TStreit um Drochterser Kita: Verwaltungsgericht Stade weist Klage ab

Seit 2018 will die Gemeinde Drochtersen im Bereich des Spielplatzes im Fasanenweg eine Kita bauen. Doch Nachbarn klagten. Nun hat das Verwaltungsgericht Stade in einem Fall ein Urteil gesprochen. Foto: Helfferich
Seit fast sechs Jahren beschäftigt die im Fasanenweg geplante Kita Gemeinde und Landkreis. Nachbarn hatten die Baugenehmigung angefochten. Die Klage ist abgewiesen - aus mehreren Gründen.
Drochtersen. Als die Verwaltung der Gemeinde Drochtersen der Politik im Frühjahr 2018 ihre Pläne für einen Kindergarten im Fasanenweg vorstellte, gab es bereits Gegenwind. Anwohner lehnten den Standort ab. Ihre Sorge: Der dort vorhandene Spielplatz könnte der Kita zugeschlagen werden, und die Verkehrsbelastung könnte zunehmen. Zur Überbrückung wurde eine Containerlösung geschaffen.
Das vorgesehene Baugrundstück liegt direkt neben dem Spielplatz, der sich etwa 40 Meter entfernt vom Grundstück der Klägerin befindet. Nach der Betriebsbeschreibung soll der Kindergarten maximal 40 Kinder von ein bis sechs Jahren betreuen. Von sechs bis acht Beschäftigten sollen nicht mehr als fünf Personen gleichzeitig anwesend sein. Die geplanten Öffnungszeiten des Kindergartens sind wochentags von 7 bis 15 Uhr. Der Spielplatz soll in dieser Zeit ausschließlich für die Kinder des Kindergartens zur Verfügung stehen.
Zwei Widersprüchen folgte Klage gegen den Landkreis
Der Landkreis hatte der Gemeinde Drochtersen den Neubau des Kindergartens im Fasanenweg genehmigt. Zweimal legten Anwohner Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein: im Mai 2019 und - nach Korrektur der Parkplatzanzahl von sechs auf zehn - im Mai 2021. Den Widerspruch 2021 lehnte der Landkreis Stade ab. Daraufhin klagte eine Anwohnerin gegen den Landkreis.
Sie kritisierte die Pläne für die Kita als überdimensioniert. Es handele sich um eine große Anlage, durch die störender Verkehr in das Wohngebiet gelenkt werde. Und es sei nicht berücksichtigt worden, dass eine Aufstockung auf bis zu 70 Kita-Plätze zu befürchten sei. Der zu erwartende Fahrzeugverkehr sei zu gering angesetzt, den könne die verkehrsberuhigte Straße nicht bewältigen.
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Auch machte die Anwohnerin geltend, dass sie aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs Recht auf Nutzung des im Bebauungsplan festgesetzten Spielplatzes habe. Dieser Anspruch werde verletzt, da der Spielplatz während der Öffnungszeiten des Kindergartens ausschließlich für diesen zur Verfügung stehe.
Landkreis verweist auf weiteren Spielplatz
Der Landkreis wies den Widerspruch im Februar 2022 zurück. Das Vorhaben sei als Anlage für soziale Zwecke allgemein zulässig und diene im Wesentlichen dem Einzugsbereich, in dem zu diesem Zeitpunkt 23 Kinder bis zu sechs Jahren wohnten.
Der Kinderspielplatz stehe weiterhin überwiegend der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Einschränkung der Nutzung des Spielplatzes für ältere, aber noch nicht schulpflichtige Kinder falle nicht ins Gewicht, weil im südlichen Bereich des Fasanenweges eine Ausweichmöglichkeit in Gestalt eines weiteren Spielplatzes bestehe. Schulpflichtige Kinder seien während der Öffnungszeiten des Kindergartens in der Schule.
Gericht: Kindergarten als soziale Einrichtung zulässig
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Stade hat nach einem Ortstermin im August die Klage abgewiesen. Jetzt liegt die schriftliche Begründung des Urteils vor. Ein Kindergarten sei als soziale Einrichtung sowohl im allgemeinen Wohngebiet als auch im Mischgebiet zulässig; egal ob die Kita-Kinder aus dem betroffenen oder aus anderen Wohngebieten kommen. Und: Kindertageseinrichtungen sind hinsichtlich der Geräuscheinwirkungen durch Kinder immissionsschutzrechtlich privilegiert.
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Für die Beeinträchtigung durch Bring- und Holverkehr könne nur die genehmigte Betriebsbeschreibung für den Kindergarten mit 40 Plätzen geltend gemacht werden. Hinweise auf eine spätere Erweiterung und damit auf höhere Kinder- und Verkehrszahlen spielten zu diesem Zeitpunkt keine Rolle. „Davon ausgehend ist eine Unzumutbarkeit für die Klägerin durch den zusätzlichen Verkehr nicht feststellbar“, heißt es in der Begründung.
Schallwerte bleiben unter dem Grenzwert
Eine verkehrstechnische Stellungnahme geht von einer Anwesenheitsquote der Kinder von 85 Prozent und einem Pkw-Anteil von 80 Prozent aus. In der Bringespitze zwischen 7.30 und 8.30 Uhr seien 20 Fahrzeugbewegungen je Richtung zu erwarten und in der Spitze am Nachmittag zwischen 14 und 15 Uhr zehn Fahrzeuge pro Richtung. Damit relativiere sich die zusätzliche Belastung. Auch die errechneten Schallimmisionen halten sich in Grenzen: Tagsüber sind bis 55 Dezibel zulässig. Gemessen wurden 40 Dezibel, also deutlich darunter.
Mehr als fünfeinhalb Jahre ziehen sich inzwischen die juristischen Auseinandersetzungen über die Kindertagesstätte im Fasanenweg. Nach der nun abgewiesenen Klage sind noch nicht die beiden Parallelverfahren berücksichtigt. Ob die Kita letztlich gebaut wird, ist völlig offen; zumal die Baukosten von 1,3 auf rund 2 Millionen Euro gestiegen sind. Die Gemeinde Drochtersen beschäftigt sich seit längerem mit einem Grundstück in der Straße Alter Hof als alternativem Kindergarten-Standort.