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TSo spektakulär waren die Einsätze der Seenotretter auf der Nordsee

Der Seenotrettungskreuzer „Hermann Rudolf Meyer“ aus Bremerhaven in Aktion.

Der Seenotrettungskreuzer „Hermann Rudolf Meyer“ aus Bremerhaven in Aktion. Foto: ypscollection.de/Peter Neumann

Am Sonntag (28. Juli) ist Tag der Seenotretter. Jahr für Jahr fahren die Seenotretter rund 2.000 Einsätze auf Nord- und Ostsee – rund um die Uhr und bei jedem Wetter. Dies sind fünf spektakuläre Einsätze aus der Nordsee aus den vergangenen 10 Monaten.

Von Maike Wessolowski Samstag, 27.07.2024, 17:00 Uhr

Bremerhaven. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger organisiert die Seenotrettung an Nord- und Ostsee. Zum Tag der Seenotretter (28. Juli 2024) laden die Crews auf ihre Schiffe ein. Wir haben 5 spektakuläre Einsätze auf der Nordsee, die die Seenotretter in den vergangenen 10 Monaten hatten, zusammengetragen.

1. Manövrierunfähig um Mitternacht

Juni 2024 - Notruf um Mitternacht: Zwei Segler aus Kappeln sind 23 Seemeilen (ca. 40 Kilometer) vor der Insel Borkum in Gefahr geraten: Kurz vor Mitternacht verliert ihre zwölf Meter lange Segeljacht das Ruder.

Enorm viele Schiffe halfen bei der Suche von Überlebenden der Verity.

Enorm viele Schiffe halfen bei der Suche von Überlebenden der Verity. Foto: WSA

Sie sind manövrierunfähig. In der dicht befahrenen Seeschifffahrtsstraße mit dicken Pötten wird ein kleines Boot zum Spielball. Die Seenotretter der „Hamburg“ schleppen die Jacht mit den erschöpften, aber unverletzten Seglern gegen 6 Uhr morgens in den rettenden Hafen von Borkum.

2. Kollision zweier Frachtschiffe

Oktober 2023 - Notruf um 5 Uhr morgens: Die „Verity“ kommt von Bremen und will nach Großbritannien, die „Polesie“ von Hamburg nach La Coruña in Spanien. In der Deutschen Bucht 12 Seemeilen (22 Kilometer) südwestlich der Insel Helgoland stoßen die Frachtschiffe zusammen. Die „Verity“ sinkt. Sieben Mann an Bord. Ein Mensch wird aus dem Wasser gerettet. Die anderen sind vermisst. Die „Polesie“ ist schwimmfähig. 22 Menschen an Bord.

Die Zahl der Schiffe, die in den Stunden und der Nacht bis zum 25. Oktober nach den Schiffbrüchigen suchen, ist enorm.

Um eine Auswahl zu nennen: Die Seenotrettungskreuzer „Hermann Marwede“ (Helgoland), „Hermann Rudolf Meyer“ (Bremerhaven) , „Anneliese Kramer (Cuxhaven), das Bundespolizeischiff „Bad Düben“, Zollboot „Jade“, Notschlepper „Nordic“, Lotsen-Tender „Wangeroog“, die „Atair“, Mehrzweckschiff „Mellum“, Wasserschutzpolizei und Hubschrauber sind im Einsatz. Ein Sensorflugzeug überfliegt das Areal, das Kreuzfahrtschiff „Iona“ unterstützt und leistet medizinische Hilfe.

Es herrschen Windstärken mit sechs Beaufort bei einer See von drei Metern. Zwei Menschen konnten gerettet werden. Ein weiterer Mann wird tot geborgen. Lange suchen die Seenotretter. Vergebens. Das Meer behält vier Seelen. „Der 24. Oktober ist mein zweiter Geburtstag“, sagt Oleksii Kolesnikov später. Er ist einer der beiden Überlebenden.

3. Teenager von Flut überrascht

November 2023 - Notruf um 19 Uhr: Drei Brüder aus Hessen wollen Bernstein suchen im Watt. Ricardo Olea Catalán (19) hat das schon oft gemacht und nimmt seine jüngeren Brüder, die Zwillinge Elián und Luca (16), mit auf den Leitdamm. Dieser trennt das Duhner Watt vom Fahrwasser der Großschifffahrt.

Die drei sind mehr als vier Kilometer von der Kugelbake entfernt. Doch obwohl nicht einmal eine Stunde nach Niedrigwasser, ist plötzlich alles anders: Das Wasser tiefer. Die Jungs wählen den Notruf. Die Besatzung des Seenotrettungskreuzers „Anneliese Kramer“ (Cuxhaven) rückt aus.

Drei junge Bernsteinsammler bedankten sich am Folgetag bei der Besatzung für den Einsatz. Im Bild (v.l.n.r.): Seenotretter Claus Hans und Torsten Brumshagen mit Luca, Elián und Ricardo Olea Catalán.

Drei junge Bernsteinsammler bedankten sich am Folgetag bei der Besatzung für den Einsatz. Im Bild (v.l.n.r.): Seenotretter Claus Hans und Torsten Brumshagen mit Luca, Elián und Ricardo Olea Catalán.

Es ist stockdunkel. Die starken Suchscheinwerfer und eine Wärmebildkamera sind eingeschaltet. Die jungen Männer stehen bis zu den Hüften im Wasser, das Wasser zerrt an ihnen. Lebensgefahr. Sie wärmen und sichern einander. Mit Lampen machen sie sich bemerkbar. Die Seenotretter schaffen es, sie mit dem Tochterboot „Mathias“ zu erreichen. Alle drei sind trotz Neoprenanzügen leicht unterkühlt.

4. Crew mit Hund und Motorschaden

April 2024 - Notruf um 10.30 Uhr: Zwei Männer wollen ein Motorboot überführen. Auf der Fahrt von Cuxhaven nach Bremerhaven fallen beide Motoren aus. Doch ihr Notruf via Handy ist wegen des fehlenden Netzes auf See kaum zu verstehen. Die Verbindung bricht ab.

Glücklicherweise nutzt die Crew die SafeTRX-App der Seenotretter, die die Position an die Rettungsleitstelle übermittelt. Rund 7,5 Seemeilen (ca. 14 Kilometer) nordöstlich der Insel Wangerooge. Ein Hubschrauber der Bundespolizei entdeckte das Boot im Windpark Nordergründe.

Die „Hermann Rudolf Meyer“ aus Bremerhaven nimmt zunächst das beschädigte Boot in Schlepp – wenig später muss dies aufgegeben werden. Die Seenotretter bringen Crew und Bordhund mit dem Kreuzer sicher nach Bremerhaven.

5. Fischer vermisst

Dezember 2023 - Notruf 0:20 Uhr: Auf einem Fischkutter ist ein Mann der achtköpfigen Besatzung über Bord gestürzt. Im Einsatzgebiet herrschen um neun Beaufort und vier bis fünf Meter Seegang, das Wasser hat zehn Grad Celsius.

An der Suche der Seenotretter beteiligten sich Handels- und Behördenschiffe, ein Forschungs- und ein Kreuzfahrtschiff sowie die „Hermann Rudolf Meyer“ und drei weitere Seenotrettungskreuzer. Aus der Luft unterstützen der „Sea Lion“ der Marineflieger sowie ein dänischer Such-Hubschrauber.

Oft müssen die Seenotretter bei Dunkelheit agieren.

Oft müssen die Seenotretter bei Dunkelheit agieren. Foto: Die Seenotretter – DGzRS

Nach stundenlangem, nächtlichem Einsatz in schlechtem Wetter werden vier Rettungseinheiten am Morgen abgelöst. Das Fischereischutzboot „Meerkatze“, der Notschlepper „Nordic“ sowie Handelsschiffe und Fischereifahrzeuge helfen. Die Suche wird nach 14 Stunden eingestellt.

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