mein Vater hat direkt eine Flasche Sekt aufgemacht“, erinnert sich die 26-Jährige und lacht. Ihren Kurzfilm „Hinter verschlossenen Türen“ will sie am 23. November 2024 für alle auf Youtube veröffentlichen.

Exklusives Screening des Kurzfilms „Hinter verschlossenen Türen“

TAGEBLATT-Abonnenten haben online die exklusive Möglichkeit, Mareike Kopitzkes Kurzfilm einen Tag vor offizieller Veröffentichung zu sehen.

WARNUNG: Der Film behandelt das Thema Häusliche Gewalt. Im Film kommt es daher zu drastischen und teils blutigen Darstellungen von Gewalt gegen Frauen. Das Video ist daher mit einer Altersbeschränkung versehen, weshalb Sie sich zum Anschauen ggf. bei Youtube anmelden müssen.


Film- und Fernsehmarkt hart umkämpft

Beruflich hat Mareike Kopitzke bereits das nächste Ziel in Griffnähe. Ab November wird sie als TV-Producerin für das Wissensmagazin „Galileo“ in München arbeiten. Die Jobsuche sei jedoch schwierig gewesen. „Es gibt aktuell zu wenige Projekte und zu viele Menschen auf dem Markt“, sagt Mareike Kopitzke.

Filme will sie weiterhin machen, solange es ihr Spaß macht. Zukünftig will sie kritische Themen in Kurzfilmen für Kinder aufbereiten, die im Kinderkanal KIKA laufen sollen. Aber auch True-Crime-Formate würden die 26-Jährige reizen. Und was wäre ein absolutes No-Go? „Trash-TV“, sagt Mareike Kopitzke bestimmt. „Das wäre gar nichts für mich.“

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