Zähl Pixel
Medizinische Versorgung

TTelemedizin im Rettungswagen: Wenn der Notarzt im Büro sitzt

Notfallsanitäter Marcel Will (links) und Clemens Budde bilden auf dem Rettungswagen ein Team. Müssen sie im Einsatz einen Notarzt hinzuziehen, so können sie ihn oder sie per App auf dem Handy dazuschalten.

Notfallsanitäter Marcel Will (links) und Clemens Budde bilden auf dem Rettungswagen ein Team. Müssen sie im Einsatz einen Notarzt hinzuziehen, so können sie ihn oder sie per App auf dem Handy dazuschalten. Foto: Kratzmann

Im Kreis Rotenburg kommt erstmals ein Telenotfallmediziner zum Einsatz. Den ziehen Notfallsanitäter virtuell zurate, wenn sie im Einsatz ärztlicher Expertise bedürfen.

Von Thorsten Kratzmann Dienstag, 28.01.2025, 14:50 Uhr

Kreis Rotenburg. Anfang 2021 wurde im Landkreis Goslar im Rahmen eines Pilotprojekts im Rettungsdienst die Telenotfallmedizin in Niedersachsen eingeführt. Seither ist 24 Stunden täglich eine Telenotärztin oder ein Telenotarzt verfügbar und kann per Audio-Video-Konferenz im ganzen Landkreis sofort eingesetzt werden.

Nach drei Jahren, in denen die Beteiligten durchweg positive Erfahrungen gesammelt hatten, kamen die Telenotfallmediziner in weiteren Landkreisen im Süden Niedersachsens zum Einsatz. Rotenburg wollte im vergangenen Jahr ebenfalls dabei sein, bekam jedoch keine Genehmigung vom Ministerium. Doch jetzt ist Rotenburg neben sieben anderen Kreisen im Land in das telenotfallmedizinische Versorgungssystem integriert.

Mehr Effizienz im Rettungsdienst dank Telenotfallmedizin

„Für uns ist das eine tolle Sache“, schwärmt Landrat Marco Prietz. Mit uns meint er die in der Kreisverwaltung für den Rettungsdienst Verantwortlichen, den DRK-Kreisverband Bremervörde als Beauftragter und die Bevölkerung des Landkreises. Das Telenotfallsystem werde die Notfallversorgung im Kreis verbessern, ist Prietz überzeugt.

Sie sehen den Rettungsdienst im Landkreis Rotenburg gut aufgestellt: Landrat Marco Prietz, Notfallsanitäter Marcell und Clemens Budde sowie der ärztliche Leiter Rettungsdienst, Tobias Rosenbrock (von links).

Sie sehen den Rettungsdienst im Landkreis Rotenburg gut aufgestellt: Landrat Marco Prietz, Notfallsanitäter Marcell und Clemens Budde sowie der ärztliche Leiter Rettungsdienst, Tobias Rosenbrock (von links). Foto: Huchzermeier

Tobias Rosenbrock, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis, teilt des Landrats Überzeugung. Der Telenotfallmediziner erhöhe die Notarztverfügbarkeit im Kreis, versichert Rosenbrock. Er geht davon aus, dass von den etwa 3000 Einsätzen im Jahr 2024, zu denen Notärzte aus Bremervörde, Zeven oder Rotenburg ausgerückt waren, etwa 450 von einem Telenotfallmediziner hätten übernommen werden können.

Notarzt begleitet den Transport des Patienten am Bildschirm

Infrage kommen Fälle, in denen der Notfallsanitäter in weniger kritischen Fällen einen Notarzt nachalarmiert, weil die Verabreichung eines Medikaments einen Arzt erfordert oder weil die Verlegung eines Patienten nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen kann. In solchen Fällen ruft der eingesetzte Notfallsanitäter oder die Sanitäterin einen der diensthabenden Telenotfallmediziner an und zieht ihn oder sie virtuell hinzu.

Die eingesetzten Mediziner haben eine entsprechende Zusatzausbildung absolviert. Gleiches gilt für die Notfallsanitäter. Ab April werden auch sämtliche 23 Rettungs- und Notfallkrankentransport- sowie Notarztwagen des DRK-Kreisverbandes mit der erforderlichen Technik ausgestattet sein.

Telenotfallmedizin ersetzt kein bislang eingesetztes Rettungsmittel

Und so geht‘s: Einer der beiden Sanitäter, die zu einem Notfall gerufen werden, verfügt über ein Smartphone. Mit dem ruft er oder sie in der Leitstelle in Goslar an und stellt eine audiovisuelle Verbindung zum Telenotarzt her. Der Mediziner kann sowohl mit dem Patienten als auch mit dem Sanitäter kommunizieren. Ihm werden Fotos und Vitalfunktionen übermittelt. Er oder sie guckt live bei Behandlungen zu. Er oder sie kann Medikamente zur Verabreichung freigeben. Er oder sie kann bei der Behandlung assistieren, den Sanitäter anleiten.

Wert legen sowohl Heike von Ostrowski als zuständige Dezernentin in der Kreisverwaltung als auch Landrat Prietz auf die Feststellung, dass der Einsatz von Telenotfallmedizinern kein bislang eingesetztes Rettungsmittel ersetzen werde, sondern die Notfallversorgung verbessern soll. Das auch vor dem Hintergrund steigender Einsatzzahlen. 2024 rückten Sanitäter im Kreis Rotenburg zu knapp 21.000 Notfalleinsätzen aus.

Landrat Prietz weiß um die Sorgen in der Bevölkerung

Prietz ist es zudem ein Anliegen, ein Signal in die Bevölkerung des Kreises zu senden: Im Notfall kommt Hilfe. „Ich werde auf kein Thema so oft angesprochen wie auf die Gesundheitsversorgung. Das treibt die Leute um“, sagt er. Die Telenotfallmedizin trage zur Versorgungssicherheit bei, versichert er.

Notfallsanitäter Marcel Will meint gar: „Wir spielen jetzt Champions League und nicht mehr Bundesliga im Rettungsdienst des Landkreises.“ Und wer weiß, vielleicht bekommt Rotenburg ja den Zuschlag als Telenotarztstandort. Bis zu acht solcher Standorte will das Land in den nächsten Jahren nach und nach einrichten.

Weitere Artikel